F.E. Löhndorff, Pancho Villa und Karl May

Antworten
Gast

F.E. Löhndorff, Pancho Villa und Karl May

Beitrag von Gast »

Im Jahre 1944 sollten die Werke Karl Mays in Sinne der braunen Machthaber bearbeitet werden. Die entsprechenden Parteibehörden hatten damals den noch recht bekannten Abenteuerschriftsteller F.E. Löhndorff (1899-1976) vorgesehen. Durch die Kriegsereignisse kam es nicht mehr dazu, dass Löhndorff auch nur ein Werk Karl Mays "bearbeiten" konnte.

Löhndorff, der seine beste literarische Zeit zwischen 1925 bis 1940 hatte und als Parteigänger der Nazis betrachtet werden konnte, schrieb in seine erfolgreichen Werke über Ereignisse, die er auch teilweise selbst erlebt hatte.

So gehörte er 1914-1916 den Revolutionstruppen des berühmt-berüchtigten Pancho Villa an. Er nahm an vielen Unternehmungen Villas teil, so auch an dem Gefecht am 1.11.1915 gegen die Truppen des späteren Präsidenten von Mexiko, Carranza, bei Agua Prieta, dem Zugüberfall bei Santa Isabel am 1.1.1916 bei dem viele amerikaniche Zilisiten ermordet wurden und wahrscheinlich auch an dem Überfall Pancho Villas auf Columbus in New Mexiko am 9. März 1916.
Rechnet man den Truppen Pancho Villas regulären Status zu - und viele Historiker neigen inzwischen zu dieser Ansicht - war dieser Angriff auf Columbus die einizige erfolgreiche Okkupation US-amerkanischen Staatsgebietes seit dem englisch-amerikanischen Krieg von 1812-1815.

Um 1940 geriet Löhndorff mit den braunen Machthabern in Konflikt, was zu seiner Zwangssterilisation führte und es kann durchaus in Zweifel gezogen werden, ob Löhndorff die Werke Mays im Sinne der Nazis vergewaltigt hätte.
Immerhin - er wäre auf jedem Fall der bisher einzige Bearbeiter Mayscher Werke gewesen, der auch viele Regionen aus Karl Mays Werken persönlich kannte und somit wußte, war er "bearbeitet" hätte. Es ist - Gott sei es gedankt - durch das Kriegsende im Mai 1945 nicht mehr dazu gekommen.

- Kurt Altherr -
Ralf Grosskurth
Beiträge: 92
Registriert: 7.6.2004, 1:10
Wohnort: Ein kleiner Ort im Hunsrück...

Beitrag von Ralf Grosskurth »

Wer auf dem Interstate 10 ( I 10 ) von El Paso, Texas, in Richtung San Diego fährt, als westwärts, der wird in einiger Entfernung vor dem Abzweig nach Tucson, Arizona, von einem Schild daran erinnert, daß er ebenfalls nach Columbus abbiegen kann.
Ob man von einer Okkupation sprechen kann, darf füglich bezweifelt werden, wurde Columbus doch im Zuge der Kampfhandlungen oder danach niedergebrannt. Die US-Streitkräfte unter "Black Jack" Pershing (uns Deutschen als Namensgeber der Pershing-I und Pershing-II noch bekannt) vertrieben Villa nach ihrem Gegenangriff und drangen dabei bis auf mexikanisches Staatsgebiet vor.
So schließt sich denn der Kreis von Karl May bis zu den vorbereitenden Schritten zur Deutschen Einheit.
Mit freundlichen Grüßen,

Ralf Grosskurth
Gast

Beitrag von Gast »

Die Ausführungen von Herrn Grosskurth sind doch allenthalben sehr vereinfachend dargestellt und entsprechen nur bedingt den historischen Tatsachen, wenngleich auch die unterschiedlichen Sichtweisen beider Betrachter berücksichtigt werden müssen.

Fakt ist, dass es im März 1916 zu dem genannten erfolgreichen Angriff Villas auf Columbus kam und dies von einem der bekanntesten Historiker der mexikanischen Revolution, Hanns Werner Tobler, so gesehen wird, einer Auffasung der ich mich voll anschließe.

Dazu kommt - und das ist völlig legitim - die Betrachtungsweise von Herrn Grosskurth dies aus amerikanischer Sicht zu sehen, während ich mich ausschließlich der mexikanischen Sichtweisen unterziehe, die auch seit 1916 in der mexikanischen Geschichte Bestand haben. Gerade heute ist in Mexiko Pancho Villa populärer denn je.

Ergänzend sei noch mitgeteilt, das dem amerikanischen Expedtionskorps unter General Pershing ein junger draufgängischer Leutnant, George S. Patton, angehörte.
Patton, im II. Weltkrieg führender US-General gegen Nazi-Deutschland, stellte in der Tat nach dem Krieg als Militärbefehlshaber in Deutschland die Weichen für eine amerikanische Politik, die letzlich in der Tat 1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands führte. General Patton, der durch einen Unfall nahe Mannheim im Dezember 1945 zu Tode kam, war eigentlich ein Bewunderer Deutschlands und ein Liebhaber der deutschen Klassiker, wie Goethe, Schiller und Herder, um nur einige zu nennen.
Dieser historische Bogen ist natürlich jetzt sehr weit gespannt und bietet ganz sicher eine große Plattform für Herrn Grosskurts ironische Bemerkungen. :wink: :lol:

Ja, so groß lassen sich Kurts historische Betrachtungen nun mal ziehen. Ein richtiger Grosskurt wie mein Geschichtslehrer öfters zu sagen pflegte.:lol: :lol:

Quellen der zwei Beiträge:
Hans Werner Tobler, Die mexikanische Revolution (Frankfurt 1984)
Hubert Matt-Willmatt, Das Abenteuer im Leben und Werk von E.F. Löhndorff (Freiburg 1999)
Gregory J.W.Urwin, The United States Cavalry (New York 1983)
Mitteilungen der KMG, Nr. 132, Juni 2002, Michael Rudloff "E.F. Löhndorff, der <deutsche Jack London>"


- Kurt Altherr -
Ralf Grosskurth
Beiträge: 92
Registriert: 7.6.2004, 1:10
Wohnort: Ein kleiner Ort im Hunsrück...

Beitrag von Ralf Grosskurth »

Kurt Altherr hat geschrieben:Die Ausführungen von Herrn Grosskurth sind doch allenthalben sehr vereinfachend dargestellt und entsprechen nur bedingt den historischen Tatsachen, wenngleich auch die unterschiedlichen Sichtweisen beider Betrachter berücksichtigt werden müssen.

Fakt ist, dass es im März 1916 zu dem genannten erfolgreichen Angriff Villas auf Columbus kam und dies von einem der bekanntesten Historiker der mexikanischen Revolution, Hanns Werner Tobler, so gesehen wird, einer Auffasung der ich mich voll anschließe.

Dazu kommt - und das ist völlig legitim - die Betrachtungsweise von Herrn Grosskurth dies aus amerikanischer Sicht zu sehen, während ich mich ausschließlich der mexikanischen Sichtweisen unterziehe, die auch seit 1916 in der mexikanischen Geschichte Bestand haben. Gerade heute ist in Mexiko Pancho Villa populärer denn je. [...]
Sicher waren meine Darstellungen sehr vereinfachend, wollte ich doch hier nicht die Stadtgeschichte von Columbus veröffentlichen.

Inwiefern sie jedoch "nur bedingt" - also nur teilweise - den historischen Tatsachen entsprechen, verschließt sich mir nun. Inwiefern das dann auch noch an den unterschiedlichen Sichtweisen liegen sollte, ist mir gänzlich unverständlich.

Fakt ist schlicht, daß Columbus angegriffen wurde und im Zuge der Kämpfe, resp. zeitlich direkt anschließend, nahezu komplett niederbrannte. Dies steht ja in keinerlei Widerspruch zu "dem genannten erfolgreichen Angriff Villas auf Columbus". Ob dieser nun auch von Hrn. Tobler so gesehen wird, entzieht sich meiner Kenntnis, aber der Herr wird beruhigt sein, daß sich Herr Altherr seinen Ansichten anschließt. :roll:

Ob man nun aber von einer Okkupation reden kann, das sei durchaus dahingestellt, verwendet man diesen Begriff doch gemeinhin dann, wenn von einer widerrechtlichen längeren Besetzung gesprochen wird.
Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, dann dauerte es ca. 2 Monate, bis die US-Army entsprechende Kontingente zusammengezogen hatte, die dann Villas Truppen oder Bande (hier je nach US- oder mexikanischer Sichtweise gesprochen) bis auf mexikanisches Territorium zurücktrieb. Meines Wissens handelte es sich dabei dann auch gleich um die letzte Grenzüberschreitung der US-Army nach Mexiko (andere Grenzüberschreitungen der US-Streitkräfte schlossen sich in der Folge jedoch zuhauf an).
Mit freundlichen Grüßen,

Ralf Grosskurth
Antworten