Im fernen Westen

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rodger
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Im fernen Westen

Beitrag von rodger »

Seit kurzem (14.7.) ist auf den Internetseiten der KMG nun auch der Text „Im fernen Westen“ erfasst, der zuvor schwer zugänglich war (in keiner der gängigen Buchausgaben vorhanden, nur in vergriffenen Reprints). Aus diesem Anlaß hier einige schon vor längerer Zeit geschriebene Anmerkungen:

„Im fernen Westen“ war die erste Buchausgabe Karl Mays überhaupt, erschienen am 29. November 1879. Das Buch ist vereinzelt antiquarisch noch als Reprint erhältlich.

Es handelt sich um die Überarbeitung der Novelle „Old Firehand“ von 1875. Dabei stellt „Im fernen Westen“ ein Mittelding zwischen der „Old Firehand“-Fassung und der späteren Buchausgabe „Winetou II“ dar, in die der Text, nochmals überarbeitet, einfloß. Die Änderungen zwischen „Old Firehand“ und „Im fernen Westen“ sind dabei ebenso beträchtlich wie die zwischen „Im fernen Westen“ und „Winnetou II“.

Schauen wir uns den Beginn der Geschichte in allen drei Fassungen an. „Old Firehand“ beginnt mit einem schwermütigen Gedicht und Betrachtungen des Erzählers über Kummer und Einsamkeit. Er ist auf dem Weg nach New-Venango, um sich auszuruhen und Munition zu ergänzen.

„Im fernen Westen“ beginnt mit einer Betrachtung über das Pferd des Westmanns im Allgemeinen und Swallow, Geschenk von Winnetou, im Besonderen. Während in „Old Firehand“ Winnetou erst erwähnt wird, nachdem der Erzähler schon in New Venango war, wird er hier bereits in der Einleitung gewürdigt, und es heißt, der Erzähler gehe nach New Venango, weil er ein „Rendez-vous“ mit Winnetou habe. In „Winnetou II“ wiederum will man gemeinsam Old Firehand besuchen.

Trifft der Erzähler in „Old Firehand“ auf nur eine Person, nämlich Ellen, so sind es in „Im fernen Westen“ zwei, nämlich Harry (in den sich Ellen gleichsam verwandelt hat) und sein Begleiter.

Und dann gibt es gleich ein Kuriosum zu beobachten: in „Old Firehand“ heißt es: „Alle Teufel, eine Dame, hier im ‚Far West’, mitten in der Prärie, und gar mit einem Reitkleid und wehendem Schleier !“ In „Im fernen Westen“ wird aus aus dem „Reitkleid und wehendem Schleier“: „und gar in ächter Trauerkleidung !“. Roland Schmid weist im Nachwort des Reprints darauf hin, daß nicht sicher sei, ob Karl May selber die Umarbeitung von „Old Firehand“ auf „Im fernen Westen“ vorgenommen hat, „oder einem Mitarbeiter des Verlags Neugebauer überließ“, wie es verblüffend lapidar heißt. Jedenfalls fällt auf, daß aus der „Trauerkleidung“ dann in der von May für die Buchausgabe wiederum überarbeiteten Fassung „Trapperkleidung“ wird, was durchaus sinniger erscheint …

Über die weitgehenden, in Zusammenhang mit der „Umwandlung“ von Ellen in Harry stehenden weiteren Änderungen zwischen „Firehand“- und „Westen“-Fassung wurde schon an anderer Stelle gesprochen; Roland Schmid bemerkt im Nachwort des „Westen“-Reprints, durch den weitgehend unveränderten Dialog wirke der Knabe Harry „oft ein wenig aufgeblasen“.

Daß der Ich-Erzähler sich vorübergehend sein Pferd wegnehmen läßt, um es sich später zurückzuholen, kommt zwar noch nicht in "Old Firehand" vor, aber ab "Im fernen Westen". Daß er nach der Rettung Ellens resp. Harrys vor weiteren Abenteuern noch einmal in das verbrannte New Venango geht, dort indes der Brandstiftung beschuldigt und erneut als Coyote beschimpft wird und darob den hübschen Satz zu Papier bringt "Wenn man, anstatt als Lebensretter Dank zu erhalten, eines Verbrechens beschuldigt wird, so schüttelt man den Staub von den Füßen" steht erst in Winnetou II. Fast will bei entsprechend geneigtem Leser der Eindruck entstehen, der Autor habe über die Jahre so seine weiteren Erfahrungen mit Welt und Menschen gemacht und die entsprechend in seinen Text einfliessen lassen ...

Zu Beginn der Episode, in der der Eisenbahnüberfall verhindert wird, gibt es in "Im fernen Westen" noch mehrere Stellen, in denen es um die (sich im Lauf der Zeit wandelnde) Lehrer-Schüler-Beziehung zwischen Winnetou und dem Erzähler geht; die stehen in Winnetou II nicht mehr, ebenso wie das Zigarrenrauchen Winnetous und sein Unverständnis in Sachen Lokomotiven.

Ein Kommando (zu Beginn der Kampfhandlungen) wird in Winnetou II nicht mehr von Old Firehand, sondern von Old Shatterhand gegeben, der als solcher auch namentlich genannt wird in dieser Episode, in "Im fernen Westen" noch nicht. Auch von der in Winnetou II zur Sprache kommenden Blutsbrüderschaft ist in "Im fernen Westen" noch nicht die Rede. Die Bahnarbeiter, in die Gevatter Tod in der "Westen"-Fassung schon gleich zu Beginn der Kampfhandlungen kräftige Lücken reißt, vom Erzähler ohne allzuviel Herzenswärme oder Anteilnahme eher lakonisch mitgeteilt, kommen in Winnetou II, wenn man so will, glimpflicher davon, indem sie "schmählich" Reißaus nehmen und davonlaufen.

Die Skalpierung eines Feindes durch Winnetou bleibt in "Westen" noch ganz unkommentiert, in Winnetou II gibt der Erzähler immerhin bekannt, daß es ihm auffällt. Daß Winnetou nach Washington geht, um den "Großen Weissen Vater" zu besuchen, steht in Winnetou II nicht mehr, dafür lesen wir dort unverhohlenen Hohn gegenüber den "tapferen Helden" der Bahnarbeiter.

Eine zusätzliche Kampfszene in Winnetou II, in der Old Firehand, bevor es zu seiner "Festung" geht, schwer verwundet wird, steht in "Im fernen Westen" noch nicht.

Daß Old Firehand sich gern mal einen Grog macht, steht noch in "Westen", in Winnetou II nicht mehr. Dort ist auch aus einem hemdsärmeligen "Mann" (sagt Firehand an einer Stelle sozusagen spontan angenervt zum Ich-Erzähler) ein respektvolleres "Sir" geworden. Wiedersehensfreude in Sachen Sam Hawkens, Dick Stone und Will Parker gibt es in "Westen" natürlich auch noch nicht.

In "Westen" ist Sam noch Lehrmeister, an einer Stelle sogar Harry, in W II beide nicht mehr. In Sachen Skalpieren geht es in W II schon eine Spur abgemilderter zur Sache, und Harry fordert den Erzähler dort auch nicht mehr wie in der Vorgängerfassung auf, sich ebenfalls in Sachen Kopfhaut zu bedienen.

Eine sehr interessante Stelle steht noch in "Im fernen Westen", in Winnetou II aber leider nicht mehr, nämlich: "Ich wandte mich ab, von jenem vor mir selbst grauenden und der Reue ähnlichen Gefühle erfüllt", ganz ähnlich ehrlich schildert die fatale Angelegenheit des als lustvoll empfundenen Wütens, die nur erkennt, wer bereit ist, genau hinzugucken, auch wenn es wehtun mag, der Erzähler im frühen "Eine Seehundsjagd". In W II ist der Autor schon nicht mehr bereit, seiner Leserschaft gegenüber zuzugeben, daß es einen gelegentlich vor sich selber grauen kann, zu Zeiten von "Eine Seehundsjagd" und "Im fernen Westen" war er in dieser Hinsicht noch ein wenig offener.

Dinge wie das stolze Zählen der Skalpe und hemdsärmelige Witze reißen im Zusammenhang mit der in großem Stil stattgefunden habenden Skalpiererei in Szenen zwischen Will Parker, Dick Stone und Sam Hawkens stehen nicht mehr in Winnetou II, und daß der Erzähler nach alledem "wie ein Frierender am ganzen Körper zitterte", auch nicht.

Schauen wir uns noch den Schluß der Geschichte in allen drei Fassungen an.

In „Old Firehand“ ist die Titelfigur tot, Ellen und der Erzähler „kriegen sich“ und erinnern sich bei einem späteren Besuch New Venangos an ihre erste Begegnung, Sam Hawkens mahnt zum Aufbruch. In „Im fernen Westen“ ist Old Firehand ebenfalls tot und skalpiert, Harry, wie vormals Ellen, kann den Anblick nicht ertragen und wirft sich weinend über die Leiche. Harry und Erzähler erinnern sich bei New Venango ebenfalls an die erste Begegnung, reichen sich die Hand, Pferd Swallow wird gewürdigt, und Winnetou spricht auch noch ein paar Worte. In „Winnetou II“ kommt Firehand mit Haaren und Leben davon, dafür sind Dick Stone und Will Parker tot, wie auch in den voraufgegangenen Fassungen. Der erneute Besuch New Venangos entfällt, und damit auch die Erinnerungs-Szene; die Episode endet mit allgemeinem Aufbruch und der Bemerkung, der Indianer sei nur durch die Bleichgesichter das geworden, was er heute ist.

(Quelle: www.charlymay.npage.de)
markus
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von markus »

Der Mittelteil von "Winnetou II" habe ich immer irgendwie als eine Art Fremdkörper angesehen, vor allem weil er nach den "Scout"-Episoden kommt. Man hat ein Gefühl wie Tag und Nacht. Aber ist dieser Teil für sich gesehen schlecht? Nein, in der Urfassung habe ich den "Old Firehand" genossen.

Die Variante "Im fernen Westen" habe ich zwar als Reprint, aber noch nicht gelesen. Kurioserweise wurde der dortige Anfang, also das mit den Pferden usw., vom KMV für die Ausgabe der GW so übernommen. Jedenfalls steht es so in meiner Ausgabe. Übrigens war der KMV auch so menschenfreundlich und hat auch noch Dick Stone und Will Parker am Leben gelassen ("Alles wird gut.").

:wink:
Zwockel

Re: Im fernen Westen

Beitrag von Zwockel »

rodger hat geschrieben:Seit kurzem (14.7.) ist auf den Internetseiten der KMG nun auch der Text „Im fernen Westen“ erfasst, der zuvor schwer zugänglich war (in keiner der gängigen Buchausgaben vorhanden, nur in vergriffenen Reprints). Aus diesem Anlaß hier einige schon vor längerer Zeit geschriebene Anmerkungen:

„Im fernen Westen“ war die erste Buchausgabe Karl Mays überhaupt, erschienen am 29. November 1879. Das Buch ist vereinzelt antiquarisch noch als Reprint erhältlich.

Es handelt sich um die Überarbeitung der Novelle „Old Firehand“ von 1875. Dabei stellt „Im fernen Westen“ ein Mittelding zwischen der „Old Firehand“-Fassung und der späteren Buchausgabe „Winetou II“ dar, in die der Text, nochmals überarbeitet, einfloß. Die Änderungen zwischen „Old Firehand“ und „Im fernen Westen“ sind dabei ebenso beträchtlich wie die zwischen „Im fernen Westen“ und „Winnetou II“.

Schauen wir uns den Beginn der Geschichte in allen drei Fassungen an. „Old Firehand“ beginnt mit einem schwermütigen Gedicht und Betrachtungen des Erzählers über Kummer und Einsamkeit. Er ist auf dem Weg nach New-Venango, um sich auszuruhen und Munition zu ergänzen.

„Im fernen Westen“ beginnt mit einer Betrachtung über das Pferd des Westmanns im Allgemeinen und Swallow, Geschenk von Winnetou, im Besonderen. Während in „Old Firehand“ Winnetou erst erwähnt wird, nachdem der Erzähler schon in New Venango war, wird er hier bereits in der Einleitung gewürdigt, und es heißt, der Erzähler gehe nach New Venango, weil er ein „Rendez-vous“ mit Winnetou habe. In „Winnetou II“ wiederum will man gemeinsam Old Firehand besuchen.

Trifft der Erzähler in „Old Firehand“ auf nur eine Person, nämlich Ellen, so sind es in „Im fernen Westen“ zwei, nämlich Harry (in den sich Ellen gleichsam verwandelt hat) und sein Begleiter.

Und dann gibt es gleich ein Kuriosum zu beobachten: in „Old Firehand“ heißt es: „Alle Teufel, eine Dame, hier im ‚Far West’, mitten in der Prärie, und gar mit einem Reitkleid und wehendem Schleier !“ In „Im fernen Westen“ wird aus aus dem „Reitkleid und wehendem Schleier“: „und gar in ächter Trauerkleidung !“. Roland Schmid weist im Nachwort des Reprints darauf hin, daß nicht sicher sei, ob Karl May selber die Umarbeitung von „Old Firehand“ auf „Im fernen Westen“ vorgenommen hat, „oder einem Mitarbeiter des Verlags Neugebauer überließ“, wie es verblüffend lapidar heißt. Jedenfalls fällt auf, daß aus der „Trauerkleidung“ dann in der von May für die Buchausgabe wiederum überarbeiteten Fassung „Trapperkleidung“ wird, was durchaus sinniger erscheint …

Über die weitgehenden, in Zusammenhang mit der „Umwandlung“ von Ellen in Harry stehenden weiteren Änderungen zwischen „Firehand“- und „Westen“-Fassung wurde schon an anderer Stelle gesprochen; Roland Schmid bemerkt im Nachwort des „Westen“-Reprints, durch den weitgehend unveränderten Dialog wirke der Knabe Harry „oft ein wenig aufgeblasen“.

Daß der Ich-Erzähler sich vorübergehend sein Pferd wegnehmen läßt, um es sich später zurückzuholen, kommt zwar noch nicht in "Old Firehand" vor, aber ab "Im fernen Westen". Daß er nach der Rettung Ellens resp. Harrys vor weiteren Abenteuern noch einmal in das verbrannte New Venango geht, dort indes der Brandstiftung beschuldigt und erneut als Coyote beschimpft wird und darob den hübschen Satz zu Papier bringt "Wenn man, anstatt als Lebensretter Dank zu erhalten, eines Verbrechens beschuldigt wird, so schüttelt man den Staub von den Füßen" steht erst in Winnetou II. Fast will bei entsprechend geneigtem Leser der Eindruck entstehen, der Autor habe über die Jahre so seine weiteren Erfahrungen mit Welt und Menschen gemacht und die entsprechend in seinen Text einfliessen lassen ...

Zu Beginn der Episode, in der der Eisenbahnüberfall verhindert wird, gibt es in "Im fernen Westen" noch mehrere Stellen, in denen es um die (sich im Lauf der Zeit wandelnde) Lehrer-Schüler-Beziehung zwischen Winnetou und dem Erzähler geht; die stehen in Winnetou II nicht mehr, ebenso wie das Zigarrenrauchen Winnetous und sein Unverständnis in Sachen Lokomotiven.

Ein Kommando (zu Beginn der Kampfhandlungen) wird in Winnetou II nicht mehr von Old Firehand, sondern von Old Shatterhand gegeben, der als solcher auch namentlich genannt wird in dieser Episode, in "Im fernen Westen" noch nicht. Auch von der in Winnetou II zur Sprache kommenden Blutsbrüderschaft ist in "Im fernen Westen" noch nicht die Rede. Die Bahnarbeiter, in die Gevatter Tod in der "Westen"-Fassung schon gleich zu Beginn der Kampfhandlungen kräftige Lücken reißt, vom Erzähler ohne allzuviel Herzenswärme oder Anteilnahme eher lakonisch mitgeteilt, kommen in Winnetou II, wenn man so will, glimpflicher davon, indem sie "schmählich" Reißaus nehmen und davonlaufen.

Die Skalpierung eines Feindes durch Winnetou bleibt in "Westen" noch ganz unkommentiert, in Winnetou II gibt der Erzähler immerhin bekannt, daß es ihm auffällt. Daß Winnetou nach Washington geht, um den "Großen Weissen Vater" zu besuchen, steht in Winnetou II nicht mehr, dafür lesen wir dort unverhohlenen Hohn gegenüber den "tapferen Helden" der Bahnarbeiter.

Eine zusätzliche Kampfszene in Winnetou II, in der Old Firehand, bevor es zu seiner "Festung" geht, schwer verwundet wird, steht in "Im fernen Westen" noch nicht.

Daß Old Firehand sich gern mal einen Grog macht, steht noch in "Westen", in Winnetou II nicht mehr. Dort ist auch aus einem hemdsärmeligen "Mann" (sagt Firehand an einer Stelle sozusagen spontan angenervt zum Ich-Erzähler) ein respektvolleres "Sir" geworden. Wiedersehensfreude in Sachen Sam Hawkens, Dick Stone und Will Parker gibt es in "Westen" natürlich auch noch nicht.

In "Westen" ist Sam noch Lehrmeister, an einer Stelle sogar Harry, in W II beide nicht mehr. In Sachen Skalpieren geht es in W II schon eine Spur abgemilderter zur Sache, und Harry fordert den Erzähler dort auch nicht mehr wie in der Vorgängerfassung auf, sich ebenfalls in Sachen Kopfhaut zu bedienen.

Eine sehr interessante Stelle steht noch in "Im fernen Westen", in Winnetou II aber leider nicht mehr, nämlich: "Ich wandte mich ab, von jenem vor mir selbst grauenden und der Reue ähnlichen Gefühle erfüllt", ganz ähnlich ehrlich schildert die fatale Angelegenheit des als lustvoll empfundenen Wütens, die nur erkennt, wer bereit ist, genau hinzugucken, auch wenn es wehtun mag, der Erzähler im frühen "Eine Seehundsjagd". In W II ist der Autor schon nicht mehr bereit, seiner Leserschaft gegenüber zuzugeben, daß es einen gelegentlich vor sich selber grauen kann, zu Zeiten von "Eine Seehundsjagd" und "Im fernen Westen" war er in dieser Hinsicht noch ein wenig offener.

Dinge wie das stolze Zählen der Skalpe und hemdsärmelige Witze reißen im Zusammenhang mit der in großem Stil stattgefunden habenden Skalpiererei in Szenen zwischen Will Parker, Dick Stone und Sam Hawkens stehen nicht mehr in Winnetou II, und daß der Erzähler nach alledem "wie ein Frierender am ganzen Körper zitterte", auch nicht.

Schauen wir uns noch den Schluß der Geschichte in allen drei Fassungen an.

In „Old Firehand“ ist die Titelfigur tot, Ellen und der Erzähler „kriegen sich“ und erinnern sich bei einem späteren Besuch New Venangos an ihre erste Begegnung, Sam Hawkens mahnt zum Aufbruch. In „Im fernen Westen“ ist Old Firehand ebenfalls tot und skalpiert, Harry, wie vormals Ellen, kann den Anblick nicht ertragen und wirft sich weinend über die Leiche. Harry und Erzähler erinnern sich bei New Venango ebenfalls an die erste Begegnung, reichen sich die Hand, Pferd Swallow wird gewürdigt, und Winnetou spricht auch noch ein paar Worte. In „Winnetou II“ kommt Firehand mit Haaren und Leben davon, dafür sind Dick Stone und Will Parker tot, wie auch in den voraufgegangenen Fassungen. Der erneute Besuch New Venangos entfällt, und damit auch die Erinnerungs-Szene; die Episode endet mit allgemeinem Aufbruch und der Bemerkung, der Indianer sei nur durch die Bleichgesichter das geworden, was er heute ist.

(Quelle: http://www.charlymay.npage.de)
Warum machen Sie sich diese Mühe? Liest doch eh kaum jemand.
markus
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von markus »

Der nächste an Klugscheisseritis erkrankt. Muß ne Epidemie sein.

8)
Zwockel

Re: Im fernen Westen

Beitrag von Zwockel »

markus hat geschrieben:Der Mittelteil von "Winnetou II" habe ich immer irgendwie als eine Art Fremdkörper angesehen, vor allem weil er nach den "Scout"-Episoden kommt.
:wink:
Es kann in keiner Weise von "Scout"-Episoden gesprochen und geschrieben werden, sondern es handelt sich bei "Der Scout" nicht um Episoden sondern um eine sehr gut geschriebenen Erzählung von Karl May aus ein Guss. Mit das beste was Karl May geschrieben hat.
Thomas Math
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von Thomas Math »

markus hat geschrieben:Der nächste an Klugscheisseritis erkrankt. Muß ne Epidemie sein.

8)
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Rene Grießbach
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von Rene Grießbach »

ich fand die Ausführungen von rodger und den Vergleich der drei Varianten sehr interessant, auch, weil ich alle drei schon ewig nicht mehr gelesen habe.
Habe übrigens zum Aspekt Trauerkleidung/Trapperkleidung mal in den "Im fernen Westen"-Reprint reingeschaut. Ich bin mir sicher, dass sich da in dieser Variante der
Druckfehlerteufel (*) eingeschlichen hatte und es schon hier eigentlich Trapperkleidung heißen müsste. das andere ergibt in meinen Augen keinen Sinn.
(Ob darüber auch schon in dem von rodger benannten Nachwort von Schmid nachgedacht wird, weiß ich nicht)

(*) Bevor entsprechende "Hinweise" kommen: ich weiß, dass daran nicht der Drucker, sondern der Setzer schuld ist und demzufolge der Begriff "Druckfehler" eigentlich "Setz-" oder "Satzfehler" heißen müsste ... :mrgreen:
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rodger
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von rodger »

Zwockel hat geschrieben: Warum machen Sie sich diese Mühe? Liest doch eh kaum jemand.
Ich beschäftige mich mit diesen Dingen und schreibe darüber, weil ich sie sehr interessant finde.

Ich würde das auch tun wenn es außer mir überhaupt niemanden interessieren würde.

Andererseits ist es dann auch mal erfreulich, eine Portion Resonanz zu bekommen. Insofern habe ich die Zeile
ich fand die Ausführungen von rodger und den Vergleich der drei Varianten sehr interessant
durchaus angenehm berührt zur Kenntnis genommen. :wink:
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rodger
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:in der Urfassung habe ich den "Old Firehand" genossen.
Sie ist auch die beste der drei Varianten. Karl May hatte als Bearbeiter eigener Texte keineswegs immer eine glückliche Hand. Im Fall von 'Old Firehand' wahrlich nicht.
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rodger
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von rodger »

Rene Grießbach hat geschrieben: Habe übrigens zum Aspekt Trauerkleidung/Trapperkleidung mal in den "Im fernen Westen"-Reprint reingeschaut. Ich bin mir sicher, dass sich da in dieser Variante der Druckfehlerteufel [...] eingeschlichen hatte und es schon hier eigentlich Trapperkleidung heißen müsste. das andere ergibt in meinen Augen keinen Sinn.
Es ist vermutlich ein Versehen. Oder der Bearbeiter (laut Roland Schmid ist es nicht ganz klar, ob das May selber oder ein anderer war) hat die Sache mit dem wehenden Schleier flüchtig auf Trauerkleidung geändert im Zuge der Änderung von junge Frau auf Knaben. Nur macht eine Trauerkleidung weder bei Ellen noch bei Harry Sinn (es sei denn wir fangen an ein wenig zu 'spintisieren' und den Erzähler den Schluß der Geschichte an dieser Stelle bereits vorausfühlen zu lassen ...)
Ob darüber auch schon in dem von rodger benannten Nachwort von Schmid nachgedacht wird, weiß ich nicht
Nein, die Angelegenheit wird dort nicht erwähnt.
markus
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:
markus hat geschrieben:in der Urfassung habe ich den "Old Firehand" genossen.
Sie ist auch die beste der drei Varianten. Karl May hatte als Bearbeiter eigener Texte keineswegs immer eine glückliche Hand. Im Fall von 'Old Firehand' wahrlich nicht.
Welcher Autor hat die schon (die glückliche Hand beim bearbeiten eigener Texte). Das erste was man sich ausdenkt ist meist (Ausnahmen bestätigen die Regel) das beste. Fängt man irgendwann an, an eigene Texte "herumzudoktern", kommt meist nichts gutes bei raus. Ausnahmen auch hier wieder:
rodger hat geschrieben:Daß er nach der Rettung Ellens resp. Harrys vor weiteren Abenteuern noch einmal in das verbrannte New Venango geht, dort indes der Brandstiftung beschuldigt und erneut als Coyote beschimpft wird und darob den hübschen Satz zu Papier bringt "Wenn man, anstatt als Lebensretter Dank zu erhalten, eines Verbrechens beschuldigt wird, so schüttelt man den Staub von den Füßen" steht erst in Winnetou II. Fast will bei entsprechend geneigtem Leser der Eindruck entstehen, der Autor habe über die Jahre so seine weiteren Erfahrungen mit Welt und Menschen gemacht und die entsprechend in seinen Text einfliessen lassen ...
Es sei denn man schreibt Begebenheiten völlig neu, dann kanns (muß aber nicht zwangsläufig) besser werden, wie z.B. es bei "Winnetou I" der Fall war.

8)
Zwockel

Re: Im fernen Westen

Beitrag von Zwockel »

markus hat geschrieben:
rodger hat geschrieben:
markus hat geschrieben:in der Urfassung habe ich den "Old Firehand" genossen.
Sie ist auch die beste der drei Varianten. Karl May hatte als Bearbeiter eigener Texte keineswegs immer eine glückliche Hand. Im Fall von 'Old Firehand' wahrlich nicht.
Welcher Autor hat die schon (die glückliche Hand beim bearbeiten eigener Texte). Das erste was man sich ausdenkt ist meist (Ausnahmen bestätigen die Regel) das beste. Fängt man irgendwann an, an eigene Texte "herumzudoktern", kommt meist nichts gutes bei raus. Ausnahmen auch hier wieder:
rodger hat geschrieben:Daß er nach der Rettung Ellens resp. Harrys vor weiteren Abenteuern noch einmal in das verbrannte New Venango geht, dort indes der Brandstiftung beschuldigt und erneut als Coyote beschimpft wird und darob den hübschen Satz zu Papier bringt "Wenn man, anstatt als Lebensretter Dank zu erhalten, eines Verbrechens beschuldigt wird, so schüttelt man den Staub von den Füßen" steht erst in Winnetou II. Fast will bei entsprechend geneigtem Leser der Eindruck entstehen, der Autor habe über die Jahre so seine weiteren Erfahrungen mit Welt und Menschen gemacht und die entsprechend in seinen Text einfliessen lassen ...
Es sei denn man schreibt Begebenheiten völlig neu, dann kanns (muß aber nicht zwangsläufig) besser werden, wie z.B. es bei "Winnetou I" der Fall war.

8)
Texte können nach einer Bearbeitung durch den Autor ohne jeden Zweifel besser werden, wie die Umgestaltung von "Et in Terra Pax" in "Und Friede auf Erden" im Jahre 1904 deutlich zeigt.
markus
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von markus »

Es ist ja auch immer ein Großteil Geschmacksache ob etwas besser geworden ist oder nicht.

8)
Dernen
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Re: Im fernen Westen

Beitrag von Dernen »

Zwockel hat geschrieben:
Warum machen Sie sich diese Mühe? Liest doch eh kaum jemand.
"Kaum jemand" bedeutet nicht "niemand". Und ich gestatte mir zu schreiben, daß ich Rüdigers Ausführungen sowohl gelesen wie auch sehr interessant gefunden habe.

Anders, und etwas weniger höflich ausgedrückt. Was soll Ihre Bemerkung überhaupt? Polieren Sie doch lieber Ihr EK 2.
Zwockel

Re: Im fernen Westen

Beitrag von Zwockel »

Dernen hat geschrieben:
Zwockel hat geschrieben:
Warum machen Sie sich diese Mühe? Liest doch eh kaum jemand.
"Kaum jemand" bedeutet nicht "niemand". Und ich gestatte mir zu schreiben, daß ich Rüdigers Ausführungen sowohl gelesen wie auch sehr interessant gefunden habe.

Anders, und etwas weniger höflich ausgedrückt. Was soll Ihre Bemerkung überhaupt? Polieren Sie doch lieber Ihr EK 2.
@Dernen

Ich habe bewußt "kaum jemand" geschrieben, da mir schon klar ist, dass es einige gibt, die solche Beiträge gerne lesen. Da bedarf es nicht ihrer Belehrungen.

Was meine Bemerkung überhaupt soll? In einer Demokratie kann ich meine Meinung wohl frei äußern.

Nicht nur das EK II habe ich zu polieren, sondern auch das EK I.
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