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Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 14:46
von FritzR
befehlen.

Hallo!

Während meiner kürzlich erfolgten letzten Lektüre von Scepter und Hammer und Die Juweleninsel fiel mir en passant auf, dass da sehr viel in die Hände geklatscht wird.
Vor allem von Frauen.
Vor Freude, Verwunderung, Staunen, Entsetzen, Erschrecken, Kummer, Trauer und was auch immer.
Vor allem die Damen Helbig, also Freya, Wanka und Zilla tun sich damit hervor.

Ist doch nicht normal dachte ich; aber bitte, um 1900 hatte man noch expressivvere Gestik. Wie etwa in den frühen Stummfilmen; sei es Lang, Murnau, Chaplin.

Männer dagegen klatschen nach orientalischer Sitte nur in die Hände, um dienstbare Geister herbeizurufen.

Nun fängt aber auch Halef im Silberlöwen III damit an vor Freude in die Hände zu schlagen.

»Ist das Schiff abgegangen?« fragte Halef.

»Ja. Man hat Lindsay nichts davon gesagt. Nun muß er mit.«

Da schlug Halef die Hände froh wie ein Kind zusammen und rief aus:

»Alhamdulillah! 1) Ich wollte es nicht gern eingestehen, Sihdi; aber mein Herz war tief betrübt, dich nicht mehr ganz allein zu haben! Dieser Inglis ist mir lieb; aber daß ich dich mit ihm zu teilen hatte, das raubte mir die Ruhe meines Innern. Wie freut es mich, daß du mir nun ganz zurückgegeben bist! Allah sendet zuweilen Augenblicke des Verzichtes, damit wir sehen und erkennen sollen, wie hoch der Wert dessen ist, was er uns beschieden hat. - Was aber thun wir nun? Noch eine Nacht in Basra bleiben?
«Fassung KMG S. 65.

Ich weiß noch keine Frage dazu. Aber es ist doch auffällig, oder? Was soll man davon halten?

Das ewig Weibliche in Halef?

Gruß Fritz

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 15:03
von rodger
Ich würde eher sagen das ewig kindliche in Halef. (Steht ja auch da.)

:wink:

(Das weibliche, anteilmäßig, unterschwellig und nicht durchgängig, hat eher Kara Ben Nemsi, würde ich sagen. Halef ist einfacher gestrickt.)

:wink:

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 15:05
von Kurt Altherr
Hallo Fritz,

Halef und sein geistiger Vater - Karl May - klatschen in die Hände, da nun den Sir David L. aus ihrem literarischen Leben verschwunden ist. Nun kann Karl May mit seinem eigentlichen Werk, dem Spät- und Alterswerk, beginnen. Da klatschen vor Freude beide schon mal in die Hände.

Ob das Klatschen um 1900 nun in Mode war oder nicht, dürfte Karl May wenig interessiert haben.

Bedenke ferner, lieber Fritz, dass zwischen der abfassung von "Die Juweleninsel" (1880) und dem "Basra-Kapitel" von "Silberlöwe III" fast 20 Jahre liegen.

Viele Grüße
Kurt

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 15:54
von rodger
Nein, Halef freut sich, Kara ist gleichzeitig auch ein wenig traurig. Genauer: nicht der Kara in der konkreten Situation in Basra, aber der Autor, der sich da von Lindsay verabschiedet, und weiß oder ahnt, dass er ihn nicht wieder sehen wird, in seinem Werk, meine ich (ab einem gewissen Punkt passen die Lindsays dieser Welt sozusagen irgendwie nicht mehr ins Bild, „ich gehe meinen Weg allein“ schrieb Karl May irgendwo in einem der Briefe an den Dresdner Anzeiger, glaube ich, bin gerade zu faul zum Suchen). Halef ist egoistisch, ihm geht es darum, seinen Sihdi für sich haben zu können. Da liegt übrigens eine Portion Schmerz drin, in der Schilderung dieses Händeklatschens: der Schreiber sieht den Egoismus seines Gegenübers, der zwar durchaus auch Liebe zu ihm selber beinhaltet, aber eben eine der egoistischeren Art. Eine darüberhinausgehende Liebe würde das Eigeninteresse zurückstellen, dann würde Halef denken, ich (Halef) wäre zwar lieber mit ihm alleine geritten, aber da ich nicht weiß, wie weit sein Herz auch an Lindsay hängt, halte ich mich da mal zurück mit meiner Freude und meinem Händeklatschen. Ähnliches habe ich seinerzeit in Essen in der Grugahalle gedacht, als einige Fans „Wir wollen Johnny Cash“ riefen (der war erkennbar nicht mehr so fit wie früher und ließ zwischendurch immer wieder seine Frau und seinen Sohn singen). Als er dann, jubelnd begrüßt, zurückkam, konnten weder er noch ich sich recht freuen … ein oberflächlicher Betrachter könnte ja denken, jetzt ist ja alles wieder in Ordnung; Nein, eben nicht; würden sie wirklich „Johnny Cash wollen“ im Sinne von ihn lieben, das Beste für ihn (und eben nicht für sich) wollen, dann würden sie ihm seine Pausen gönnen …
Ob das Klatschen um 1900 nun in Mode war oder nicht, dürfte Karl May wenig interessiert haben.
Da gehen wir aber wieder ganz konform.

Aber bevor der Fritz nun wieder denkt, ich wolle ihm was: Ich habe über unseren 'Zwist' von neulich noch einmal nachgedacht. Ich versteh' ihn ja (den Fritz). Ich selber habe – aber eben bei anderen Dingen und nicht bei Karl May – auch diese Ader, 'Erbsenzählereien' zu betreiben, man frage sozusagen nicht nach Sonnenschein. Ich denke auch nach fünf Jahren immer wieder darüber nach (und spreche auch gern darüber, zum Leidwesen einer einzelnen Person und heute des Forums), warum am 29. November 2003 gegen 22.30 h am Autobahnkreuz Frankenthal ein ungewöhnlich heftiger Disput über die Fahrtroute entstand, und könnte aus dem Ärmel einen Aufsatz mittlerer Größe darüber schreiben, über Kommunikation, Missverständnisse, Ortskundig- oder auch Unkundigkeit, das Autobahnnetz rund um Ludwigshafen sowie das präzise plastische Vorhandensein von Autobahnkarten im Kopf, und dass man sich eben auch auskennen kann, ohne je dort gewesen zu sein, ggf. weit besser als jemand, der da seit Jahrzehnten herumgurkt (man verzeihe die kleine Abschweifung; es war übrigens noch weit komplizierter als hier angerissen, aber das würde nun wirklich zu weit führen). Wenn ich irgendwo auf einer Auto- oder Radtour mich verfahren habe, kann es passieren, dass ich nicht nur Karten detailliert überprüfe, sondern zusätzlich da am nächsten Tag noch mal hinfahre (entfernungsunabhängig …), um herauszufinden, woran es denn genau gelegen hat. Auch wenn ich vielleicht nie wieder dort hinkomme, es also eigentlich gar nicht mehr relevant ist. Also, ich verstehe durchaus etwas von 'Erbsenzählereien', ich habe sie sozusagen erfunden (aber eben nicht bei Karl May), insofern sollte ich für Interessen, die sich mit den meinen nicht unbedingt decken, vollstes Verständnis haben.

:wink:

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 17:14
von FritzR
Ohja! Das leuchtet ein! Unmittelbar.

Das egoistische Kind Halef klatscht in die Hände, weil dieser lästige Mitanwärter auf die Zuneigung seines Sidhis weg ist.

KBN empfindet ein leises Bedauern, weil die Zeit der wilden Träume, bei der stes spleenige Briten mitspielten, zuende geht.

Nun ist aber - so meine ich - Sir David nicht nur eine Person, sondern ein Typus; spleeniger Brite eben; wie Eaglenest, Castlepool, und andere und auch Sir John Raffley.

Dieser aber macht in "Et in Terra Pax" bzw "Und Friede auf Erden" eine erstaunliche Entwicklung durch. Er findet die, seine Shen. Und beim Uncle Raffley nimmt man teil an dieser Entwicklung.

Könnte man da nicht sagen, dass May auch die "schrägen Typen" mit ins Alterswerk nimmt? So wie die Schurken, die Treuen, die Unbedarften.

Da ja alle - oder fast alle - Mayfiguren Mayfiguren, also Abspaltungen seiner vielfältigen Perönlichkeit sind, ist das auch gar kein Wunder.

Das Händeklatschen - um nochmals daruf zurückzukommen - ist also so ein Erzählbaustein wie die Nasen, die skurrilen Kleidungsstücke, die stereotypen Redenwendungen, wenn ich mich nicht irre, hihihihi! Das ist doch am den? Verstanden! Dahier!

Ihr habt mir wieder geholfen; danke
Fritz

@Rodger: eins noch und letztes Wort zum "Zwist". Unbesorgt! Ich merk schon, wenn man mir was will. 8)

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 17:42
von rodger
Lindsay ist ein Freund, einer der wenigen. Daß er ein bisschen schräge ist, finde ich (andere mögen es anders sehen) völlig nebensächlich.

Raffley wirkt auf mich wesentlich ausgedachter, künstlicher. Bei Lindsay menschelt es manchmal dermaßen, dass es einem warm ums Herz werden kann. Ggf. mehr als im realen Leben.
Das Händeklatschen - um nochmals darauf zurückzukommen - ist also so ein Erzählbaustein wie die Nasen, die skurrilen Kleidungsstücke, die stereotypen Redenwendungen
Sehe ich nicht so. Händeklatschen ist Händeklatschen (situationsgemäß, von Exaltiertheit über kindliche Freude bis spontaner Begeisterung und sonst etwas ist da allerhand möglich), äußerliche Absonderlichkeiten sind vielleicht Bilder für das Gefühl des Absurden (da könnte man nun längere Abhandlungen drüber schreiben, über Camus u.v.a., aber ich beschränke mich mal auf den einen Satz) und Macken sind Macken.

*

Ich hab’ heute 'Psychogesülz'- & Erbsenzählertag (b.A.):
weil dieser lästige Mitanwärter auf die Zuneigung seines Sidhis weg ist
Das klingt mir nun wiederum Lindsay gegenüber zu kalt und grob. Halef ist ja kein 'schlechter Kerl', will sagen, kein A……… (der letzte Punkt war der des Satzendes) Aber in dem Moment denkt er gar nicht über Konkurrenz oder dergleichen nach, er freut sich einfach (und übersieht dabei, dass das seinem Sihdi gegenüber vielleicht etwas unsensibel ist).
KBN empfindet ein leises Bedauern, weil die Zeit der wilden Träume, bei der stes spleenige Briten mitspielten, zuende geht.
Ich meinte eher er empfindet (neben der Erkenntnis, dass es nicht anders gehen wird) ein leises Bedauern darüber, dass, wenn man eben den „Weg der Erkenntnis“ geht, es naturgemäß zunehmend einsamer um einen wird (wie Reich-Ranicki sehr schön und angenehm unspektakulär leise sagte in der Sendung in der Rolf Hoppe Goethe darstellte). :wink:

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 18:45
von Helmut
Wenn man den Anfang des Silberlöwen III genauer liest, so denke ich (es ist zwar bei mir schon etwas länger her), erkennt man ziemlich deutlich (?), dass der der da auftritt eben nicht mehr der "alte Lindsay" ist. Er kann nämlich plötzlich (einigermaßen) türkisch (oder war es arabisch) und verständigt sich da auch einigermaßen alleine in dem Kaffeehaus. So etwas wäre zu den Zeiten des Orientzyklus nicht passiert, und hätte auch nicht passieren können.
Ich will da nicht zu sehr darauf "herumreiten", aber meiner Meinung nach ist dies durchaus ein (bedeutsames) Indiz dafür, dass May da wohl einiges (und zwar neues und anderartiges) mit ihm vorhatte. Aber offensichtlich hat das (aus welchen Gründen auch immer) nicht funktioniert, und so muss eben Lindsay ziemlich überstürzt und eigentlich vollkommen unmotiviert verschwinden.
Das hat jetzt zwar eigentlich nicht direkt was mit dem Thema zu tun, aber trotzdem wollte ich das mal gesagt/geschrieben haben.

Helmut

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 18:53
von rodger
Mag sein, daß er ursprünglich (als er ihn in Basra auftreten ließ) für später noch mehr mit ihm im Sinn hatte. Aber auch noch nachdem er ihn per Schiff entschwinden läßt ? Glaube ich eher nicht, ist aber natürlich auch nicht auszuschließen.

Übrigens spricht Lindsay auch im "Schut" schon ganz manierlich, siehe

http://www.karl-may-stiftung.de/diskuss ... f=10&t=775 (3. Beitrag in dem Thread)

Lindsay klatscht übrigens auch in die Hände, fällt mir gerade ein (falls ich mich recht erinnere). Um etwas zu bestellen. Womit wir dann doch wieder beim Thema wären.

:wink:

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 19:15
von Helmut
rodger hat geschrieben:Mag sein, daß er ursprünglich (als er ihn in Basra auftreten ließ) für später noch mehr mit ihm im Sinn hatte. Aber auch noch nachdem er ihn per Schiff entschwinden läßt ? Glaube ich eher nicht, ist aber natürlich auch nicht auszuschließen.
Habe ich auch nicht behauptet, sondern eher das Gegenteil
:wink:
Übrigens spricht Lindsay auch im "Schut" schon ganz manierlich, siehe

http://www.karl-may-stiftung.de/diskuss ... f=10&t=775 (3. Beitrag in dem Thread)
Dass er eine der orientalischen Sprachen einigermaßen beherrschte, finde ich erstaunlich (und nicht dass er "manierlich spricht".
Lindsay klatscht übrigens auch in die Hände, fällt mir gerade ein (falls ich mich recht erinnere). Um etwas zu bestellen. Womit wir dann doch wieder beim Thema wären.

:wink:
Eben!

Helmut

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 19:24
von rodger
Helmut hat geschrieben: Dass er eine der orientalischen Sprachen einigermaßen beherrschte, finde ich erstaunlich (und nicht dass er "manierlich spricht".
Wir meinen vermutlich in etwa das gleiche, wobei Du es „eine der orientalischen Sprachen einigermaßen beherrschte“ nennst, und ich die Formulierung "manierlich spricht“ (bzw.: „spricht […] schon ganz manierlich“) benutzte, eben weil es mir um den Unterschied zwischen abhehackt sprechen einst (Band 1) und fliessender sprechen jetzt (Band 6) geht, aber nicht darum, ob das nun Arabisch rückwärts, Balkanesisch westlich oder vielleicht Suaheli schießmichtot sein mag. Auch Karl May hat sich, wie ich ihn kenne, darüber keine Gedanken gemacht.

(Franken[thal]syndrom ... :lol: )

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 20:18
von FritzR
Helmut hat geschrieben:Wenn man den Anfang des Silberlöwen III genauer liest, so denke ich (es ist zwar bei mir schon etwas länger her), erkennt man ziemlich deutlich (?), dass der der da auftritt eben nicht mehr der "alte Lindsay" ist. Er kann nämlich plötzlich (einigermaßen) türkisch (oder war es arabisch) und verständigt sich da auch einigermaßen alleine in dem Kaffeehaus.
In der Tat ist es nicht mehr der "alte Lindsay". KBN staunt höchlich, dass Sir David eine orientalische Sprache gelernt hat. Dies sagt KBN ausdrücklich zu Sir David und der und seine Nase freuen sich wie Schneekönige über Mr. Karas Lob.
Lindsay hat also angefangen, sich zu ändern wie später Raffley auch, aber nicht so weit wie dieser.

Doch betont May/KBN, dass Sir Lindsay das Arabische ebenso abgehackt trakiert wie das Englische. Zum einen wohl, weil er das Arabische nicht geläufig beherrscht und zum anderen, weil diese Redeweise eben sein Sprechstil ist.

Dass May mit Lindsay was vorhatte, lässt sich vielleicht auch daraus schließen, dass es eine Grundsatzdiskussion zwischen beiden gibt, weil Lindsay, ohne KBN zu fragen, drei Schiffsplätze nach Buschir gebucht hatte, währen KBN per Gaul von Basra direkt ins Gebirge wollte. KBN kündigt an, dass, wenn sich solches wiederholt, er seinen Weg alleine gehen werde.
Das deutet meiner Meinung nach darauf hin, dass es im Verlauf der Reise zu einem Bruch zwischen Lindsay und KBN hätte gekommen sein können, den May aber vermied, indem der General Sir David "entführte".

Ist aber bloß Spekulation.

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 20:37
von FritzR
rodger hat geschrieben:Übrigens spricht Lindsay auch im "Schut" schon ganz manierlich,
Ja, aber englisch!

Im Silberlöwen II betont May aber ausdrücklich, dass Lindsay das Arabische eneso abgehackt spricht wie das Englische.

Dabei unterhielt sich der Englishman, welcher jetzt nur zuweilen nippte, ganz ausgezeichnet mit den beiden Trinkern. Er blieb auch im Arabischen, wie er es in seiner Muttersprache gewohnt war, bei seiner eigenartigen, kurz abgerissenen Sprachweise Fassung der KMG S. 16

Was seine Redeweise angeht, hat sich Lindsay also nicht geändert. Er hat nur den Dünkel der Engländer aufgegeben, dass alle Welt Englisch sprechen müsse, wenn er komme.

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 21:24
von rodger
Daß May sich mit [kleinlicher] Logik des öfteren nicht abgegeben hat, wird doch deutlich, wenn man bedenkt (ich denke soeben zum ersten Mal darüber nach, obwohl ich "Durch die Wüste" bestimmt schon zwölf Mal oder vielleicht auch noch öfter gelesen habe; will sagen: so wichtig ist mir so etwas ... (nämlich gar nicht)) daß es doch unlogisch ist, wenn Lindsay in "Durch die Wüste" Englisch spricht und trotzdem radebrecht ... Ich glaube May hat manchmal über so etwas gar nicht nachgedacht, so wie ich das auch nicht tue (weil andere Dinge m.E. viel wesentlicher sind).

Liebe Mitmenschen amüsieren sich ja über sein "Du der Westläufersprache"; so gern ich mich auch mal amüsiere, da kann ich nicht mitgehen; er will an besagter Stelle sagen, daß die Annäherung zwischen den Personen sich mittlerweile auch sprachlich widerspiegelt, darum geht es, und nicht ob das nun zu der Sprache (welche immer es auch sein mag), die sie da miteinander sprechen, "korrekt" passen mag.
Dass May mit Lindsay was vorhatte, lässt sich vielleicht auch daraus schließen, dass es eine Grundsatzdiskussion zwischen beiden gibt, weil Lindsay, ohne KBN zu fragen, drei Schiffsplätze nach Buschir gebucht hatte, währen KBN per Gaul von Basra direkt ins Gebirge wollte. KBN kündigt an, dass, wenn sich solches wiederholt, er seinen Weg alleine gehen werde.
Das deutet meiner Meinung nach darauf hin, dass es im Verlauf der Reise zu einem Bruch zwischen Lindsay und KBN hätte gekommen sein können, den May aber vermied, indem der General Sir David "entführte".

Ist aber bloß Spekulation.
Aber eine sehr einleuchtende Spekulation.

Die angesprochene Szene gefällt mir übrigens sehr gut. Da zeigt Karl May, daß man sich gegenseitig ohne Herumsülzerei die Wahrheit (oder die Meinung) einschenken kann, auch wenn es schon mal wehtut. Und das dem guten Miteinander keineswegs abträglich sein muß.

Ich las kürzlich (in etwa sinngemäß), er sei zu richtigen Freundschaften (bzw. gutem Miteinander) nicht in der Lage gewesen, weil er so anmaßend und rechthaberisch gewesen sei; er hätte sozusagen verlangt, daß er immer 'der Boss' sein müsse und alle nach seiner Pfeife tanzen. Ach wo. Es wird ihm nur an Kommunikationspartnern gemangelt haben, die zu einer Haltung, wie es Erzähler und Lindsay in besagter Passage zeigen, in der Lage waren (vereinzelt gibt es solche, aber leider eben nur vereinzelt).

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 29.10.2008, 23:52
von FritzR
[quote="rodger"]wenn man bedenkt daß es doch unlogisch ist, wenn Lindsay in "Durch die Wüste" Englisch spricht und trotzdem radebrecht ... [quote]

Moooment! Lindsay radebrecht nicht, sondern May lässt ihn in einer sehrsehr wortkargen Sprechweise reden, in einem Jargon einer hochnäsigen, blasierten Gesellschaftsgruppe des generell hochnäsigen Albions, so wie May sich diesen vorstellte.

Der englische General in der Juweleninsel versteigt sich noch weiter darin, sodass er bisweilen ganze Dialoge allein mit dem Wort Yes! bestreitet.

Wenn ein schnöseliger preußischer Offizier auftritt, so kriegt der von May auch einen bestimmten Jargon angebickt.

Baron Zitzewitzwitz 327:

"Mit Majestät unterwegs jewesen. Schlechte Straße. Rad gebrochen. Keine Ersatz. Keine Schmiede. Watt sach ich. Achse ins Arschloch jesteckt. Rad jeschlagen bis Potsdamm."

So auch Lindsay fett:

»Aber mir nicht, lieber Bill! Wiederhole dir, daß diese Männer meine Freunde sind, mit denen ich nach Persien will. Die beiden Plätze gehören ihnen, und ich bin überzeugt, daß es ihnen nicht einfällt, sie dir abzutreten.«

»Gar keine Frage! Das ist abgemacht! Sie mögen sich bei dem Gepäck unterbringen lassen. Dahin gehören sie, nicht zu uns!«

»Bringst mich in Verlegenheit! Unendliche Verlegenheit! Wollen doch erst noch einmal an Bord. Muß
gleich nachsehen, ob das nicht noch anders zu arrangieren ist!«


»So komm!« Er nahm Lindsay beim Arme und zog ihn fort. Dieser ging eine kleine Strecke mit, machte sich dann von ihm frei, kam zu uns zurück und sagte:

»Habt alles mit angehört? Fatale Lage für mich! Ist nahe verwandt mit mir. Hochbedeutender Mann! Vortrefflicher Offizier und Diplomat! Steht in Indien. Hat jedenfalls bedeutende Vollmachten. Muß mich fügen. Was sagt ihr dazu?«

Der gute David that mir unendlich leid. Der reine Mensch kam in ihm mit dem Menschen von Old England in Konflikt. Aber ich konnte ihm doch nichts anderes als nur die Wahrheit sagen:

»Mag dieser Steamer noch so groß sein, für ihn und uns zu gleicher Zeit giebt es keinen Platz an Bord. Ein Zusammenstoß wäre gar nicht zu vermeiden. Orang-Utangs [Orang-Utans] verhalten sich nicht immer so zurückhaltend, wie es jetzt und hier geschehen ist!«

»Richtig! Miserabler Ausdruck von ihm! Bin euch dankbar, unendlich dankbar, daß ihr stillgeblieben seid! Gehe natürlich mit euch viel lieber als mit ihm. Muß ihm aber doch nach! Werde ihm alles genau sagen und vorstellen. Ihr tretet die Plätze also nicht ab?«

»Nein!«

»Well! Habe ihm das klar zu machen. Wartet hier, bis ich wiederkomme. Werde es so kurz wie möglich machen!«
Fassung KMG s. 63
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Wie anders hier:

Als er sich entfernt hatte und ich längere Zeit schweigend vor mich hingeblickt hatte, fragte Lindsay, und zwar in englischer Sprache:

»Warum redet Ihr nicht? Habt wohl schlechte Laune? Was?«

»Bitte, Launen habe ich nie!«

»Woher dann aber dieses Gesicht und diese Augen? Möchte wetten, daß Ihr etwas gegen mich habt.«

»Diese Wette würdet Ihr freilich gewinnen. Aber eine "Laune" ist es nicht. Ich kann überhaupt launenhafte Menschen nicht leiden. Wenn mich etwas verdrießt, sage ich es frei und ehrlich vom Herzen herunter, und dann ist es wieder gut.«

»Well! Also herunter damit! Was ist's?«

»Diese Frage sollte eigentlich gar nicht notwendig sein. Ihr müßtet auch ohne jedes Wort von mir wissen, was ich gegen Euch habe.«

»Kann es mir aber doch nicht denken. Sollte es sein, weil ich die Schiffsplätze genommen habe?«

»Natürlich ist es das!«

»Aber Ihr seid doch darauf eingegangen, ohne darüber zu räsonieren!«

»Dazu hatte ich zwei Gründe. Erstens waren die Plätze bezahlt; man bekommt das Geld nicht wieder; es gab also an der Sache nichts zu ändern. Und zweitens wollte ich Euch nicht vor Halef blamieren.«

»Blamieren? Oho! Das ist ein sehr kräftiges Wort, Mr. Kara!«

»Aber das richtige. Ich halte es für notwendig, Klarheit zwischen uns zu schaffen. Ich liebe es nicht, wenn ohne mein Wissen über mich disponiert wird. Ich bin weder ein Bedienter, über dessen Person man nach Belieben verfügen kann, weil man ihn bezahlt, noch eine Puppe, die sich an Fäden ziehen läßt. Ich will gefragt sein. Das müßt Ihr Euch ein für allemal merken!«

Da zog er die Brauen hoch empor, welcher Bewegung seine erstaunte Nase sofort folgte, und sagte:

»Sollte ich erst hierher laufen, um wie ein Knabe um Erlaubnis zu bitten?«

»Das sind sehr unpassende Worte, Sir. Ihr kennt meine Art, zu reisen. Ich bewege mich nicht auf den breitgetretenen, ungefährlichen Wegen anderer, denn ich will die Bücher, welche ich schreibe, nicht mit den Resultaten wohlfeiler Erkundigungen füllen, sondern nur das erzählen, was ich selbst erlebt, geprüft und gesehen habe. Ich bin keiner der subventionierten Herren, welche unter hohem Schutze mit großem, Aufsehen erregendem Trosse bequeme Pfade ziehen und dann, wieder heimgekehrt, einen Vortrag auswendig lernen, um mit ihm, Stadt für Stadt abklopfend, Geld zu machen. Ich reise, um allüberall, im Urwalde, in der Steppe, der Wüste, im Leben der Verachteten und Bedrängten, im Herzen des sogenannten Wilden die Spuren Gottes, die Wahrzeichen und Beweise der ewigen Liebe und Gerechtigkeit zu suchen, denn meine Bücher sollen zwar Reisebeschreibungen, aber in dieser Form Predigten der Gottes- und Nächstenliebe sein. Darum gehe ich meine eigenen Wege und bewege mich in meiner eigenen Weise; ich lebe und reise von meinen eigenen Mitteln, verlasse mich nächst Gottes Schutz auf meine eigene Kraft und lasse mich von keinem andern Willen als meinem eigenen dirigieren. Wer sich mir anschließt, hat sich in diese meine Eigenheit zu finden, sonst kann ich ihn nicht brauchen. Ich mag nicht das am Zügel gelenkte Pferd, sondern ich will der Reiter sein, und wer da glaubt, wie vorhin Ihr, mich durch ein Fait accompli willenlos und ihm gefügig zu machen, der mag diese Probe nicht zum zweitenmal versuchen; er würde sich in mir täuschen! Ich bin gewohnt, selbständig zu handeln und werde selbst dem besten Freunde nie gestatten, ohne meine Erlaubnis über mich zu verfügen.«

Lindsay machte ein sehr verlegenes Gesicht. Die Falten seiner Stirn bildeten längst schon keine hohen Bogen mehr; er hatte den Kopf gesenkt und die vorher so stolz erhobene Nase war tief zerknirscht zusammengesunken.
»Es war aber ja ganz gut gemeint!« entschuldigte er sich.

»Das weiß ich wohl; drum habe ich in Halefs Gegenwart geschwiegen und Euch nun jetzt unter vier Augen meine Meinung gesagt. Ihr habt Euch früher stets nach mir gerichtet und müßt zugeben, daß dies stets zu Eurem Vorteile war. Seit jener Zeit seid Ihr als selbständiger Mann gereist und habt Euch angewöhnt, zu handeln, ohne andere zu fragen. Das ist der leicht erklärliche Grund Eurer Eigenmächtigkeit, und darum sage ich Euch meine Meinung nicht in zornigen, sondern in ganz ruhigen Worten. Jetzt aber seid Ihr nicht mehr Euer eigener Herr; ich bin nicht Euer, sondern Ihr seid mein Begleiter; das gebe ich Euch zu bedenken.«

»Soll das heißen, daß ich gar keinen Willen haben darf?«

»Nein; aber wenn drei Personen eine weite, beschwerliche und wohl auch oft gefährliche Reise zusammen unternehmen, so versteht es sich ganz von selbst, daß keiner von ihnen ohne Wissen der andern wichtige Bestimmungen treffen darf; es muß alles einmütig geschehen; das ist es, was ich wünsche. Ihr sagtet vorhin, daß man unter Reisegefährten nicht so genau zu rechnen brauche; das ist grundfalsch; ich halte es vielmehr für sehr notwendig, daß jeder Gefährte die Rechte der andern sehr genau beachte und auf sie Rücksicht nehme. Ihr behauptet ferner, es würde eine Beleidigung für Euch sein, wenn wir uns Eurer Anordnung nicht fügten. Ich sage Euch dagegen, daß es eine Beleidigung für uns war, diese Anordnung ohne unser Wissen zu treffen!«

»Well, hm, mag wahr sein! Will es also nur sagen: Ihr solltet nicht zu zahlen brauchen!«
»Das weiß ich ja; aber ist grad der Punkt, wohin ich mein Fragezeichen setze, weil ich nicht wünsche, daß ein Ausrufezeichen daraus werde. Ihr kennt mich da von früher her. Ich will vor allem auch in dieser Beziehung mein eigener Herr sein und teile Euch darum ganz aufrichtig meine Ansicht mit, daß pekuniäre Unselbständigkeit fast sicher auch andere Arten von Abhängigkeit nach sich zieht.«

»Aber, Mr. Kara, ich bin reich, tausendmal reicher als Ihr! Soll ich da nicht das Vergnügen haben, Euch dann und wann etwas zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern, was Euch sonst schwer fallen oder gar unmöglich sein würde? Es ist das für mich ja eine Kleinigkeit, grad so, wie wenn ein Pferd beim Füttern einige Körner verliert, die von einem Sperling aufgetippt werden.«
»Danke herzlich für diesen vortrefflichen Vergleich!« lachte ich.

»War nicht so, sondern anders gemeint! Sehe ein, daß ich auch ein aufrichtiges Wort bringen muß. Hört mich ruhig an!«

»Sehr gern!«

»Wenn ich in meine volle Tasche greife, um einige armselige Piaster für Euch auszugeben, so wollt Ihr mir das nicht gestatten. Ich aber soll es mir ruhig gefallen lassen, daß Ihr in Euern Kopf, in Eure Kenntnisse, in Eure reichen Erfahrungen greift und für mich mit Eurer geistigen, intellektuellen Münze nur so um Euch werft! Münze ist Münze; ob aus den Schätzen Eures Verstandes oder aus unserer Bank von England entnommen, das bleibt sich gleich. Soll ich welche von Euch annehmen, so muß auch ich von der meinigen ausgeben dürfen, wenn
ich mich nicht als armer Almosenempfänger fühlen soll; das müßt Ihr doch einsehen! Oder nicht?«

»Ich will zugeben, daß das, was Ihr da gesagt habt, nicht ohne einige Berechtigung ist, und will, so wie ich es früher nicht war, auch jetzt nicht dagegen sein, daß Ihr zuweilen einmal in Eure wohlgefüllte Tasche greift; aber Ihr dürft damit nicht die Ansicht verbinden, daß dies ohne unser Wissen geschehen kann und gar vielleicht Euch die Berechtigung verleiht, uns wie heut, mit vollendeten Thatsachen, denen wir nicht zugestimmt hätten, zu überraschen. Für diesesmal sollt Ihr unsere nachträgliche Zustimmung erhalten; bei einer Wiederholung dieses Falles aber würdet Ihr nur den Erfolg haben, ohne unsere Gesellschaft auf Eurer Thatsache sitzen zu bleiben. So, nun mag diese heikle Angelegenheit abgethan sein. Ihr habt es gut gemeint und ich meine es mit meinem Tadel auch nicht schlecht, denn ich habe ihn nur ausgesprochen, um späteren Unannehmlichkeiten zu begegnen. Wo habt Ihr denn eigentlich Eure überraschende Kenntnis der arabischen Sprache her?«

Da hellte sich sein verdüstertes Gesicht schnell auf; die Nase machte einen frohen Seitensprung, und er antwortete:

»Nicht wahr, das hat Euch überrascht?«

»Außerordentlich!«

»Habt mir's gar nicht zugetraut?«

»Aufrichtig gesagt, nein.«

»Well! Habe mich auch riesig auf Eure Verwunderung gefreut! Meine Reise damals mit Euch war die schönste und interessanteste von allen, die ich unternommen habe. Ist mir nie aus der Erinnerung gekommen. Sehnte mich förmlich, alle die Orte einmal wiederzusehen.
Fassung KMG S. 30ff

Rodger schrieb: Ich glaube May hat manchmal über so etwas gar nicht nachgedacht, so wie ich das auch nicht tue (weil andere Dinge m.E. viel wesentlicher sind).

Just dies bezweifle ich. Wenn man das "geschäftliche" Gespräch mit dem "privaten" vergleicht, so ist doch mit Händen zu greifen, dass May hier zwei Gesprächssituationen deutlich unterschiedlich gestaltet hat. Und ich denke, er hat sich dabei was gedacht.

Mich wundert diese Unterschätzung des Mayster durch seine Bewunderer.

Re: Frauen klatschen in die Hände vor Freude etc, Männer, um zu

Verfasst: 30.10.2008, 3:18
von Helmut
rodger hat geschrieben:
Helmut hat geschrieben: Dass er eine der orientalischen Sprachen einigermaßen beherrschte, finde ich erstaunlich (und nicht dass er "manierlich spricht".
Wir meinen vermutlich in etwa das gleiche, wobei Du es „eine der orientalischen Sprachen einigermaßen beherrschte“ nennst, und ich die Formulierung "manierlich spricht“ (bzw.: „spricht […] schon ganz manierlich“) benutzte, eben weil es mir um den Unterschied zwischen abhehackt sprechen einst (Band 1) und fliessender sprechen jetzt (Band 6) geht, aber nicht darum, ob das nun Arabisch rückwärts, Balkanesisch westlich oder vielleicht Suaheli schießmichtot sein mag. Auch Karl May hat sich, wie ich ihn kenne, darüber keine Gedanken gemacht.

(Franken[thal]syndrom ... :lol: )
Nein, wir meinen nicht das gleiche (oder gar dasselbe). Lassen wir Karl May sprechen:
Und mehr noch als über die Begegnung an sich, war ich über seine Sprache erstaunt. Wir waren damals so lange, lange Zeit durch die verschiedenesten Gegenden des Orients geritten und hatten hier und da so langen Halt gemacht, daß eine Anbequemung an die betreffenden Sprachen und Sitten doch eigentlich selbstverständlich gewesen wäre; aber es war dem "veritablen Englishman" nicht einmal im Traume eingefallen, sich auch nur etwas von den Gewohnheiten und Ausdrucksweise der Leute, mit denen wir zu vekehren hatte, anzueignen. Weil er Engländer war, glaubte er, in jeder Beziehung durchaus nur englisch sein zu müssen, und gab sich nicht die geringste Mühe, ein türkisches, arabisches oder persisches Wort im Gedächtnis zu behalten.
Silberlöwe III, Seite 9 (in der 2. Fehsenfeldschen Auflage).
(Hast Du das nicht erst kürzlich gelesen? :wink: )

Helmut