Blindheit

markus
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Re: Blindheit

Beitrag von markus »

Karl May litt nicht an einer Geisteskrankheit, er war seelisch krank (nur mal so, damit es nicht immer wieder verwechselt wird).

Ich habe es so gelernt, daß man mit einer Lüge eine bestimmte Absicht verfolgt, meist möchte man einen Vorteil daraus ziehen, wozu sonst wäre eine Lüge gut (auch wenn man nicht lügen darf und die Absicht die man mit einer Lüge verfolgt, oft nicht den erwünschten Effekt eintritt; aber wir lernen ja nie draus, so auch ich habe, wie sicher viele andere auch, schon das eine oder andere mal gelogen, als einen notorischen Lügner würde ich mich nicht bezeichnen). Wenn es gelogen ist daß Karl May blind war, welchen Zweck hätte er damit verfolgt? Er hat weder einen Vorteil, noch einen Nachteil dadurch gehabt daß er blind war, oder daß er behauptete blind gewesen zu sein. Anders sieht es aus bei seiner angeblichen Lüge er wäre Seelenkrank gewesen. Diese "Lüge" (bewußt in Anführungsstriche gesetzt, damit jeder weiß daß ich es keineswegs für eine Lüge halte :wink: ) hätte die Aufgabe gehabt ihn zu rehabilitieren, ihn reinzuwaschen von seiner Schuld als Straftäter. Er wäre ja dann zur Tatzeit nicht Zurechnungsfähig gewesen. Solche Lügen hätten aber nur heutzutage Erfolg, wo so etwas vor Gericht anerkannt wird. Damals zu Mays Zeiten mit so etwas zu kommen, wäre nicht sehr von Erfolg gekrönt gewesen, ob erfunden oder nicht.

Und zu behaupten, wenn einer angeblich fast nur gelogen hat, daß er nie die Wahrheit sagt, so nach dem Motto "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit sagt.", ist einfach lächerlich.
Thomas Math
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Re: Blindheit

Beitrag von Thomas Math »

Ob nun seelen oder geisteskrank ,das ist im Grunde ein und dasselbe.Wobei ich glaube das noch niemand eine Seele.
gesehen hat, es sei denn man meinte ein schmackhaftes,salziges Gebaeck aus dem Westallgaeu.

Trotzdem ich glaube das May an keiner psychischen Erkrankung gelitten hat,mal abgesehen von einem gewissen Narzismus aber darunter leiden glaube ich viele erfolg und vorallem weniger erfolgreiche Autoren.


Was das Luegen ohne Zweck angeht so muss ich leider widersprechen,viele Menschen luegen auch ohne einen fuer den Zuhoerer offensichtlichen Zweck.

Natuerlich war es auch damals anders ob man etwas in geistiger Umnachtung oder im Vollbesitz seiner geistigen Kraefte verbrochen hat.Juristisch mag das keine Rolle spielen aber darum ging es May Jahrzehnte spaeter auch gar nicht,er wollte sich reinwaschen mit einer absurden Behauptung.
Klueger waere gewesen zu sagen das waren Jugendsuenden,eigentlich habe ich nur mir selbst geschadet und seit 30 Jahren habe ich mir nichts mehr zu schulden kommen lassen.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Blindheit

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Mit der Unterscheidung von geistes- und seelenkrank wollte May nur sagen: Er litt nicht an einer (hirnorganisch oder psychotisch bedingten) Denkstörung, sondern an einer psychischen Erkrankung (z. B. einer schweren Depression oder einer dissoziativen Identitätsstörung oder einer dissozialen Persönlichkeitsstörung). Derartige Erkrankungen können u. U. von selbst wieder verschwinden, auch ohne Intervention von außen (ganz abgesehen davon, dass der Häftling May in Waldheim ja eine therapeutische Betreuung erfuhr).

Zum Blepharospasmus: Was im Falle Mays auch immer die Ursache des anhaltenden Lidverschlusses gewesen sein mag, jedenfalls kann es gut sein, dass er unter Blepharospasmus gelitten hat und also nichts sehen konnte und folglich blind war. Dagegen nun anzuführen, May könne nicht blind gewesen sein, weil er ja immer gelogen hat, ist schlichtweg absurd.
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rodger
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Re: Blindheit

Beitrag von rodger »

Ob nun geistes- und seelenkrank, dissoziative Identitätsstörung oder dissoziale Persönlichkeitsstörung („Nennen Ses wie se wollen“, hat mal einer sehr schön zu mir gesagt vor ca. 35 Jahren, als ich ihm in jugendlichem Eifer und „Herr Doktor ich weiß was“-Attitüde mit dem gerade frisch angelesenen Begriff „Zwangsneurose“ kam), ich würde mal so sagen (frisch aus dem intuitiven Bauch heraus): Mays Straftaten (über den Begriff bzw. die Wertung derselben könnte man sich auch noch unterhalten; was sind die Gaunereien eines armen Würstchens gegen die Seidelmänner aus dem "Verlornen Sohn", wie heißt es so schön, die haben gelebt oder leben noch und sind weder Mays noch meine Freunde; aber das wäre ein Thema für sich) wurden begangen (sozusagen) aus einer verletzten Seele heraus sowie einem Bewusstsein nach Art eines „Mini-Raskolnikoff“ (die Formulierung kam mir heute morgen spontan in den Sinn), also einer, der durchaus weiß was er tut, weil er sich seine eigene Moral bastelt, und davon ausgeht, daß das „geht“, was er da tut. Das man damit kräftig auf die Nase fallen kann und irgendwann erkennt (hemdsärmelig ausgedrückt) „Des bringt’s aber nitt, gell“ (denn das Universum hat seine eigenen Gesetze, jenseits kleinkarierter Juristerei ...), haben sowohl der große als auch der kleine sächsische Raskolnikoff einsehen müssen.

In Sachen Blindheit, in der Tat, warum hätte er sich das ausdenken sollen. Vermutlich war es halt ein wenig harmloser, „halb so schlimm“, und er hat es mal wieder ordentlich ausgeschmückt und allerhand drum herum gemacht, dazu neigte er ja lebenslänglich.
Thomas Math hat geschrieben:ich glaube das noch niemand eine Seele.
gesehen hat
Die Strahlen von Tschernobyl und anderswo hat auch noch niemand gesehen … und die Daten des WWW, die wir mittlerweile ohne Kabel und Hotspot per Stick überall verfügbar haben, auch nicht …
Rene Grießbach
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Re: Blindheit

Beitrag von Rene Grießbach »

Thomas Math hat geschrieben:Ob nun seelen oder geisteskrank ,das ist im Grunde ein und dasselbe.
Das ist nun beim besten Willen nicht dasselbe. Dafür aber berühren wir hier eine grundsätzliche Frage, die noch längst nicht geklärt ist und die hier im Forum auch gar nicht geklärt werden kann.
Nämlich die Frage der Anerkennung von seelischen (oder besser: psychichen) Krankheiten als Krankheit überhaupt seitens der gesamten Gesellschaft.
Nach immer neuen Statistiken nehmen psychische Erkrankungen sogar bedingt durch Stresssituationen und anderes immer mehr zu, gleichzeitig werden Menschen mit diesen gesundheitlichen Problemen nach wie vor von der Umwelt oftmals als Simulanten abgestempelt (von Ämtern und andern staatlichen Einrichtungen ganz zu schweigen), weil man ihnen sozusagen ihre Krankheit ja nicht ansieht.
(ich weiß leider sehr genau wovon ich rede)

Und es ist wohl kaum von der Hand zu weisen, dass sich auch Karl May in ausserordentlichen Stresssituationen befand, in verschiedensten Situationen seines Lebens.
Aber trotzdem behaupte ich auch als Nichtmediziner unbedingt, dass er zu keinem Zeitpunkt Geisteskrank gewesen war, wohl aber mit psychischen Krankheitsbildern - von denen übrigens die Depression eine der bekanntesten und leider auch belächeltsten ist - zu kämpfen hatte.
Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Derartige Erkrankungen können u. U. von selbst wieder verschwinden, auch ohne Intervention von außen (ganz abgesehen davon, dass der Häftling May in Waldheim ja eine therapeutische Betreuung erfuhr).
... stimmt, wobei das Verschwinden ohne Behandlung nach meiner Erfahrung kein dauerhaftes ist.
Der Artikel von Ralf Harder beleuchtet dankenswerter Weise nun eine mögliche Eklärung hinsichtlich der Erblindung Karl Mays anhand einer Krankheit, die heutzutage kaum einer überhaupt (noch) kennt.
Wenn wir uns nun in die Situation eines Kindes hineinversetzen, dass auch mit den Augen begonnen hatte, die Welt zu erfahren und das durch eine derartige Krankheit nicht mehr konnte ... nein, da ist ein Hineinversetzen glaub ich vollkommen unmöglich. Aber das dann so etwas auch nicht ohne Auswirkungen auf das psychische Befinden des Kindes sein KANN, liegt wohl auf der Hand.
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rodger
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Re: Blindheit

Beitrag von rodger »

In Sachen Raskolnikoff habe ich gerade im Netz noch etwas sehr schönes gefunden:

"Der russische Originaltitel des Romans lässt sich nicht exakt ins Deutsche übertragen. Der geläufigste Übersetzungstitel ist Schuld und Sühne, trifft mit seiner stark moralischen Orientierung jedoch nicht die russischen Termini, die eher aus dem juristischen Sprachgebrauch stammen. Genauer ist die Übersetzung als Verbrechen und Strafe, die aber wiederum den durchaus vorhandenen ethischen Gehalt der russischen Begriffe nicht ganz erfasst."

Zum einen wegen der thematischen May-Nähe interessant, zum andern vor allem weil es sehr schön zeigt, wie vorsichtig und präzise man mit Sprache umgehen muß (und nicht einfach so ruckzuck verständnisfrei nach irgendwelchen Regeln oder Gepflogenheiten drüberwurschteln kann, wie z.B. Bearbeitern (oder auch Kommentator[inn]en …) aller Art gern noch einmal sonst wohin geschrieben sei) und daß sie sich dann immer noch als letzten Endes unzulänglich erweisen kann …
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Re: Blindheit

Beitrag von Thomas Math »

Rogers Erklaerung,dass May an einer zeitweiligen,minderschweren Sehstoerung gelitten haben koenne und diese dann in seiner Biografie sagen wir mal modifiziert hat,gefaellt mir und macht wohl am meisten Sinn.

Blepharospasm gibt es auch heute noch,es ist eine neurologische Erkrankung,deren Ursache aller wahrscheinlichkeit nach genetisch ist und die man nicht heilen kann,die aber auch nicht zur jahrelangen Blindheit fuehrt.(wie gesagt Rogers Erklaerung trifft wohl am ehesten zu)

Natuerlich kann man Radioaktivitaet messen und das Internet is keine imaginaere Einheit.

Das May an Depressionen gelitten hat bezweifle ich nicht,allerdings glaube ich kaum,dass er eine richtige Behandlung bekommen hat, das fuehrt dann wieder zurueck zu der Medizin des 19.JH.
Dissoziative Persoenlichkeitsstoerung ist eine zutiefst zweifelhafte Diagnose.
Da erscheint mir das Luegen fuer das es ja mehr als genug Beweise gibt denn doch viel wahrscheinlicher.
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Re: Blindheit

Beitrag von rodger »

Thomas Math hat geschrieben: Natuerlich kann man Radioaktivitaet messen
Wir sprachen vom Sehen. Beide.

:wink:
Thomas Math hat geschrieben: und das Internet is keine imaginaere Einheit.
Man sieht dessen Daten auf dem Bildschirm, und irgendwo sind sie gespeichert, aber die Übertragung, wie sie "durch die Luft fliegen", wie ich gerne sage, die sieht man nicht.

Die Seele sieht man auch nicht. Allenfalls deren Ausdruck. In Augen. In Texten. U.a.

:wink:
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Re: Blindheit

Beitrag von Thomas Math »

Eine Seele kann man aber auch nicht messen und mit dem mystischen habe ich es nicht so,ich jedenfalls habe waehrend meiner Kurse in Anatomy and Pathology nie eine Seele gesehen.
Ich glaube an Seelen genausowenig wie an sagen wir mal Hexen.
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rodger
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Re: Blindheit

Beitrag von rodger »

Thomas Math hat geschrieben:mit dem mystischen habe ich es nicht so
So "mystisch" finde ich das gar nicht ... Ich stehe auch mit beiden Beinen fest auf der Erde (auch wenn es vielleicht gelegentlich einen anderen Eindruck erwecken mag ...). Aber wenn wir wirklich nur Fleisch, Blut, Wasser usw. wären, das wär' doch irgendwie ein bißchen fad, oder ? ("Biochemie mit Überbau" formulierte Hanns Dieter Hüsch; auch nicht übel)

:wink:
Thomas Math hat geschrieben:ich jedenfalls habe waehrend meiner Kurse in Anatomy and Pathology nie eine Seele gesehen.
Wenn man sie generell nicht sehen kann, warum soll man sie dann ausgerechnet bei solchen recht nüchternen Veranstaltungen zu Gesicht bekommen ...

:lol:
Thomas Math hat geschrieben:Ich glaube an Seelen genausowenig wie an sagen wir mal Hexen.
Letztere laufen aber doch relativ oft um einen herum ...

:lol:

(Leider meistens nur die profanere Variante.)

:wink:
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Ralf Harder
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Re: Blindheit

Beitrag von Ralf Harder »

Thomas Math hat geschrieben:Blepharospasm gibt es auch heute noch,es ist eine neurologische Erkrankung,deren Ursache aller wahrscheinlichkeit nach genetisch ist und die man nicht heilen kann,die aber auch nicht zur jahrelangen Blindheit fuehrt.
Noch einmal: Unter der von Ihnen genannten Form von "Blepharospasmus" litt May nicht.
markus
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Re: Blindheit

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:
Thomas Math hat geschrieben:Ich glaube an Seelen genausowenig wie an sagen wir mal Hexen.
Letztere laufen aber doch relativ oft um einen herum ...

:lol:

(Leider meistens nur die profanere Variante.)

:wink:
Fragt sich nur welche Variante du als profan bezeichnest :wink: .
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rodger
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Re: Blindheit

Beitrag von rodger »

Die, bei denen die Bezeichnung eher oberflächlich-despektierlich gemeint ist ...

:wink:
markus
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Re: Blindheit

Beitrag von markus »

Achso die, ja, aber die sind nicht immer oberflächlich, manchmal gehts schon ganz tief rein, aber nur kurz, dann müssen se nämlich wieder nach oben, um Luft zu schnappen... :lol: .
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rodger
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Re: Blindheit

Beitrag von rodger »

Nicht oberflächlich. Oberflächlich-despektierlich. Und nicht die Frauen, sondern die Bezeichnung. Gemeint.

(So ist das. Da denkst du zwecks klarer sein sollender 'Message' über Doppelwort-Formulierungen nach, mit und ohne Bindestrich, und dann nehmen sie doch nur die eine Hälfte und beziehen es auch noch falsch ...)

:lol:

Reden wir lieber wieder über die Fakten. Blind oder nicht und warum, fünfundzwanzig Fachbezeichnungen undsoweiter ... aber da kann ich dann nicht mithalten. Ist ein Dilemma.

:wink:
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