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Sir John Retcliffe

Verfasst: 1.6.2005, 10:32
von Sven-R. Schulz
Nachdem ich nun schon seit über einem Jahr hier angemeldet bin, bisher aber nur Mitleser war, möchte ich heute mal die Gelegenheit zu einer Frage nutzen. Nachdem ich im vergangenen Jahr in den Besitz einer vierzigbändigen Ausgabe der "Historisch-politischen Romane aus der Gegenwart" von Retcliffe gekommen bin und mich mit dem Autor ein wenig auseinandergesetzt habe, stellt sich mir die Frage, in welcher Reihenfolge man die Romane am besten liest, um einigermaßen chronologisch vorzugehen. Angefangen habe ich mit den fünf Bänden von "Sebastopol", dann folgten nach einer etwas längeren Pause die drei Bände von "Pueblo" an die ich gleich die drei Bände von "Nena Sahib" anschloß, da dieser Roman ja einige Hadlungsteile enthält, auf die in "Puebla" mehrfach verwiesen wird. Und wie ich bereits an anderen Stellen mehrfach lesen konnte, wird die Handlung von "Nena Sahib" dann in "Biaritz" zu Ende geführt, wobei dieser Band selbst wohl ebenfalls wieder auf einen vorangegangenen aufbauen soll. Mit welchem Roman sollte ich also nach Abschluß der Lektüre von "Nena Sahib" (ich bin gerade beim zweiten Band) meine Retcliffe-Lektüre am besten fortsetzen. Die Bandnummerierung selbst scheint mir da nur wenig hilfreich zu sein.

Und wenn ich den Namen Retcliffe nun schon mal angesprochen habe, dann möchte ich gleich noch eine weitere Frage anschließen, die in einem May-Forum sicherlich gut aufgehoben ist. Bereits bei "Sebastopol" mußte ich beim Lesen oft an Karl May denken, was sicherlich zum Teil auch an den Handlungsschauplätzen, der reichlichen Verwendung fremdsprachiger Dialogteile und Entführungen und Flucht aus orientalischen Harem zu tun hat. Dieser Eindruck verstärkte sich dann mit "Puebla" wo man nicht nur auf Apachen und Comanchen trifft (allerdings in einem umgekehrten gut-böse-Schema als bei Karl May), sondern auch Handlungsmäßig so manchen Aha-Effekt entdeckt. Sei es nun während einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd der Sprung, mit einem Pferd, über eine Erdspalte, den sonst keiner wagt, ein Duell in einer verdunkelten Hütte, Spurenlesen, Westmänner, Marterszenen usw. Das alles taucht bei May irgendwann ebenfalls auf, wenn auch vielleicht nicht immer mit ganz so grausamen Details wie bei Retcliffe. Und auch bei "Nena Sahib" treffe ich immer wieder auf Szenarien, die ich bereits von May kenne, so z.B. das Lesen und Deuten von Spuren, ein Auftritt in einer Stierkampfarena, der mich an "Das Vermächtnis des Inka" erinnert und die Beschreibung der Boers und ihrer besonders hervorgehobenen Gewehre. Liebesszenen, die Beschreibung von Frauen, der Handlungsaufbau an sich, inklusive Kapiteleinteilung erinnern mich darüber hinaus stark an die Kolportagebände von May, was natürlich auch durchaus der zeittypischen "Schreibschule" geschuldet sein kann. Bemüht man nun Google um sich der Frage zu nähern, ob es Erkenntnisse darüber gibt, ob Retcliffe von May als Inspirationsquelle genutzt worden ist, dann trifft man vermehrt auf die Aussage, daß es lohnend wäre, dessen mögliche Einflüsse mal eingehender zu untersuchen. Ist so etwas nun schon mal ausführlich geschehen, bzw. in absehbarer Zeit zu erwarten?
Danke.

Verfasst: 1.6.2005, 14:04
von Thomas Schwettmann
Es gibt zumindestens: Volker Klotz: Abenteuer-Romane. Sue – Dumas – Ferry – Retcliffe – May – Verne. (Carl Hanser Verlag, 1978 / Rowohlt Verlag, 1989). Dort wird Retcliffe "Puebla" näher unter die Lupe genommen, ohne daß dabei allerdings der Roman als Vorbild für May genannt wird. Wenn man den Artikel liest, könnte einen aber schon der Verdacht beschleichen, daß es einen Einfluß auf das "Waldröschen" gegeben haben könnte. Und wenn die Angaben von Klotz einigermaßen zutreffen, dann ist das so gescholtene "Waldröschen" gegenüber Retcliffs Mexiko-Epos in Punkto Schilderung von Gewalt - zumal auch bzgl. Vergewaltigungen von Frauen - eher ein Kaffeekränzchen.

Wegen der Reihenfolge kann ich leider nicht helfen, ich kenne von Retcliffe bislang nur "Nena Sahib" - und das auch noch in der bearbeiteten Bamberger Fassung. Laut Klotz sind alle Romane Retcliffes - mit der Ausnahme von "Puebla oder der Schatz der Ynkas" - lose miteinander durch eine gemeinsame Verschwörergemeinschaft verbunden.

Vielleicht könnte May immerhin Retcliffes Indien-Roman für seine "Juweleninsel" ausgewertet haben könnnte, auf die Idee könnte man etwas bei den "Würgermethoden" kommen. Allerdings gibt es dergleichen auch in den in Indien spielenden Teile von Eugen Sues "Der ewige Jude", wobei man hier relativ sicher sein kann, daß May diesen Roman gelesen hat.

- >Und auch bei "Nena Sahib" treffe ich immer wieder auf Szenarien, die ich bereits von May kenne, so z.B. das Lesen und Deuten von Spuren, ein Auftritt in einer Stierkampfarena, der mich an "Das Vermächtnis des Inka" erinnert und die Beschreibung der Boers und ihrer besonders hervorgehobenen Gewehre.

Da ist halt immer die Frage, wie konkret diese Ähnlichkeiten sind. Das Lesen und Deuten von Spuren sind spätestens seit Coopers "Lederstrumpf" recht häufig in derartigen Abenteuergeschichten zu finden. Die Beschreibung der Boers und der Burenkriege hat May, wie Rudi Schweikert gezeigt hat, im wesentlichen aus Lexikon-Artikeln des 'Pierer' extrahiert: ->
http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... /index.htm (s. 28-36)

Einen weiteren kleinen "Boer"- Textauschnitt hat May wahrscheinlich nach einen 'Hausschatz'-Artikel verfaßt; siehe hier im Forum -> Reiseerzählungen -> Hausschatzfundstücke ->
http://www.karl-may-stiftung.de/diskuss ... .php?t=200

Und was den Stierkampf betrifft, so ist das Ungewöhnlichste in Mays "Inka" sicherlich, daß der Vater Jaguar immer über den Kopf des Stieres springt, indem er ein Fuß auf den Kopf des heranstürmenden Tieres stellt: Das scheint auf den ersten Blick wie eine aberwitzige Erfindung Mays, wird aber genauso auch in Gerstäckers "Ein Stierkampf in der Mission Santa Barbara" und eben auch bei Retcliffe so beschrieben. Beide Texte wären also Quellen-Kandidaten.

Liebesszenen, die Beschreibung von Frauen, der Handlungsaufbau an sich, inklusive Kapiteleinteilung erinnern mich darüber hinaus stark an die Kolportagebände von May, was natürlich auch durchaus der zeittypischen "Schreibschule" geschuldet sein kann.

Hm, vielleicht sollte ich mir doch mal das Original besorgen, in der KMV-Ausgabe sind diese natürlich wieder entschärft.

Verfasst: 10.6.2005, 13:49
von Thomas Schwettmann
Ich habe die Stierkampfszenen bei Karl May, Sir John Retcliffe und Friedrich Gerstäcker mal herausgesucht:

May – das Vermächtnis des Inka: Jetzt war der Büffel da; seine Hörner mußten den Mann treffen, den eine plötzliche Angst bewegungslos gemacht zu haben schien. Der Vater Jaguar wurde in die Höhe geschleudert - ein einziger, aber vielstimmiger Schrei erscholl im Zuschauerraume. Aber was war denn das? Der Vater Jaguar war in aufrechter Haltung durch die Luft geflogen, kam hinter dem wütenden Bison auf die Füße und blieb da so ruhig stehen, als ob er seinen vorigen Platz gar nicht verlassen habe! Das Tier wendete sich und drang wieder auf ihn ein, warf ihn abermals in die Luft und hinter sich, drehte sich dann wieder um und schleuderte ihn in die Höhe, um ganz dasselbe Spiel immer wiederholen zu müssen.
Nun sah man allerdings, daß dieses fürchterlich gewagte Spiel vom Vater Jaguar beabsichtigt und mit ebenso großer Kühnheit wie Gewandtheit ausgeführt wurde. So oft der Stier die Hörner zum tödlichen Stoße hob, setzte ihm, allerdings keinen Augenblick zu früh oder zu spät, der verwegene Mann den rechten Fuß zwischen dieselben und ließ sich von ihm emporwerfen, um in einem weiten Sprunge hinter dem Tiere den Boden zu erreichen. Wäre vorher den Zuschauern erzählt worden, daß so etwas möglich sei, kein einziger hätte es geglaubt. Ihr Erstaunen war grenzenlos. Welche Kraft, Geschicklichkeit und Eleganz lag in jeder Bewegung Hammers! Es ging auf Leben oder Tod, und dennoch sah man seine Lippen lächeln, und dennoch führte er jede seiner Bewegungen mit einer Leichtigkeit und Sicherheit, mit einer Ruhe aus, als ob es sich um eine harmlose Unterhaltung handle.
Je ruhiger er blieb, desto unruhiger wurde der Stier. Daß er den Feind nicht zu beschädigen vermochte, sondern ihn immer und immer wieder unverletzt hinter sich stehend fand, brachte ihn in Wut. Er brüllte vor Grimm; seine Bewegungen und Wendungen wurden hastiger und unsicher; seine Augen unterliefen mit Blut, wodurch er am Sehen verhindert wurde. Schon kam es vor, daß er den Gegner nicht deutlich stehen sah und mit den Hörnern in die Luft stieß. Das hatte der Vater Jaguar abwarten wollen. Wieder war er emporgeworfen worden, und wieder kam er hinter dem Stiere zu stehen; da blieb er dieses Mal nicht halten, sondern sprang schnell seitwärts nach vorn. Der Büffel, eben im Begriff, sich umzudrehen, kehrte ihm dabei die Seite zu - ein kühner, federkräftiger Sprung, und Hammer saß ihm auf dem Rücken. Das Messer blitzte in seiner Hand; die Klinge desselben drang genau da ein, wo der letzte Hals- an den ersten Rückenwirbel stößt. Der Büffel blieb mehrere Sekunden, ja fast eine Minute, starr und völlig bewegungslos stehen; dann ging ein Zittern durch seine mächtigen Glieder, und er brach, ohne einen Laut hören zu lassen, da, wo er stand, leblos zusammen, wobei der Vater Jaguar von seinem Rücken glitt, um dann dem gestürzten Tiere das Messer aus dem Nacken zu ziehen.

Nun der Stierkampf in Sir John Retcliffes Nena Sahib, der 1858/59 erschien, der Kampf findet in San Franzisco statt, der kühne Stierkämpfer ist ein Mexikaner:

Kapitel: Spiele um Gold und Leben (Ustad-Ausgabe): Jetzt war der Stier an dem Matador, blind vor Wut und Schmerz durch die beiden Schußwunden, aus denen dickes, schwarzes Blut auf den Sand der Arena floß. Einen Moment noch, dann schienen die Hörner den kühnen Mann gefaßt zu haben. Aber mit unglaublicher Kaltblütigkeit hatte Perez im letzten Augenblick den rechten Fuß dem Stier zwischen die Hörner gesetzt – jetzt saß er rittlings auf dem Nacken des rasenden Tieres. Donnernder Beifall, in den sich die ungeduldigen Töne des Tigers mischten, erschütterten die Luft. Der Mexikaner nahm den Dolch zwischen die Zähne, packte mit beiden Händen die zottige Mähne des Stiers und warf sich mit einem gewöhnlichen Kunststück der Equilibristen in die Luft, um die Beine zu wechseln. Nun saß er in voller Sicherheit vorwärts auf dem Rücken des Bullen dicht hinter der langen Mähne, wie die Gauchos auf den wilden Pferden der Savannen. Zweimal, unter dem Jauchzen der Zuschauer, durchlief der Stier mit seinem Reiter den Zirkus. Als er sich das zweitemal der Stelle näherte, wo der Verwundete unter dem sterbenden Pferd lag, suchte die Hand des Mexikaners den Punkt im Genick, wo das Haupt an den Nackenwirbeln aufsitzt – ein Stoß – der schmale Stahl saß bis ans Heft im Genick. Wie von einem Blitz getroffen, stürzte das mächtige Tier tot zusammen.

Es wäre nun durchaus möglich, daß sich Retcliffe bei Gerstäcker bedient hat. Dessen Stiergefecht auf der Mission Dolores erschien zunächst in der Zeitschrift „Illustrirtes Familienbuch zur Unterhaltung & Belehrung häuslicher Kreise“ (18??) und dann im Sammelband „Californische Skizzen“ (1856).

Ein Stiergefecht auf der Mission Dolores: [Der mexikanische Preiskämpfer],der beste seiner ganzen Gesellschaft vielleicht, empfing [den Stier] ruhig und sprang ihm, seine Stirn selbst mit dem Fuß berührend, leicht über den Kopf. Dadurch gewann er sich wieder das Vertrauen der leicht bewegten Masse, und einzelne Beifallsbezeichnungen, besonders seiner Landsleute, munterten ihn zu weiteren Versuchen auf.
„Bueno, compannero!“ rief Valentin, der indessen, die langen Haare aus seiner Stirn werfend, Zeuge der Tat gewesen war, aber keineswegs gesonnen schien, sich den Lorbeer des Tages so leicht entreißen zu lassen. „Bueno, aber das war ein Spaß, sieh hier!“ Und mit den Worten stellte er sich dem wieder gegen ihn anstürmenden Tier ruhig entgegen, und als es die Hörner niederbog, war er mit einem Satz, den Körper zugleich dabei herumschnellend, daß er mit dem Gesicht nach vorne saß, auf dem Rücken des wild dahinstürmenden Tieres, auf dem er sich eine Minute lang bei einem Beifallsturm und trotz der wütenden Anstrengung desselben behauptete.
Der Mexikaner wurde totenbleich vor Wut. “Das ist nichts!“ schrie er mit wildem Lachen, und als sich der Stier, der sich des Reiters nicht entledigen konnte, bis dieser selber von ihm absprang, jetzt gegen ihn wandte, suchte er mit gleichem Sprung dem tollkühnen Wagen der Rothaut gleichzukommen. Wut und Ärger aber nahmen ihm vielleicht das kalte Blut, dessen er zu solchem Kampf bedurfte. Er überschätzte den Sprung, mit dem er sich zu weit nach hinten warf, und der Stier fühlte kaum den Feind an sich niedergleiten, als er sich wandte und den Gestürzten, ehe dieser imstande war, sich emporzurichten, mit den Hörnern faßte und, als ob er ein Kind gewesen wäre, in die Luft schleuderte.
„Caramba!“ schrie der Indianer lachend, als das jetzt zu rasender Wut getriebene Tier den stürzenden Körper wieder auf die Hörner fing, und dann zu Boden trat. „Das ist der Spaß zu weit getrieben!“ und während drei der übrigen Kämpfer über die Barriere sprangen, ihrem Kameraden beizustehen, aber ehe einer von ihnen den Stier erreichen konnte, warf sich ihn Valentin aufs neue entgegen, und diesmal, wie den Tod suchend, mitten zwischen seine Hörner hinein.
Der wilde Sohn dieser Berge wußte jedoch, was er tat, und während ein Angstschrei der Zuschauer die Luft erschütterte, sprang er, mit dem kurzen Stahl in der rechten, von dem zusammenbrechenden toten Stier zurück, dem er die Rückensehne des Bugs mit sicherem Stoß durchschnitten. Und um die beiden Leichen tanzte der Wilde, unter dem Beifallsturm und Geldwerfen der Menge, den Fandango.

Ob sich May nun bei Retcliffe oder Gerstäcker oder sonst einen Quelltext bedient hat, wird man wohl nicht entscheiden können, weil es keine wortwörtlichen Übernahmen gibt. So gibt es etwa auch kleine Unterscheide in der Detailbeschreibung der jeweiligen dramatischen Szene, in welcher der Stier mit einem Messerstich getötet wird:

Gerstäcker: (...) dem er die Rückensehne des Bugs mit sicherem Stoß durchschnitten.

Retcliffe: (...) suchte die Hand des Mexikaners den Punkt im Genick, wo das Haupt an den Nackenwirbeln aufsitzt – ein Stoß – der schmale Stahl saß bis ans Heft im Genick.

May:: (...) die Klinge desselben drang genau da ein, wo der letzte Hals- an den ersten Rückenwirbel stößt.

Dennoch aber sind dies alles synonyme Beschreibungen, Retcliffe könnte also bei Gerstäcker, und May könnte also bei Retcliffe oder/und Gerstäcker abgeschrieben haben, das kann man aber nicht nachweisen, umso mehr, als es natürlich auch noch andere Erzählungen mit dem "Spring über den Kopf & Stich in den Nacken"-Verfahren beschrieben gegeben haben könnte.

Verfasst: 10.6.2005, 16:09
von Sven-R. Schulz
Ich ersetze mal die zitierte Textstellen von Retcliffe durch den entsprechenden Text meiner Buchausgabe aus dem Verlag: Rich. Eckstein Nach. (H. Krüger), Berlin
Thomas Schwettmann hat geschrieben:
Nun der Stierkampf in Sir John Retcliffes Nena Sahib, der 1858/59 erschien, der Kampf findet in San Franzisco statt, der kühne Stierkämpfer ist ein Mexikaner:

Kapitel: Spiele um Gold und Leben (Ustad-Ausgabe): Jetzt war der Stier an dem Matador, blind vor Wut und Schmerz durch die beiden Schußwunden, aus denen dickes, schwarzes Blut auf den Sand der Arena floß. Einen Moment noch, dann schienen die Hörner den kühnen Mann gefaßt zu haben. Aber mit unglaublicher Kaltblütigkeit hatte Perez im letzten Augenblick den rechten Fuß dem Stier zwischen die Hörner gesetzt – jetzt saß er rittlings auf dem Nacken des rasenden Tieres. Donnernder Beifall, in den sich die ungeduldigen Töne des Tigers mischten, erschütterten die Luft. Der Mexikaner nahm den Dolch zwischen die Zähne, packte mit beiden Händen die zottige Mähne des Stiers und warf sich mit einem gewöhnlichen Kunststück der Equilibristen in die Luft, um die Beine zu wechseln. Nun saß er in voller Sicherheit vorwärts auf dem Rücken des Bullen dicht hinter der langen Mähne, wie die Gauchos auf den wilden Pferden der Savannen. Zweimal, unter dem Jauchzen der Zuschauer, durchlief der Stier mit seinem Reiter den Zirkus. Als er sich das zweitemal der Stelle näherte, wo der Verwundete unter dem sterbenen Pferd lag, suchte die Hand des Mexikaners den Punkt im Genick, wo das Haupt an den Nackenwirbeln aufsitzt – ein Stoß – der schmahle Stahl saß bis ans Heft im Genick. Wie von einem Blitz getroffen, stürzte das mächtifge Tier tot zusammen.
Band 1: Ein Duell in San Francisco::
Jetzt war der Stier an dem Matador, blind vor Wut und Schmerz durch die beiden Schusswunden, aus denen dickes, schwarzes Blut auf den Sand der Arena floß. Einen Moment noch, dann schienen die Hörner den kühnen Mann gefaßt zu haben. Aber mit unglaublicher Kaltblütigkeit hatte dieser im letzten Augenblick den rechten Fuß dem Stiermitten zwischen die Hörner gesetzt, und als die Blicke der Menge seine Gestalt wieder erfassen konnten, saß er rittlings auf dem Nacken des Tieres, das, erschreckt durch die ungewohnte Last, weiter stürzte. Ein donnernder Beifall, in den sich das Gebrüll des Tigers mischte, erschütterte die Luft, im nächsten Augenblick erschien derselbe noch zu steigen; denn der Mexikaner hatte den Dolch zwischen die Zähne genommen, mit beiden Händen die zottige Mähne des Stiers gefasst und mit einem gewöhnlichen Kunststück der Equilibristen sich in die Luft geworfen und die Beine gewechselt, so daß er jetzt in voller Sicherheit vorwärts auf dem Rücken des Bullen dicht hinter seiner langen Mähne saß, wie die Gauchos auf den wilden Pferden der Savannen; zweimal unter dem jauchzenden Zuruf und Tücherschwenken der Zuschauer, die über dem Schauspiel das bereits vorhergegangene Unglück vergessen hatten, durchlief der Stier mit seinem Reiter den Cirkus.Als er sich das zweite Mal der Stelle näherte, wo der Verwundete mit dem getöteten Pferde lag, suchte die Hand des Mexikaners den Punkt im Genick, wo das Haupt an den Nackenwirbeln aufsitzt, und gerade im selben Moment, wo der Bulle an seinen blutigen Opfern vorbeisprang, stieß er ihm zwischen den Fingern den schmalen Stahl bis ans Heft ins Genick.
Wie von einem Blitz getroffen, stürzte das mächtige Tier auf der Stelle tot zusammen.