Die Fastnachtsnarren

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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:muß diese Frau ja eine begnadete Schauspielerin gewesen sein, daß selbst ein Kollege darauf reinfiel.
Das können sie alle ... naja, fast alle ... man kann den Leuten mit den abstrusesten Sachen kommen, wenn man es gut macht, glauben sie es ... Karl May hat das auch gewußt und gekonnt ...
markus
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:Und wenn ein Sam Hawkens mitten im Indianerkampfgebiet (oder ein Soldat in der Gefahrenzone im Afghanistaneinsatz) unter höchster nervlicher Anspannung ist, in einer Situation, in der es um Leben und Tod geht, dann schleicht man sich nicht von hinten an ihn heran, um ihn zu erschrecken ... das ist unverantwortlich, indiskutabel ... und wirft kein gutes Licht auf den Erzähler ...
Hast ja so recht (ich mach mir da halt weniger Gedanken, Sam Hawkens ist schon lange tot, was solls...).

:?
markus
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:
markus hat geschrieben:muß diese Frau ja eine begnadete Schauspielerin gewesen sein, daß selbst ein Kollege darauf reinfiel.
Das können sie alle ... naja, fast alle ... man kann den Leuten mit den abstrusesten Sachen kommen, wenn man es gut macht, glauben sie es ... Karl May hat das auch gewußt und gekonnt ...
Er hätte dann ja auch Schauspieler werden können, d.h., er war es. Somit seid ihr Kollegen :D .
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

Von Theater verstand er was, in der Tat ... das stärkste Zitat in dem Zusammenhang steht in "Mein Leben und Streben", wart, ich such's gleich raus ...
markus
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von markus »

Ok ich wart...
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

Bitteschön ...
Als wir nach Hause gekommen waren, mußte Großmutter mir beschreiben, wie die Puppen bewegt werden.

"An einem Holzkreuze", erklärte sie mir. "Von diesem Holzkreuze, gehen die Fäden hernieder, die an die Glieder der Puppen befestigt sind. Sie bewegen sich, sobald man oben das Kreuz bewegt."

"Aber sie sprechen doch!" sagte ich.

"Nein, sondern die Person, die das Kreuz in den Händen hält, spricht. Es ist genauso, wie im wirklichen Leben."

"Wie meinst du das?"

"Das verstehst du jetzt noch nicht; du wirst es aber verstehen lernen."
(Ist vielleicht doch nicht direkt in Sachen Theater, eher Puppentheater, und eben darüber hinaus in Richtung Weltanschauung, aber halt bärenstark ...)
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:Sam Hawkens ist schon lange tot, was solls...
Aber nicht doch ... deshalb kam ich ja mit Afghanistan ... zeitlose Geschichten ... 'haben gelebt oder leben noch', ganz genau ... das gleiche meinen übrigens die Gebrüder Grimm mit ihrem "und wenn sie nicht ..."
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

Als ich den Herrn Kantor fragte, wer dieses Theaterstück ausgesonnen und niedergeschrieben habe, antwortete er, das sei kein einzelner Mensch, sondern die Seele der ganzen Menschheit gewesen, und ein großer, berühmter deutscher Dichter, Wolfgang Goethe geheißen, habe daraus ein herrliches Kunstwerk gemacht, welches nicht für Puppen, sondern für lebende Menschen geschrieben sei. Da fiel ich schnell ein: "Herr Kantor, ich will auch so ein großer Dichter werden, der nicht für Puppen, sondern nur für lebende Menschen schreibt! Wie habe ich das anzufangen?" Da sah er mich sehr lange und unter einem fast mitleidigen Lächeln an und antwortete: "Fange es an, wie du willst, mein Junge, so werden es doch meist nur Puppen sein, denen du deine Arbeit und dein Dasein opferst." Diesen Bescheid habe ich freilich erst später verstehen lernen; aber diese beiden Abende haben ohne Zweifel sehr bestimmend auf meine kleine Seele gewirkt. Gott, Mensch und Teufel sind meine Lieblingsthemata gewesen und geblieben, und der Gedanke, daß die meisten Menschen nur Puppen seien, die sich nicht von selbst bewegen, sondern bewegt werden, steht bei allem, was ich tue, im nahen Hintergrunde.
markus
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von markus »

Ist es auch, bärenstark. Puppentheater schaut mein Sohn übrigens lieber als Kino, da fühlt er sich wohler. Im Kino fühlt er sich unwohl, kann ich verstehen bei den Filmen und Sälen heutzutage (Thema hatte ich hier glaub ich letztens schon erörtert). Jedoch waren wir letztens kurz vor Weihnachten bei einem Laienspieltheater, da brachten die ein Märchen von Grimm "Die kluge Bauerntochter". Ich dachte schön, Märchen mag er gerne. Aber die habens verhunzt, modernisiert sozusagen. Äußerlich waren die Kostüme wie man sie sich vorstellt, aber zwischendurch wurde zur Musik von Madonna "Like a virgin" getanzt. Damit konnte mein Sohn rein gar nix anfangen. In der Pause haben wir dann die Biege gemacht.

8)
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

Zu Mays Text "Theater" habe ich mal das folgende abgesondert,
Von geistigen und seelischen Potenzen spricht Karl May in diesem Text, der 1907 in einer Zeitung erschien. Solche sucht man in nach ihm benannten Freilichtaufführungen (und darüberhinaus auch sonst oft am deutschen Theater dieser Tage) meistens vergeblich.

„geben Sie uns wahre Herzenswärme, wohltuendes Licht und heilenden Sonnenschein“, heißt es weiter, von Ballerei, Pyrotechnik und albernem Spektakel ist nicht die Rede (und, wieder über den Freilichtbühnen-Tellerrand hinausgeblickt aufs bundesdeutsche Subventions-Theater: von flippigem, gagigen, unpassend temporeichen, lautem & leerem Fun-Theater auch nicht).

“Zeigen Sie uns nicht die lärmende, kreischende, sinnlose, sondern die wahre, die hohe, die wirkliche Kunst, die mit den einfachsten Mitteln die höchsten Wirkungen erreicht, und Sie werden sehen, daß sich Ihre Plätze füllen, weil Jeder, der da kommt, einen inneren Segen mit nach Hause trägt, für den er Ihnen Dank und Wiederkehr schuldet.“

Solche Festspiele gibt es noch nicht (und entsprechende Theaterkunst, wie sie etwa Otto Schenk beherrschte, stirbt derzeit gerade [vorübergehend] aus). Allenfalls in Worms oder vielleicht Bad Hersfeld, aber die spielen nicht Karl May. Wer aber die lärmende, kreischende, sinnlose Wunst (das kommt laut Karl Valentin von Wollen; käme es von Können, hieße es Kunst) sehen will, der wird allerorten in diesem unserem Lande bestens bedient. So haben es die Leute gern, weil sie oft selber so sind: laut & leer.

*

Aber darum, "die Genesung der Kurgäste zu fördern", wie blauäugig und auf dem Niveau eines schlechten Schulaufsatzes schon zu lesen war (die Quelle bleibe freundlicherweise unerwähnt), ging es Karl May ganz bestimmt nicht.

Und auch Claus Roxin irrt (m.E.), wenn er in der Einleitung zum Jahrbuch von 1985 den Aufsatz für "literarisch belanglos" hält und die "wahre Herzenswärme, wohltuendes Licht und heilenden Sonnenschein" offenbar auf persönliche Bedürfnisse des angeschlagenen May reduziert. May hat über persönliche Befindlichkeiten hinaus halt Dinge gesehen (s.o.) und Zusammenhänge erkannt.
markus
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:
markus hat geschrieben:Sam Hawkens ist schon lange tot, was solls...
Aber nicht doch ... deshalb kam ich ja mit Afghanistan ... zeitlose Geschichten ... 'haben gelebt oder leben noch', ganz genau ... das gleiche meinen übrigens die Gebrüder Grimm mit ihrem "und wenn sie nicht ..."
Ist mir schon klar, alles in die Realität übertragbar. Aber andererseits ist Literatur dazu da, daß man dort Dinge macht, die man sonst nicht macht (machen würde). Da darf es so wenig Tabus geben wie nur möglich. Und ich mag Tabubrecher. Ohne sie wären wir heute immer noch auf den Bäumen.
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

Was denkbar ist ist auch möglich, hat mal einer geschrieben ... insofern unterscheide ich nicht zwischen Literatur und Realität ... und es gibt halt Tabus, die man besser nicht bricht ...
Thomas Math
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von Thomas Math »

rodger hat geschrieben:
Karl May hat in sehr hohem Ausmaß Menschlichkeit & Herzenswärme in sich gehabt...
Das halte ich fuer eine unbewiesene Behauptung im Gegensatz zu seinen offensichtlichen Persoenlichkeitsdefekten die sehr gut belegt sind.Ilmers Zitat da stimme ich Dir zu ist eine exzellente Beschreibung des Mayschen Charakters sofern er uns ueberhaupt 100 Jahre nach seinem Tod zugaenglich ist.
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rodger
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von rodger »

Thomas Math hat geschrieben:Ilmers Zitat [...] ist eine exzellente Beschreibung des Mayschen Charakters
Nein, sondern eines Teil-Aspektes, Anteilen davon. Zu bestimmten Zeiten (Hochstaplerzeit / Mendel und danach), also gleichsam Momentaufnahmen, zu Zeiten, in denen die sozusagen weniger liebenswürdigen Anteile in den Vordergrund traten ...
Thomas Math
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Re: Die Fastnachtsnarren

Beitrag von Thomas Math »

Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen,welche liebenswuerdigen Charakterzuege denn ?
Als junger Mensch ein Verbrecher und 40 Jahre spaeter seine Frau mies behandelt,dazwischen liegt noch so manches andere.Die Konstanz des schlechten Charakters ist offensichtlich.
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