Der book-maker, der Totmacher und andere Erscheinungen ...

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rodger
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Der book-maker, der Totmacher und andere Erscheinungen ...

Beitrag von rodger »

In einem anderen Forum ging es in einem Thread zu Der Scout /Winnetou II / Deadly dust auch um Mays Ausdruck „book-maker“ in „Deadly dust“ und im Zuge dessen auch um die Frage, ob dieser Ausdruck „korrekt“ benutzt sei. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß das offenbar der Fall ist, schrieb ich in dem Zusammenhang (hier stellenweise mittlerweile geringfügig überarbeitet)

Auch wenn es nicht so wäre, der "book-maker" wäre mir, auch wenn nicht "korrekt", sozusagen lieb und teuer, und gesetzt den Fall, er wäre "falsch", "nicht korrekt", ihn abzuändern wäre auch dann m.E. ein Vergehen gegen den Geist des Textes (ich bin mir bewußt, daß das recht "schräg" klingt, meine es aber dessen ungeachtet völlig ernst), da ein Leser mit einem gewissen "Feeling" für May weiß, was gemeint ist, nämlich "Buchmacher" im Sinne von "Macher von Büchern", bewußt (seitens May) hemdsärmelig formuliert und ins Englische (ob korrekt oder nicht, wäre wie gesagt sekundär) übertragen. Bewußt hemdsärmelig will sagen, "Autor" z.B. oder "Schriftsteller" wäre eine Spur wichtigtuerischer, hochtrabender, bzw., könnte, je nach Gesprächspartner, so herüberkommen, und deshalb sagt er eben "book-maker", mit oder ohne Bindestrich, (gefühlt eher ohne). Eine Art Understatement.

Mit der Korrigiererei nach Schema Simpel ist es so eine Sache ... Selfmademan z.B. als "Korrektur" von Self-Man mag "korrekt" sein, läßt aber den Aspekt unberücksichtigt, daß ein Selbst-Mann [gedanklich] etwas anderes ist als ein Selbstgemacht-Mann ... Selbst ist der Mann, eigenständig, schöpfend aus eigener Kraft und mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Meinetwegen auch der Selbstgemachtmann, aber vielleicht merken an dieser Stelle auch diejenigen, die solche Ausführungen für Spinnerei halten mögen, daß ihr "korrekter" Ausdruck ein wenig albern klingt ... .


Dann fiel mir (nach einem freundlichen Hinweis meiner Lebensgefährtin) noch, als vermutlich überzeugenderes Beispiel, ein

Der großartige Film mit dem wundervollen Götz George und dem ebensolchen Jürgen Hentsch, der kürzlich wiederholt wurde, heißt "Der Totmacher". Nicht "Der Mörder", "Der Serienmörder", "Der Lustmörder", "Der Triebtäter", "Der Sexualstraftäter" oder sonstnochwie, obwohl diese Bezeichnungen sicher allesamt "korrekter" wären, Nein, er heißt "Der Totmacher", und das ist auch gut so. Denn damit (wenn man so will: der Benutzung eines Wortes, das es "nicht gibt") wird schon im Titel angedeutet worum es geht: einen geistig-moralisch Beschränkten und damit vermindert Schuldfähigen. (Ich hätte 'Schuld' innerhalb des Wortes am liebsten in Anführungszeichen wie die soeben benutzten gesetzt, aber man kann es auch übertreiben bzw. soll auch nicht zuviel in einen Beitrag packen ...)

Das Folgende verlässt das Thema des dortigen Threads allzu sehr, ich ziehe daher porzellankistenelternteilsmäßig um …

*

Es wäre noch anzumerken, daß das Wort „Totmacher“ innerhalb des Titels „Der Totmacher“ nicht in Anführungszeichen steht, der Film heißt also nicht etwa „Der ‚Totmacher’“, sondern „Der Totmacher“. (ich imaginierte nämlich soeben, daß Gemüter vom Schlage der kürzlich erwähnten B.P. (hach wie dezent, diese Verfremdung …) und natürlich viele viele andere, B.P. ist ja nur ein schlagendes Beispiel, eine wandelnde Verkörperung ganzer Heerscharen zeitgenössischer Denkerinnen und Denker, möglicherweise in Sachen des Wortes Totmacher noch folgen können und mögen, aber mehr oder weniger insgeheim bei sich so etwas denken mögen wie „Naja, gut, aber dann hätte es, um korrekt zu sein, doch innerhalb des Titels in Anführungszeichen stehen sollen.“ Nein, hätte es nicht. Ohne weitere Erklärungen (irgendwann wird man müde …) Oder doch, auf die Schnelle: das (Anführungszeichen innerhalb des Titels) hieße ja, sich vom Wort ‚Totmacher’ (hier passen die Anführungszeichen …) trotz dessen Benutzung gleichzeitig wieder auch ein bisschen zu distanzieren, und das soll eben nicht sein …) So ist das mit den Satzzeichen. Könnsemalnachfragen. (Man kann natürlich auch alles nach starren Regeln betreiben …)

Das Problem, oder besser, der Sachverhalt (warum schreibt er dann nicht gleich Sachverhalt … : um auszudrücken, daß man die Angelegenheit als Problem betrachten kann, die wert[ungs]freie Betrachtung als Sachverhalt aber vorzuziehen wäre …), ist wohl der, daß die Leute, die im Gegensatz zu May korrekt Englisch können, sich ihm darob überlegen dünken … und damit „hat es sich dann“ für sie … ohne daß sie realisieren, daß er ihnen in Sachen Sprachgefühl, Gedankentiefe u.a. oft überlegen sein dürfte, wenn er auch Regeln, Begriffsbestimmungen und dgl. vielleicht nicht so beherrschte wie sie … (das kann übrigens jeder, korrekt Englisch lernen. May war vermutlich zu faul dazu.) Und nur nach „Korrektheit“ gehen hieße, wie oben erläutert, oft, Wesentliches unter den Tisch fallen zu lassen …

Dieser Sachverhalt zeigt sich in ähnlicher Weise (es geht keineswegs immer nur um Englisch … die Sache mit dem Englisch ist ein Beispiel für viele …) auch und in belästigendem Ausmaß in Publikationen aus dem KMG-Bereich (natürlich nicht grundsätzlich. Es gibt durchaus auch gute Publikationen aus dieser Ecke). Es kommt eben nicht primär darauf an, formale Kriterien zu erfüllen, sich an gängige Gepflogenheiten anzupassen und dergleichen. Auch wenn Leute, die ich meine, dies „drauf“ haben und bei May vermissen mögen … Publizierende allerorten sollten eher darauf achten, Zutreffendes und Erwähnenswertes von sich zu geben, anstatt mit Nebensächlichkeiten zu langweilen oder gelegentlich aufgrund sprachlicher Unbeholfenheit und gedanklicher Unflexibilität Unzutreffendes zu verbreiten aber dabei hübsch brav die äußere Form zu wahren … (diese Bemerkung (ab „gelegentlich“) mag sich zwar durchaus auf gewisse Beobachtungen von heute Nachmittag beziehen, wer’s gemerkt hat bekommt zwölfeinhalb Punkte, gilt darüber hinaus aber auch sonst allzu oft und passt insofern durchaus hierhin …)

Eine uralte Problematik / Thematik. Kommt z.B. schon in den „Meistersingern von Nürnberg“ vor. Die einen können die Regeln, aber sie können sozusagen nicht singen. Beim Stolzing ist es umgekehrt. Oder „Bürger Schippel“ von Sternheim, da geht es auch darum; hübsch, zuzusehen, wie die Bürgers sich da schwertun mit dem seltsamen Fremdkörper in ihren Reihen bzw. in ihrer Nähe … („Und das a, mein Lieber?“ u.v.a.m.) (bei dem an „Bürger“ angehängten s handelt es sich einmal mehr um eine Art ironische Brechung, werte real existierende bzw. verhinderte Lehrerinnen und Lehrer(s). Das ist schon richtig so.)

Das (diese Problematik bzw. diese Erscheinungen) wird sich natürlich alles sozusagen bis zum jüngsten Tag nie ändern sondern zwangsläufig immer so bleiben, so ist das halt angelegt innerhalb der Schöpfung, sollte aber hier und heute einmal gesagt werden …

:wink:
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rodger
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Re: Der book-maker, der Totmacher und andere Erscheinungen ...

Beitrag von rodger »

(Ich finde das Thema mit der Sprache so interessant, hier schreibe ich, ich kann nicht anders ... Aber eben nicht á la Sick, sondern eher á la Healthy ... obwohl, apropos Gesundheit ... vielleicht sollte ich mich nicht mehr um alles kümmern ... das ist auf die Dauer wirklich sehr anstrengend ... auch für mich ...)

Stellen wir uns vor, in einem Text hieße es z.B.

"Dieser Name kommt auch so in einer "Schauer-Ballade" "Die vergebliche Sprach-Schlacht im Internet" vor.

Dieser Satz würde nun auf

"Dieser Name kommt auch so in der "Schauer-Ballade" "Die vergebliche Sprach-Schlacht im Internet" vor

(also der statt einer, falls jemand gar keinen Unterschied sieht ...)

Jenun. Der Schreiber hat ursprünglich möglicherweise (nicht zwangsläufig, aber eben möglicherweise, und solange das nicht klar ist ...) überlegt, schreibe ich einer oder schreibe ich der (das Weglassen der Anführungszeichen fördert u.a. das geistige Beweglichkeits-Training der Leser ...)

"einer" geht mehr in etwa in die Richtung: es gibt eine solche Ballade, die vermutlich nicht allgemein bekannt ist. Sie sei hier erwähnt.

"der" geht mehr in etwa in die Richtung: die besagte Ballade dürfte einigermaßen bekannt sein, daher braucht nicht gesondert erwähnt zu werden, daß es sie gibt.

So in etwa. Wenn man darüber länger nachdenkt und es nicht einfach aus dem Ärmel so hinschreibt, kann man es sicher noch feiner ausformulieren.

Ändert nun der Schreiber selber sein ursprüngliches "einer" auf "der", dann ist das in Ordnung, und er hat sich halt umentschieden. Weil sich seine Betrachtungsweise oder sein Blickwinkel vielleicht etwa verschoben hat. Das kommt vor und wäre durchaus ok.

Ändert ein anderer die Formulierung einfach ab, weil sie ihm 'korrekter' oder sonstetwas erscheint, dann ist das ein Unding. Oder auch dummdreist. Aber das klänge gleich wieder so provokativ.

Besser wäre die angemessene Änderung von "auch so" auf "so auch". Wenn schon. Noch besser die Änderung inhaltlicher Unzutreffendheiten (Fehlinformationen klingt mir zu hart) und Wahrnehmungsreduziertheiten (siehe in etwa eben. Nein, nicht oben. Eben.).

Ich muß das hier schreiben. Anderswo kriege ich erst recht Ärger.

:lol:
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Helmut
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Re: Der book-maker, der Totmacher und andere Erscheinungen ...

Beitrag von Helmut »

Der "Schreiber" hätte sich, wenn dies geändert wird, auch einfach denken können: "aha diese Schauer-Ballade" kennt als doch noch jemand (die war ja seinerzeit auch ganz schön bekannt), dann ist diese Änderung von "einer" auf "der" ja auch gerechtfertigt.
Wenn allerdings "auch so" auf "so auch" geändert worden wäre, hätte ihn das eher geärgert, denn es war ja im Sinne von "auch genauso" gemeint.

Helmut
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rodger
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Re: Der book-maker, der Totmacher und andere Erscheinungen ...

Beitrag von rodger »

Ach so.

Ja, wenn das so ist ...

134.109.178.220, Kehrt Marsch Marsch ... (Rückbearbeitung rückbearbeiten)

:oops:

:lol:

(zwar bin ich in Sachen beider Argumente noch nicht wirklich restlos überzeugt, aber immerhin in der vorherigen Sicherheit / Überzeugtheit ein wenig angeschlagen ... )

:wink:
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