Von Zeit, Schall und Rauch

Antworten
Benutzeravatar
rodger
Beiträge: 6992
Registriert: 12.5.2004, 18:10
Wohnort: Oberhausen

Von Zeit, Schall und Rauch

Beitrag von rodger »

Die Erzählungen Karl Mays werden oft und gern auf ihre zeitliche Anordnung hin untersucht, Zuordnungen werden vorgenommen, Unstimmigkeiten aufgedeckt. Bei den „Gesammelten Werken“, z.B. zu Beginn von Winnetou II, ging man so weit, den Text umzuschreiben, um vermeintliche Irrtümer zu berichtigen.

Nun nahm Karl May das alles aber selber keineswegs so genau. Ihm ging es mehr um bunte Geschichten, kreative Phantasie, und eben um das, was er in seinen Bildern und Gesichten, fernab deutscher Gründlichkeit und DIN-Norm, mitteilen wollte. Ein Eingeständnis der ganz und gar nebensächlichen Schluderei in Sachen Logik und Chronologie legt er in „Im Lande des Mahdi I“, vermutlich heftig augenzwinkernd, sogar dem sonst so perfekten Kara Ben Nemsi in den Mund:

„Das Gesicht des Anführers hatte sich während des Vortrages meiner Fabel bedeutend aufgeheitert; er begann, Vertrauen zu mir zu fassen, und seine Leute warfen gar beinahe freundliche Blicke auf mich. Leider hatte diese Fabel eine sehr wunde Stelle, was ich aber unmöglich vermeiden oder ändern konnte. Nämlich wenn Murad Nassyr von Korosko aus den kurzen Landweg nach Abu Hammed eingeschlagen hatte und ich erst nach ihm in Korosko angekommen und die viel,viel längere Strecke auf dem Nile heraufgefahren war, konnte ich ganz unmöglich vor ihm in Berber angekommen sein und mich nun gar infolge eines sehr langen Retourrittes durch die Wüste heute hier im Wadi el Berd befinden. Es lag da eine Zeitdifferenz von über einer Woche, also eine sehr grobe Finte vor. Meine Zuhörer ahnten das glücklicherweise nicht; sie rechneten nicht nach, und ich ging, um sie nicht zum Nachdenken kommen zu lassen, mit größter Eile über diesen heiklen Punkt hinweg, indem ich fortfuhr“

;)
Antworten