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Verfasst: 16.5.2004, 13:48
von jwoebking
Dann erklären Sie mir doch bitte einmal. wann der Band "IN MEKKA" erschien.
Erschien dieser Band nicht auch unter dem Namen KARL MAY ?
Wann wurde erstmalig darauf hingewiesen, dass dieses Buch NICHT von MAY geschrieben wurde?
Und ab wann wurde auch das Buch mit dem Namen des wirklichen Autoren versehen? ? ?

Ich spreche ja auch nicht von den vielleicht "notwendingen" Veränderungen, sondern von denen, die vollkommen überflüssig sind, und da drängt sich ja eine andere Frage auf...

Verfasst: 16.5.2004, 14:05
von Haptschi
Der Band erschien 1923.
Gekennzeichnet war er ab der 1. Auflage (die ersten beiden hatten nicht einmal eine Bandnummer) mit May / Kandolf auf dem Rückenschild
"Reiseerzählung nach Karl Mays Leitgedanken von Franz Kandolf" stand innen.
Hoffe geholfen zu haben.

Verfasst: 16.5.2004, 15:25
von Gast
Lieber Herr Wöbking,

schon die 1. Auflage 1923 hatte auf dem Buchrücken die Beschriftung "May-Kandolf". und auf dem Titelblatt stand zu lesen:
"IN MEKKA - Fortführung von Karl Mays Reiseerzählung Am Jenseits von Franz Kandolf".
Es war also schon 1923 bekannt, daß es sich um keine Reiseerzählung von Karl May handelte.

Mit diesem Band "In Mekka" kam der KMV dem Wunsch vieler Karl-May-Leser nach, die nicht vollendete Reiseerzählung "Am Jenseits" (1898/99) von Karl May fortzuseten und zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen.

Karl May hatte schon zu seinen Lebzeiten eine Fortsetzung "Im Jenseits" den Lesern versprochen, aber nie verfasst.

Viele Grüße
Kurt

Verfasst: 16.5.2004, 15:49
von rodger
Hallo zusammen,

die hier genannten Motive für die Bearbeitungen in der Zeit nach Mays Tod sind nun leider nicht die einzigen. Auch wurde ja fleissig immer weiter bearbeitet, in viel späteren Zeiten. Daß heute die Bände 1 bis 9 auf den Stand der S e c h z i g e rjahre zurückbearbeitet vorliegen, beweist das ja.
Und da ging es eben auch um gefälliger, gängiger, vermarktbarer machen.

Es wird halt immer gern von Seiten des Verlags und seiner Fürsprecher auf die nachvollziehbaren, "edlen" Motive hingewiesen, nicht jedoch auf die kritischer zu beurteilenden.

Aber, wie Kurt es anspricht, es besteht ja Hoffnung auf eine langfristige Umkehr. Gut Ding will wohl Weile haben.

Re: Bearbeitungen

Verfasst: 17.5.2004, 17:30
von Thomas Schwettmann
Hallo Sandhofer!

Dein Argument:
Karl May hat es geduldet, hat zwar schon mal verbal/schriftlich protestiert, aber Änderungen von dritter Seite selbst dann nicht 'rückbearbeitet', wenn er die Möglichkeit gehabt hätte.
ist freilich nicht so stark, wie es den Anschein haben könnte. Auch wenn wir mal von den Fischer-Barbeitungen absehen, gegen die er sich in der Tat rechtlich gewehrt hat, und dies natürlich auch aus "(prozess-)taktische(n)" Gründen, da er die entsprechenden Romane natürlich auch nicht in der Erstausgaben-Version wiederaufgelegt sehen wollte, so bleiben als weitere Änderungen von dritter Seite nicht gerade viele Fälle übrig:

Da wären:

1.) Keiters Eingriff in den Anfang des 'Sendador II - Der Schatz des Inkas', wo der Redakteur einer kurzen Zusammenfassung des Geschehens im I. Teil eine kleine Würdigung der Katholischen Missionsarbeit in Südamerika folgen läßt. Diese 'Missiones'-Sequenz hat May bei der Buchausgabe ebenso getilgt wie auch das 'Guter Catolico'-Streitgespräch um Senor Horno - wer auch immer Urheber dieser katholisierenden Passage war.

2.) Die Umarbeitung von 'Bärenjäger' und 'Geist' zur Buchausgabe 'Die Helden des Westens' (Der Titel stammt vermutlich nicht von May, wurde aber später von ihm in 'Der Ölprinz' ironischerweise als Titel der geplanten Oper von Kantor Hampel benutzt) : Diese hat im wesentlichen May selber vorgenommen, so etwa die Streichung von Jemmys Bärenabenteuer, der Kamerad-Version vom ersten Zusammentreffen Winnetors und Old Shatterhands oder Hobbles Bosco-Monolog. Auch die Information, daß Juggle-Fred two-eyed like David Bowie ist - also Augen unterschiedlicher Farben besitzt - wurde von May selbst gestrichen. Lediglich die minimalen Textangleichung an die fehlerhaften Illustrationen, auf denen die 'Geier' seltsamerweise in Indianer umgetauscht worden waren, dürfte nicht von ihm selbst stammen (wobei im übrigen das erste der beiden 'Indianerbilder' darüber hinaus zudem den weiteren Fehler enthält, daß Bloody-Fox vor dem Indianer steht, obwohl der falsche Rote im Text vorher an dem jungen Rächer vorbeigeritten ist). Jedenfalls hätte er in diesem Fall ja gerade nicht 'zurückbearbeiten' können.

Bleibt also nur noch 3.) Keiters massiver Eingriff in 'Krüger Bei' mit der kompletten Streichung des 'In der Heimath'-Kapitels. Auch hier hat May für die Buchfassung Keiters Übergangstext gegen eine selbstformulierte Passage ausgetauscht. Insofern kann man nicht einfach sagen, daß er die Veränderung 'sorglos' akzeptiert hätte. Richtig ist natürlich, daß er das Heimath-Kapitel nicht wieder integriert hat. Aber da wäre ersteinmal die Frage zu beantworten, ob May von dieser Streichung während der Abfassung des letzten Teils 'Die Jagd auf den Millionendieb' gewußt und diese dann im Fortgang der Handlung nicht berücksichtigt haben könnte. Auch müßte geklärt werden, wann May sein Manuskript zurück bekam, ob er also zum Zeitpunkt, da die Trilogie Teil der 'Gesammelten' wurde, überhaupt auf das verlorene Kapitel zurückgreifen konnte. meinen Informationen nach ist die Sachlage da nicht eindeutig geklärt, wobei ich mich auf zwei Sekundärtexte beziehe. Da ist zum einen das Essay 'O diese Herren Redakteure': von Christoph F. Lorenz:

Am 30. November 1895, geraume Weile nach dem erscheinen der Druckfassung, in der das Kapitel praktisch ganz fehlt, schreibt er (d. i. Keiter) an May: / "An der Felsenburg, sehr verehrter Herr Doktor, habe ich nur wenige Blätter, dagegen in Krüger Bei die ersten 3000 Seiten mit Ihrer gütigen Erlaubnis ausgelassen ..." (Der Geschliffene Diamant, S. 168:)

Der erste Teil der Lieferungsausgabe von "Satan und Ischariot II" erscheint am 5. März 1897, die Bucherstausgabe am 15. März 1897 [Plaul 291], der erste Band der mit 550 Seiten unter dem Bandsoll von 640 liegt - was darauf schließen läßt , daß zu diesen Zeitpunkt bereits alle drei Bände längenmäßig eingerichtet sind - erscheint schon am 23. Dezember [Plaul 287]. Dies würde May nun anscheinend ein Jahr Zeit gegeben haben, das Manukript wieder zu integrieren.

Entsprechend schreibt Lorenz im 'Diamanten': Nun mag es unter diesen Umständen merkwürdig erscheinen, dass der verstimmte Schriftsteller die Chance nicht nutzte, die Eingriffe in der späteren Buchfassug Satan und Ischariot II rückgängig zu machen, obwohl ihn sein Manuskript ja von Keiter zurückgegeben worden war.

Doch aus Lorenz Darstellung geht gar nicht eindeutig hervor, wann May die Manuskripte zurück erhalten hat. Tatsächlich geht der Brief ja noch weiter: "... , ich habe alles zurückgelegt, um es Ihnen gelegentlich wieder zugehen zu lassen. KMG-Jahrbuch 1982, S. 222)

Im zitierten Jahrbuch-Artikel 'Karl Mays Reichspost-Briefe' führt Wilhelm Vinzenz weiter aus: May hat nicht das ganze "Krüger-Bei"-Manuskript zurückbekommen, sondern nur den im Hausschatz nicht gedruckten Teil. Wann dieses jedoch geschehen ist, schreibt auch er nicht. Es war jedenfalls nicht bereits am 30. November

Fest steht nur, daß May am 6. Oktober 1896 den ersten 'Satan'-Band an Fehsenfeld schickt, und den 2. bis zum 20. schicken will: Dafür werden wir jetzt »S a t a n u n d I s c h a r i o t h« in Angriff nehmen, 3 Bände, also Band 20-22. Sie glaubten, das könne noch nicht geschehen; aber der Anfang ist schon vor 3 Jahren erschienen, und der Redacteur des »Hausschatz« hat die Herausgabe ganz eigenmächtig so verzögert, daß Pustet mir bei seinem letzten Besuche erklärte, gegen die schon jetzige Buchausgabe weder Etwas haben zu können noch zu wollen, zumal Keiter mir Bd. Ill so verdorben hat, daß ich ihn umarbeiten muß. / Ich sende Ihnen hiermit Bd. 1. Der zweite Band wird in einigen Tagen folgen, und den dritten können Sie, wenn Sie wollen, bis zum 20ten d. M. haben. Ist Ihnen das so recht? Das würde vor Weihnacht mit »Surehand« III vier Bände ergeben, welche alle rechtzeitig auf dem Weihnachtstische erscheinen werden. (KMG-Jahbuch 1982, S. 231)

Mit dem Weihnachtstermin für Band II & III wurde es aber nichts mehr. Der dritte Band schickte May erst am 22.1.1897 an Fehsenfeld: Wollte schon am 20ten »Satan« III schicken, da kam Pustet. Er ist erst jetzt fort darum erst heut der Band. (KMG-Jahbuch 1982, S. 222)

Zu S+I III schreibt Vinzenz außerdem: Die Hausschatzfassung "Die Jagd auf den Millionendieb" ist gegenüber M III gekürzt: dabei handelt es sich allerdings weit überwiegend um Dialogstraffungen, stilistische Korrekturen (welcher - der, diese - die, derselbe - der), Eindeutschung von Fremdwörtern (Solidität, perplex, partout, smart), Abschwächung von »Sinnlichem« (Geliebte - Verlobte, Braut; in dem verführerischen Negligé - getilgt) und Anpassung bzw. Streichung von Hinweisen auf den nicht gedruckten Anfangsteil von "Krüger-Bei". Weggelassen oder stark gekürzt wurden einige Nebenszenen, die für den Gang der Haupthandlung ohne Bedeutung sind. (So wurden beispielsweise nach dem Satz Und das gelang ihm (Winnetou) auch 6 Seiten Handschrift über Ungeziefer gestrichen.) Gewisse Szenen mit Judith Silberstein erinnern stark an die Münchmeyer-Romane. Offenbar erschienen sie der Redaktion für den Hausschatz nicht tragbar. Der Handlungsablauf blieb unangetastet, auch wurde nichts hinzugeschrieben.

Demnach lagern also noch pikante Szenen im Archiv und warten auf einen weiteren 'Diamanten'! Oder wie wäre es mit einer vollständigen Ausgabe des Manuskriptes von "Die Jagd auf den Millionendieb"? Fände ich persönlich interessanter als noch ein Häppchen in einem weiteren KMV-Sonderband. Aber zurück zu Vinzenz; dieser stellt außerdem fest: Obwohl May für die Buchausgabe des dritten Bandes von "Satan und Ischariot" das Manuskript zur Verfügung stand, ließ er fast unverändert die Hausschatzbearbeitung von Fehsenfeld drucken.

Allerdings liefert Vinzenz für diese Aussage ebensowenig einen Beweis wie Lorenz in seinem Artikel. Denn obwohl es natürlich naheliegend erscheint, daß Keiter kein ganzes Jahr gebraucht hat, um die handbeschriebenen Seiten 'gelegentlich' zurückzusenden, gibt es in den abgedruckten Briefen der Artikel tatsächlich nicht eine einzige Belegstelle für irgendein Datum, an dem May seine Manuskripte zurückerhielt.

Insofern greift mir deine Argumentation von der 'Duldung' zwar nicht ins Leere, aber doch in eine recht schwammige Gegend.

Viele Grüße,
Thomas

Re: Bearbeitungen

Verfasst: 18.5.2004, 13:45
von Sandhofer
Hallo zusammen!
Thomas Schwettmann hat geschrieben:Insofern greift mir deine Argumentation von der 'Duldung' zwar nicht ins Leere, aber doch in eine recht schwammige Gegend.
Das Ganze ist eine schwammige Gegend. Was ich sagen will: Weder Befürworter noch Gegner einer Bearbeitung können sich wirklich auf den Mayster selber berufen. Denn der ist mit seinen Aussagen und Handlungen schwammig und inkongruent.

Grüsse

Sandhofer