Im Reich des silbernen Löwen III

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FritzR
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Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von FritzR »

Hallo!

Eigentlich zählt man ja diese Erzählung zum Alterswerk, aber im Anschluss an meine eben eingestellte Frage zu Band II ist es vielleicht akzeptabel, die Frage hier zu stellen.

Im ersten Kapitel oben genannter Erzählung steht der Satz:

Da holte der Garçon die Branntweinkulle herein, goß drei ziemlich große irdene Näpfe voll und verteilte diese ...Fassung der KMG S. 35f.

Wenn man nun das Wort Branntweinkulle in Suchmaschinen eingibt, so erhält man als Treffer nur diese Stelle.

Wenn man deutsche Lexika danach durchsucht, findet man nichts. Im großen Grimm gibt es das Wort in der Bedeutung Hoden*; Beleg aus Fischart. Auch mein Wörterbuch der sächsischen Sprache kennt dies Wort nicht.

Sucht man im Netz nach Kulle, so gibt es eine Menge Leute, die so heißen und im Schwedischen bedeutet das Wort Erdhügel.

Was es bedeutet, macht der Kontext klar: Ein großer Krug, vermutlich aus einer Keramik, in dem man Branntwein, hier Araki aufbewahrt und kühl hält.

Und jetzt kommt wieder meine Marotte. Woher hat May dies Wort?

Jeder Hinweis ist willkommen.

Gruß Fritz

* Hier könnte man assoziieren: Hoden(förmiger)krug; wie Bocksbeutel.
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rodger
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von rodger »

vgl. auch „Die beiden Kulledschi“ („Wer mit solchen Thongefäßen handelt, wird nach dem arabischen Worte Kulle, welches Wasserkrug bedeutet, Kulledschi genannt“).

Meine Assoziation bei „Branntweinkulle“ war eher irgend so etwas wie ein überdimensionaler Schöpflöffel oder auch eine große runde Art Blumenvase oder Goldfischaquarium (wie dem nun auch sei, wesentlich in der Szene ist dass sie sich miteinander ordentlich einen zur Brust nehmen, „schatt-el-arabisch schön!“), aber es scheint doch eher so etwas wie ein Krug zu sein. Mal schauen, was ich beim nächsten Lesen sehe, Krug oder Löffel. Wie ich mich kenne wieder Löffel, bin manchmal ein ganz sturer Hund.

:wink:

*

Jetzt haben Sie auch noch die Hoden ins Spiel gebracht, sehe ich gerade (die standen in der Erstfassung des Beitrags noch nicht). Jetzt sehe ich auch die beiden Kulledschi mit ganz anderen Augen …

:lol:
FritzR
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von FritzR »

rodger hat geschrieben:vgl. auch „Die beiden Kulledschi“ („Wer mit solchen Thongefäßen handelt, wird nach dem arabischen Worte Kulle, welches Wasserkrug bedeutet, Kulledschi genannt“).
Ich meine, dies ist der entscheidende Hinweis. Danke!
Kulle, also kein deutsches Wort! Darauf war ich fixiert. Betriebsblindheit!

Dazu: http://www.zeno.org/Literatur/M/May,+Ka ... Kulledschi
Topffloß! Welch ein schönens Wort!
rodger hat geschrieben:Jetzt haben Sie auch noch die Hoden ins Spiel gebracht, sehe ich gerade (die standen in der Erstfassung des Beitrags noch nicht). Jetzt sehe ich auch die beiden Kulledschi mit ganz anderen Augen …
Ich habe eine Fassung gepostet, die die letze Überarbeitung noch nicht enthielt. Nach jetzigem Stand der Dinge hätte ich den Hinweis auf Hoden unterdrücken sollen.

Gruß Fritz
Kurt Altherr
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von Kurt Altherr »

Warum hätten Sie das mit den Hoden unterdrücken sollen, lieber FritzR, spielten doch diese laut Arno Schmidt (Sitara und der Weg dort hin) in Mays Werk eine nicht unwesentliche Rolle. Aber da kennt sich natürlich "Rodger" weit besser aus.

:wink: :wink:
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rodger
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von rodger »

Nach jetzigem Stand der Dinge hätte ich den Hinweis auf Hoden unterdrücken sollen.
Nein, ich finde eine Bewusstseinserweiterung in Sachen Bedeutungsmöglichkeiten Mayscher Texte kann nie schaden.

:wink:

(Aber mal ganz im Ernst: ich habe z.B. nie so recht etwas mit den Dessauer-Geschichten anfangen können. Bis ich bei Hermann Wohlgschaft las, dass mit dem Dessauer auch (nicht nur, und ob bewusst seitens May, das ist auch noch die Frage) Mays Vater gemeint sein könnte. Und da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Na klar, und wie das passt. So erklärt sich ja die irritierend wirkende Verharmlosung von Gewalt und Willkür.)
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rodger
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von rodger »

Kurt Altherr hat geschrieben: spielten doch diese laut Arno Schmidt (Sitara und der Weg dort hin) in Mays Werk eine nicht unwesentliche Rolle. Aber da kennt sich natürlich "Rodger" weit besser aus.

:wink: :wink:
Nein, da kenne ich mich nicht aus. Ich habe das "Sitara"-Buch von Schmidt vor schätzungsweise zwanzig Jahren gelesen und seitdem nur noch sporadisch stichprobenartig.

Daß May eine 'Ader' ('schwul' war er sicherlich nicht) auch für Männer hatte, das glaube ich schon, auch wenn es heutzutage noch Leute gibt, die das in irgendeiner Weise für verwerflich oder weißichwas halten. (Den André Eisermann haben sie ja hier auf der Straße körperlich angegriffen, weil sie nicht hören wollten, daß Ludwig II schwul gewesen sei).
FritzR
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von FritzR »

Kurt Altherr hat geschrieben:Warum hätten Sie das mit den Hoden unterdrücken sollen, lieber FritzR, spielten doch diese laut Arno Schmidt (Sitara und der Weg dort hin) in Mays Werk eine nicht unwesentliche Rolle. Aber da kennt sich natürlich "Rodger" weit besser aus.

:wink: :wink:
Nun, ich halte die Schmidtsche Rumreiterei ("Reiten, reiten, reiten") auf den sexuellen Assoziazionen nicht für den plausibelsten Aspekt seiner May-Interpretation.

Man staunt aber doch immer wieder, wie so manches zu passen scheint.

Ob May aber das Wort Kulle aus dem Grimm kannte, bezweifle ich. Der wurde doch erst Mitte des 20. Jhdts fertig. Und wie weit war das DWB zur Zeit der Niederschrift des "Silbernen Löwen"?

Gruß Fritz
Kurt Altherr
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von Kurt Altherr »

Lieber FritzF,

die Brüder Grimm kamen bis zu dem Wort "Frucht". Das Wort Kulle könnte durchaus ab 1895 im "DWB" Eingang gefunden haben und so Karl Mays Wortschatz bei der Abfassung des "Silberlöwen III" durchhaus bereichert haben, wobei die Bemerkung erlaubt sei, dass das Kapitel "In Basra" schon vor 1902 verfasst wurde und noch durchaus eher den späten Reiseerzählungen Karl Mays zuzuordnen ist.

Viele Grüße
Kurt
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rodger
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von rodger »

Ob er immer im Wörterbuch nachgeschlagen hat ? Ich glaube nicht …

Ich z.B. schreibe manchmal Wörter, die es gar nicht gibt, ganz bewusst und gern …

Oder höre so Sachen … „Aus schier Schanndudel“, das findet man vermutlich nirgends, aber das hat mir von Anfang an gefallen, und ich habe beim ersten Hören gewusst, was gemeint war … Oder Menkhenke … (hat mal ein Lehrer gesagt, machen Sie nicht so ein Menkhenke, und als die Schülerin fragte, was das sei, antwortete er Menkhenke ist das was Sie immer machen …) (ja ich weiß, aber ich finde es schöner ohne Anführungszeichen)

(Macht vorerst Schluß bis heute abend)
FritzR
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von FritzR »

Kurt Altherr hat geschrieben:Lieber FritzF
Besser FritzR, oder einfach Fritz! :lol:
Kurt Altherr hat geschrieben:Das Wort Kulle könnte durchaus ab 1895 im "DWB" Eingang gefunden haben und so Karl Mays Wortschatz bei der Abfassung des "Silberlöwen III" durchhaus bereichert haben.
Ich habe eben versucht, herauszufinden, ob der Grimm in Mays Regalen stand, bin aber nicht weit gekommen.
Andererseits hat ja May wohl auch öffentliche Bibliotheken frequentiert. :idea: Also ist ein Kontakt zwischen May und der Grimms Kulle nicht auszuschließen. :|

Gruß Fritz
Kurt Altherr
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Re: Im Reich des silbernen Löwen III

Beitrag von Kurt Altherr »

Da sind wir einer Meinung, Fritz.
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sven.becker.kiel
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Kulle

Beitrag von sven.becker.kiel »

Hallo zusammen,

in Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 885. heißt es zur
"Kullé:
in Ägypten kleines Trinkgefäß aus Nilthon, mit Mastix parfümirt, an der Sonne getrocknet, worin das Wasser sich lange frisch erhält."


Und so sieht eine Kulle (arab.: qullah) aus:
qullah.jpg
qullah.jpg (48.13 KiB) 10982 mal betrachtet
Beste Grüße

Sven
FritzR
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Re: Kulle

Beitrag von FritzR »

sven.becker.kiel hat geschrieben:in Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 885. heißt es zur
"Kullé:
in Ägypten kleines Trinkgefäß aus Nilthon, mit Mastix parfümirt, an der Sonne getrocknet, worin das Wasser sich lange frisch erhält."
Danke!

Und wieder einmal frage ich mich, warum die Suchmaschinen diesen Beleg bei Pierer nicht ausspuckten, als ich das Wort Kulle eingab?
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