Gallimathias

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rodger
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Beitrag von rodger »

Wenn einer dumm daherredet und alles durcheinanderbringt, dann ist die Predigt ein richtiger Gallimatthias.
Gab es da nicht mal eine Kandidatin, nach deren selbstbewußtem Vortrag der Begriff erstmals benutzt wurde, und die später umsattelte, irgendwas mit Verlagen ?

:mrgreen:

:lol:
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Wolfgang Sämmer
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Beitrag von Wolfgang Sämmer »

Vielen Dank für alle Antworten!

rodger schrieb:
Und heute morgen ist mir der arme Junge tatsächlich beim Lesen in "Und Friede auf Erden" schon wieder begegnet.
Ich zitiere die entsprechende Stelle aus der Werke-CD:
Er zog ein Paket von mehr als zwanzig vollgeschriebenen Papierbogen aus dem Kaftan und gab es mir. Es enthielt englische Worte und Redensarten mit der arabischen Uebersetzung, natürlich in arabischer Schrift geschrieben, für mein Auge ein wahrer Gallimatthias, in dem ich mich nicht zurechtfinden konnte.
[Karl Mays Werke: Und Friede auf Erden!. Karl Mays Werke, S. 64145
(vgl. KMW-V.2, S. 103)
http://www.digitale-bibliothek.de/band77.htm ]
Beim ersten Suchen ist mir diese Stelle entgangen, weil "der arme Junge" sich in diesem Fall mit Doppel-t schreibt.
Franz Cantor
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Beitrag von Franz Cantor »

Im Zusammenhang mit der May-Lektüre war mir der Begriff "Gallimathias" überhaupt nicht (mehr) geläufig.
Andererseits habe ich den Begriff von einem Kollegen, der 1949 geboren wurde, vor ca. 30 jahren mehrmals gehört: "was hat der wieder für einen gallimathias abgesondert".
Wenn ich dran denke, werde ich ihn nochmal fragen.

Mein Liebknecht-Fremdwörterbuch von 1913 liefert folgende Erklärung:

Gallimathias,
m., Wortgewirr, Unsinn, Mischmasch (wörtlich heißt Gallimathias: der Matthias des Hahns; zur Erklärung des Wortes erzählt man, jemand, der habe melden wollen, daß der Hahn des Matthias verloren gegangen, habe in der Verwirrung sich versprochen und gesagt, der Matthias des Hahns: lateinisch galli Matthias sei verschwunden).
Sandhofer
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Beitrag von Sandhofer »

rodger hat geschrieben:Im Fall der "Geographischen Predigten" verhält es sich, was die Werke-CD angeht, ganz ähnlich. Es gibt dort einen gemeinsamen Obertitel "Geographische Predigten. Aufsätze, Gedichte und Rätsel", und unter dem sind unter anderem die "Geographischen Predigten" und das "Buch der Liebe" zu finden.
Ja. Und die Zitierfunkiton geht - warum weiss vielleicht nicht einmal der Programmierer - auf den Obertitel. (Dieses Versehen in den Predigten ist nämlich mir passiert. Dabei kannte ich diesen Schluckauf der DB-Software schon ... :oops: )

@Wolfgang Sämmer: Ja, ich kannte den Galimathias. Liegt vielleicht daran, dass ich bevorzugt 19. Jahrhundert und frühere lese ...

"Chuderwelsch", @marlies, trifft's übrigens nicht genau. Ein Galimathias ist ein gelehrtes Kauderwelsch. Durchaus so etwas, wie es Hobbel-Frank ständig verwendet.
Jabberwock
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Beitrag von Jabberwock »

Nun, mir ist der fragliche Begriff durchaus geläufig und ich verwende ihn auch in meiner eigenen Korrespondenz (natürlich nur, wenn angebracht)

Martin Schwarz
marlies

Beitrag von marlies »

:lol:
haette ich nicht gedacht :lol: gelehrtes und ungelehrtes Chuderwelsch ... irgendwo stimmts auch wieder, vom Hobble-Frank kann man manches lernen ... was ich von manchem 'echt Gelehrten' (lese: 'Expert') nicht sagen kann.

Den thread hier bookmark ich damit ich meinen Weg zum Gallimathias wiederfinden kann wenn ich zu den 'anderen' Jugenderzaehlungen' komme. Ich denke gegen ende 2009 - optimistisch gesehen - ich hab nur zwee Haende...aber was schoeneres als den Karle uebersetzen hab ich bis jetzt noch nicht gefunden.

Jetzt gemma zurueck zu dem Megatherium im Gran Chaco ...

:lol:
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sven.becker.kiel
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der richtige

Beitrag von sven.becker.kiel »

Salvete carrisimi!

Der richtige Gallimathias (galli Mathias)wäre
ein gallus Mathiae.

Der Versprecher muss den mittelalterlichen
Zeitgenossen so ähnlich vorgekommen sein
wie uns vielleicht diejenigen des Drehverworters
Dimitri Stupakis (Der Schuh des Manitu).

Benevolentia fati vobiscum

Sven
marlies

Beitrag von marlies »

galli...gallus... das toent schon verdaechtig nach 'Gallier' und Asterix und Obelix ... :wink:
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rodger
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Beitrag von rodger »

Zum Beispiel, ja.

„Hier stehe ich, ich kann nicht anders“

sagte bekanntlich Phallus Galliläi,

oder verwechsele ich da wieder irgendetwas,

fragt sich

mit den besten Empfehlungen

Hoppel Frank, Drehwortverehrer

(Gast-Beitrag)


Kommen wir auch noch einmal zur Sache mit dem Nashorn zurück, von wegen VW undsoweiter nichtwahr. Über die Hölderlinsche Formulierung „Mir Unglücklichem aber“ am Anfang eines Satzes stolperte 1976 in Karlsruhe bei Theaterproben ein offenbar nicht sonderlich sprachgewandter Mitarbeiter, worauf ein anderer hilfreich erläuternd erklärte, „Stell dir einfach vor du würdest sagen, Mir Unglücklichem aber ist heute morgen mein VW stehengeblieben“. Worauf ein Dritter einwarf, „Wenn Du jetzt statt VW Nashorn (Galliläi) gesagt hättest, wäre es noch anschaulicher gewesen“ …(Mag sein, dass er statt Nashorn etwas anderes gesagt hat und den geklammerten Zusatz weggelassen, aber soviel künstlerische Freiheit muß schon mal sein.)

(Geht wieder in seine Einsiedelei)
marlies

Beitrag von marlies »

...womit wir auch in diesem thread by den Flintstones angekommen waeren...jabadabadooo :lol: weil...eben...unter dem Morgenstern sein Gigantochelonia ist da was janz andersch darunter ... nu geh ich man wieder buddeln ...
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Wolfgang Sämmer
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Re: Gallimathias

Beitrag von Wolfgang Sämmer »

In seinen speziell für die Jugend geschriebenen Erzählungen geht Karl May mit viel pädagogischem Geschick zu Werke. So läßt er in ihnen etwa auch Hobble-Frank auftreten. Der sympathisch gezeichnete Frank weiß viel, bringt allerdings laufend sein Wissen durcheinander. "Einen Gallimathias vorbringen" nennt Karl May das einmal. Der jugendliche Leser, insbesondere der Gymnasiast, an den die Erzählungen im „Guten Kameraden“ vornehmlich gerichtet sind, hatte doch in der Schule gelernt, daß Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig besiegt wurde und nicht, wie von Hobble-Frank behauptet, in der Schlacht bei Cannae. Der Autor sowieso, der dem jungen Leser das Aha-Erlebnis verschafft, aber auch der junge Leser selbst versteht diesen Gallimathias, indem er ihn durchschaut und es besser weiß. Das ist, folgen wir den Worten E. T. A. Hoffmanns, gar nicht so selbstverständlich. Denn:
Irgendein geistreicher französischer Dichter sagt, es gebe zwei Arten von Gallimathias, einen solchen, den Leser und Zuhörer nicht verständen, einen zweiten höhern, den der Schöpfer (Dichter oder Schriftsteller) selbst nicht verstände. Von dieser letztern sublimern Art ist der dramatische Gallimathias, aus dem mehrenteils die sogenannten dankbaren Rollen im Trauerspiel bestehen. – Reden voll hochtönender Worte, die weder der Zuhörer noch der Schauspieler versteht, und die der Dichter selbst nicht verstanden hat, werden am mehrsten beklatscht.
(E. T. A. Hoffmann: Prinzessin Brambilla)
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rodger
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Re: Gallimathias

Beitrag von rodger »

Gallimatthias, in welcher Schreibweise auch immer, endlich einmal ein einigermaßen interessantes Thema ... der Zeitgeist ist ätzend-dröge und die Hirne / Bewußtseinsinhalte entsprechend langweilig / phantasielos genug ... und ob der Begriff im 17., 19. oder sonst was für einem Jahrhundert entstand, wie verbreitet er war oder auch nicht, das bleibt sich alles gleich ...

*

Die von Ihnen genannten Fälle waren jetzt die wo der Blödsinn Absicht ist und das gemerkt wird und gemerkt werden soll, und die wo es nicht Absicht ist. Bei letzteren wäre noch zu unterscheiden zwischen denen wo das Publikum dem Vortragenden überlegen ist (Hobble Frank) und denen die Hoffmann meint.

Es gibt auch die Fälle, wo der Blödsinn Absicht und eben kein Blödsinn ist, das Publikum das aber nicht merkt. Vom - nachvollziehbaren - Mißverstehen bzw. für einen Fehler halten einer Formulierung wie z.B. "getötet oder gar verwundet" auf sozusagen etwas höherem Niveau bis hin zu etwa der Mitteilung, Herr H. habe diese und jene Rolle gespielt (letztere Bemerkung bezieht sich auf ein verblüffendes Erlebnis in einem anderen Forum vor fünf oder sechs Jahren. Da hatte der Vortragende gefragt, ob Herr H. in der Gerichtssendung wegen seiner Darstellung des M. / S. zu E. angeklagt werde. Woraufhin ihm tatsächlich anderslautende Auskunft erteilt wurde.)

Dies ist, so befürchte ich, meistens so ... was habe ich da schon erlebt ... ("Sie machen sich keinen Begriff"; HD Hüsch)

Eine Kollegin hat einmal, um nicht von jedem darauf angesprochen zu werden, ein Schild "Nein, ich habe nicht Geburtstag" an einen Blumenstrauß gemacht, den sie geschenkt bekommen hatte und der an ihrem Arbeitsplatz stand. Und dann kam jemand herein, las nur "Geburtstag" und gratulierte laut und penetrant ...

Das ist in etwa ein Beispiel dafür, wie Kommunikation so vor sich zu gehen pflegt... Du reißt dir Arme und Beine aus und erklärst und erklärst und erklärst, und die Leut' verstehen nix. Ich wiederhole: Nix. Meerschtenteels.

Zu den von Hoffmann genannten Fällen sind mir heute morgen Neujahrsansprachen von Präsidenten (u.ä.) eingefallen, irgendwo in Südamerika versteht sich, daher habe ich "Präsident" auch nicht weiter präzisiert ... wobei allerdings noch zu unterscheiden wäre zwischen den schauspielernden Präsidenten (da gibt es große Begabungen ...) und denen die wirklich glauben was sie da erzählen (und es nicht wirklich verstehen) ...

:wink:

(Jetzt habe ich lange überlegt ob ich das "wo" jeweils so stehen lassen soll. Ja, lasse ich so stehen. Klingt richtiger, auch wenn es nicht "korrekt" sein mag.)
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