Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist eine Figur nie reine Fantasie, aber auch nie ganz Real. Eine Mischung aus beiden. Mal gehts mehr in die eine, mal mehr in die andere Richtung. Th'is clear.
So'sts. (Heinz Erhardt)
markus hat geschrieben:in den Humoresken ist es so und der arme Held kommt nur an seine Angebetete durch eine Mitgift die er meist zufällig im Hause der Schwiegereltern in spe findet. Aber (Verzeihung vielmals!) wir kommen vom Thema ab.
Macht ja nichts. Wir kommen auch wieder zurück. Wir sind ja nicht im Schrebergarten wo sie gleich Alarm schlagen oder einen Herzkaschperl kriegen wenn einer mal unbotmäßigerweise ein Gänseblümchen in die Hand nimmt oder einen Zentimeter zu weit harkt ...

Das ist eine üble Sache mit den Geldfunden in den Humoresken. Wie ich meinen May kenne, hat er da den Leuten eine Art Kuckucksei ins Nest gelegt, ohne daß sie das merken und vielleicht auch merken sollen ... eben [teilweise ... ] nicht merken sollen ...

Was ist denn das für eine Basis, wenn eine Verbindung nur zustande kommen kann, wenn Geld da ist ... erbärmlich ... das kann er doch nicht wirklich so gemeint haben, daß dann sozusagen alles gut und schön sei ... M.E. spricht die Bitterkeit seiner Weltwahrnehmung da heraus, und er kriegt es hin das den Leuten als "Happy End" zu verkaufen ... da gibt es eine Geschichte in den 'Erzgebirgischen', da baut das 'Glück' junger Leute am Ende auf Lebenslüge, Lug und Trug auf, unter anderem wird ein Mord vertuscht ... als ich dazu seinerzeit die Interpretation im May-Handbuch las (meinerseits sehr verkürzt in etwa: so sei es schön und recht ...) ist mir der Mund offen stehengeblieben ... ähnlich bei der "Seehundsjagd", da stand die Interpretation im Jahrbuch von 75 ... (nun gut, das ist wie in der Sache mit der Leichenhalle, man kann den Zynismus der Situation wahrnehmen, die Eiseskälte außen wie innen, und man kann so etwas wie Geborgenheit wahrnehmen, May läßt das in der Tat offen, in der Leichenhalle wie bei der Sache mit der kleinen Robbe ...)
rainer gladys
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rainer gladys »

rodger hat geschrieben:Das, lieber Herr jetzt hab' ich den Namen vergessen, der Hadschi-Halef-Erkenntnistheoretiker halt, also das, lieber Herr Sowieso, war jetzt Ironie & Selbstironie. In Kombination.)) oder wenn erkennbar ist, daß es dem / den anderen nur um Ausgrenzen, Draufhauen, Wegharken, 'Klassenkeile' geht, und man sich differenzierte Argumentation aufgrund Überforderung und / oder Sich-sperrens der Gegenseite gleich in die Haare schmieren kann, zu viel Emotion, zu viel Getöse, zu viel Geschrei … wie kürzlich in einem schlechten Traum ...
Der Name ist rainer, und wenn ihr nichts dagegen habt, möchte ich bei Vornamen und du bleiben. (Ich werde dadurch auch garantiert nicht hämischer als ich sonst bin).
Ich möchte Rodgers Antwort auf meinen letzten Beitrag nicht einzeln auseinandernehmen, so etwas artet zu schnell in unproduktivem Kleinkrieg aus, und daran liegt mir (auch wenn es anders wirken mag) überhaupt nicht.
Nur zu einem Missverständnis mus ich etwas klären: Meine Ausssage, dass es keine Parallele im weiteren Werk von May gibt, bezog sich auschließlich auf die Aussage, die abschätzige Beurteilung des Protagonisten durch andere sei ein Zeichen von Selbstironie. Dass es durch aus Selbstironie gibt, habe ich durch den pauschalen Hinweis auf Halef eingeräumt.
Dieses Beispiel wegzuwischen, nur um durch eine Liste von detaillierteren Beispielen das eigenen enzyklopädische Wissen über alle Mayschen Figuren und Szenen zu zelebrieren, halte ich für albern. Und dann im gleichen Zug zu behaupten, es sei ja eine Selbstverständlichkeit, dass Halef nichts anderes als eine selbstironische Spiegelung sei, ist nicht nur eine Polemik, um mich zu disqualifizieren, sondern gerade von Rodger, der ja jeder Figur unzählige Ebenen verleihen möchte, unredlich.

Vielleicht können wir mehr beim Thema und bei der Selbstironie bleiben. Auch wenn es dir "etwas albern vorkommt" einmal genau das aussprechen zu müssen, worüber wir hier überhaupt diskutieren, finde ich das sehr nützlich, um nicht aneinander vorbeizureden. Können wir bei den konkreten Aussagen bleiben? In dem Brief steht, dass Charly dumm sei, anspruchslos und leichtgläubig. Du behauptest, das sei eine Selbsteinsicht Mays. Wenn man das akzeptiert, ist die Stelle in der Tat selbstironisch (und zwar von May, aber nicht vom Erzähler dazu ganz unten noch etwas).
Ich bezweifle das aus biographischen und werkimmanenten Gründen:
Ich glaube (lasse mich aber gern eines besseren belehren), dass May zur Zeit der Niederschrift diese Teile seiner Persönlichkeit nicht reflektiert hat. Ich kann die ganzen Charley-Sendador-Jaguar-Verflechtungen sehr gut nachvollziehen und finde das auch sehr interessant. Aber ist May 1888 wirklich schon "so weit". Klar, 10 Jahre später, im Silberlöwen etc. geht er intensiv auf Münchmeyer, Emma etc ein, aber hier, so glaube ich, ist ihm das alles noch nicht so bewusst. Wie gesagt: Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen, aber nicht nur durch Gefühle sondern nur durch Belege.
Außerhalb der biographischen Ebene, und die Werke als Gesamtheit betrachtet, muss ich noch mal auf darauf zurückkommen, dass May immer wieder mit dem Unterschied zwischen Sein und Schein spielt. Worin besteht der Unterschied zwischen dieser Stelle und Sam Hawkens' Einschätzung des Greenhorns Sharlih, oder der durch seine Reisegefährten am Anfang von Old Surehand oder an den zahlreichen anderen Stellen, bei denen es immer darum geht, dass der Protagonist unterschätzt wird, weil er nach Äußerlichkeiten beurteilt wird? Er findet es eigentlich immer sehr amüsant und "famos".

Noch eine kurze Anmerkung zu May/Erzähler: Ein Beispiel, warum ich die beiden trennen möchte: May hat im Gefängnis gesessen und es mit der Hilfe eines Pfarrers geschafft, "die Biege zu kriegen". Der Erzähler hat das alles nicht erlebt. Er wird ja erst jetzt mit solchen Situationen und Personen konfrontiert. Auch hier wäre ich für ein Gegenbeispiel in der Art von "ich konnte den Sendador verstehen, denn ich selbst stand einst an einem Wendepunkt meines Lebens und hätte einen ähnlichen Weg wie er einschlagen können". Gibt es das?
markus
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von markus »

*Hüstel*
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

rüdi seinem lieben rainer

(daß ich ausgerechnet bei meinem "alten Freund" EAS mal eine Anleihe machen würde für einen dummen Spruch, hätte ich auch nicht unbedingt gedacht ...)

Was ist das wieder für eine Argumentation in Sachen Beispiele usw. ... Herrgottnochmal, ich habe Stellen erwähnt, wo es eben ähnlich gelagert ist ...

Und das weitere, lassen wir's ... wir reden aneinander vorbei, "ticken" unterschiedlich, das hat keinen Sinn ... bzw., dazu habe ich keine Lust ...
ich konnte den Sendador verstehen, denn ich selbst stand einst an einem Wendepunkt meines Lebens und hätte einen ähnlichen Weg wie er einschlagen können
Wenn May so einen simplen Quark schreiben würde, würde ich ihn nicht lesen ... Er macht das ganz anders. Das ist der Reiz. (Unter anderem). Punkt.

(die ganze Sache mit dem Ausgrenzen usw. bezog sich natürlich überhaupt nicht auf Sie, das hätten Sie nicht zitieren brauchen ...) (ich duze oder sieze in Foren übrigens nach Gefühl & Lust & Laune, nebenbei gesprochen ...)
Zuletzt geändert von rodger am 27.1.2011, 12:14, insgesamt 2-mal geändert.
markus
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von markus »

Rüdiger hat seinen neuen FritzR. :mrgreen: (aber neu ist er ja nicht gerade, er fängt nur jetzt erst so richtig an zu schreiben :shock: ).
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

Auf eine Stelle möchte ich denn doch noch eingehen,
Worin besteht der Unterschied zwischen dieser Stelle und Sam Hawkens' Einschätzung des Greenhorns Sharlih, oder der durch seine Reisegefährten am Anfang von Old Surehand oder an den zahlreichen anderen Stellen, bei denen es immer darum geht, dass der Protagonist unterschätzt wird, weil er nach Äußerlichkeiten beurteilt wird?
Der Unterschied besteht darin, daß er in oben genannten Fällen weiß, daß die anderen sich irren, während er im Briefbeispiel (und, vergleichbar, den anderen Beispielen ...) vor sich selber einräumt, daß sie durchaus Recht haben ... sie ziehen halt nur die falschen Schlußfolgerungen, weil sie es sich halt viel zu einfach machen ... das hat man [im Leben] häufiger ...
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

In dem Brief steht, dass Charly dumm sei, anspruchslos und leichtgläubig. Du behauptest, das sei eine Selbsteinsicht Mays. Wenn man das akzeptiert, ist die Stelle in der Tat selbstironisch (und zwar von May, aber nicht vom Erzähler
Daß die Selbstironie die Mays ist und nicht die des Erzählers, ist doch völlig klar, ich habe niemals etwas anderes behauptet ... oder, präziser: an der Stelle ist die Selbstironie des Autors die interessantere als die [denkbare] des Erzählers ...

Von Selbsteinsicht in Zusammenhang mit "dumm" habe ich übrigens keinen Ton gesagt bzw. geschrieben ... May mag manchmal leichtgläubig sein, meinetwegen auch manchmal etwas einfältig (weil z.B. viel zu offen usw. ...), aber dumm wohl nicht ...

8)
rainer gladys
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rainer gladys »

rodger hat geschrieben:Auf eine Stelle möchte ich denn doch noch eingehen,
Worin besteht der Unterschied zwischen dieser Stelle und Sam Hawkens' Einschätzung des Greenhorns Sharlih, oder der durch seine Reisegefährten am Anfang von Old Surehand oder an den zahlreichen anderen Stellen, bei denen es immer darum geht, dass der Protagonist unterschätzt wird, weil er nach Äußerlichkeiten beurteilt wird?
Der Unterschied besteht darin, daß er in oben genannten Fällen weiß, daß die anderen sich irren, während er im Briefbeispiel (und, vergleichbar, den anderen Beispielen ...) vor sich selber einräumt, daß sie durchaus Recht haben ... sie ziehen halt nur die falschen Schlußfolgerungen, weil sie es sich halt viel zu einfach machen ... das hat man [im Leben] häufiger ...
Bitte nicht als Kleinkariertheit abtun, aber: wo räumt er das ein? Machst du das nur an dem "famos" fest?

rodger hat geschrieben:Von Selbsteinsicht in Zusammenhang mit "dumm" habe ich übrigens keinen Ton gesagt bzw. geschrieben ... May mag manchmal leichtgläubig sein, meinetwegen auch manchmal etwas einfältig (weil z.B. viel zu offen usw. ...), aber dumm wohl nicht ...
Das "dumm" habe ich aus dem Brief (eigentlich sogar "stockdumm"). Ich habe in meine Liste alles aufgenommen, was ich an Beurteilungen dort gefunden habe.
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rodger
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

rainer gladys hat geschrieben:
Bitte nicht als Kleinkariertheit abtun, aber: wo räumt er das ein? Machst du das nur an dem "famos" fest?
An dem "famos[en]" mache ich es gar nicht fest ... es steht nicht im Text, es steht im Subtext ...
Das "dumm" habe ich aus dem Brief (eigentlich sogar "stockdumm"). Ich habe in meine Liste alles aufgenommen, was ich an Beurteilungen dort gefunden habe.
Ja, ich weiß. Ich wollte nur klarstellen was er mit Recht auf sich beziehen kann und m.E. auch bezieht und was nicht ...
Rene Grießbach
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von Rene Grießbach »

rodger hat geschrieben:
Ende der Passage "daß die weiche Erde mir über den Füßen zusammenging"
Eben. Und Krokodile, Dunkelheit, Schlingpflanzen ... usw. ...

Ich seh' sie da hocken, in Waldheim oder wo das war ...


Das gute an einem relativ ruhig verlaufenden Arbeitstag ist, dass man auch Zeit findet, über Dingen nachzudenken, die mit dem Job nichts zu tun haben. In den Genuß kam ich heute und ließ mir da nochmal die Sache mit dem Sumpf durch den Kopf gehen.
Und rodgers Erwähnung der Krokodile usw.
Mir will scheinen, damit ziehst du eine Querverbindung zum Beispiel zum Madentraum in "Im Reich des Silbernen Löwen", Band 3 (ode 4?)

Ich hab mir die Argumente noch mal genau durchdacht und eben noch mal teilweise durchgelesen, was hier dazu gesagt wurde.
Nun, letztendlich kann ich die Meinung, dass da was autobiografisches drinsteckt, nicht teilen. Für mich bleibt diese Sumpfszene eine gut geschilderte Beschreibung der Gegend, in der sie handelt, ohne eine tiefere psychologische Bedeutung außer der, dem Leser Flora und Fauna eines Landes zu schildern, dass der Autor, wie so vieles anderes auch, aus Büchern genau kannte.
Wer von uns nun recht hat in dieser konkreten Frage, weiß ich nicht aber ich glaube, dass das nicht schlimm ist. Stehen eben verschiedene Ansichten nachlesbar im Internet :wink:
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

(sinkt enttäuscht in seinen Sessel zurück, indes nur innerlich, die äußere Haltung bleibt [sich] gleich, wir sind ja nicht bei Paul Dahlke und 'Romanze in Moll' und der Glasplatte ...)

Ok ... Deine Sünden sind Dir vergeben ...

:mrgreen:

Noch amol, ich persönlich zweifele nicht daran, daß ... aber das habe ich ja alles schon [mehr oder weniger vergeblich] vorgetragen.

Friede sei mit Dir.

:mrgreen:
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

Rene Grießbach hat geschrieben: Mir will scheinen, damit ziehst du eine Querverbindung zum Beispiel zum Madentraum in "Im Reich des Silbernen Löwen"
Nein, daran dachte ich nicht. Krokodile sind Krokodile, Sumpf ist Sumpf, und Maden sind Maden ... (nicht mißverstehen. Gemeint ist, selbstverständlich im Ernst, trotz des abschließend vorgesehenen Smileys: das, was mit den Krokodilen gemeint ist, ist das, was mit den Krokodilen gemeint ist, das, was mit dem Sumpf gemeint ist, ist das, was mit dem Sumpf gemeint ist, und das was mit den Maden gemeint ist ist das was mit den Maden gemeint ist.)

8)

:D
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

Das Wort hat der Abgeordnete Ilmer,
»Halt! Sie reiten ins Verderben!« Mit diesen wirkungsvollen, aufrichtigen und überraschende, unerwartete Wendungen einleitenden Worten führt sich ein Laienbruder ein, der allen Situationen gewachsen ist und der für den Erzähler, als dieser sich nach äußerster Anspannung seiner Kräfte in schier auswegloser Lage befindet, zum Retter wird. Besser hätte Karl May seine Schuld an den GefängnisKatecheten Kochta kaum abtragen können. Kochta bewahrte ihn vor den ihn jagenden Mächten des Bösen und erwies sich als weit über einen etwa nur provinziellen Horizont hinaus lebenskundig. Ein Mann, den ein vom Erzähler knapp angedeutetes hochinteressantes Geheimnis umgibt, das nie gelüftet wird: Sinnbild jenes dem Katecheten Kochta zugeschriebenen Wissens um »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«, das er seinem Schützling vermittelt. Ein angebliches Buch dieses Titels ist nie entdeckt worden - doch daß von Kochta bedeutende Impulse auf May übergingen, ist unstreitig. Ihm räumte Karl May in seinem Seelenleben daher gern einen bedeutenden Platz ein - und folgerichtig findet Kochtas starker Einfluß auf den Gefangenen seinen Ausdruck in Frater Hilarios, des Bruders Jaguar, ungewöhnlicher Körperkraft und in der Macht seiner brennenden Augen. Mays stetige, unverbrüchliche Bindung an eine weltoffene Religion, jenseits aller Konfessionen und Rituale, wird erkennbar. Als zusätzliche Konsequenz ergibt sich, daß Bruder Jaguar - als einziger der Reisegefährten (den Sendador immer ausgenommen) - ein kaum hinter dem Erzähler zurückstehender Protagonist ist, dem die Führerschaft des Trupps glaubhaft zuzutrauen wäre. Erzähltechnische und psychogene Gründe lassen dies freilich nicht zu - doch wird durch betont respektvolles Verhalten vor dem Frater, durch Herausstellen seiner Vorzüge, wettzumachen gesucht, daß der Erzähler den ihm vom Bruder Jaguar willig eingeräumten Vorrang einem geschickten Trick verdankt: Das zweite Fortnehmen des Hutes von der Bank spiegelt noch einmal schalkhaft den Übermut des auf den Bluff angewiesenen Hochstaplers: »Seht ihr, so laßt ihr euch täuschen!«
(http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... 79/213.htm)
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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

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Re: Am Rio de la Plata / In den Cordilleren

Beitrag von rodger »

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