Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

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rodger
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Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

Erste Begegnung mit Marah Durimeh in „Durchs wilde Kurdustan“;

In der „Hausschatz“-Fassung (zitiert nach den Internetseiten der KMG) sowie in der ersten Buchausgabe stand übereinstimmend:

Ich schaute nach dieser Gegend hin und sah eine alte Frau, deren Äußeres mich schaudern machte. Sie schien ihre hundert Jahre zu zählen; ihre Gestalt war tief gebeugt und bestand wohl nur aus Haut und Knochen; ihr fürchterlich hageres Gesicht machte geradezu den Eindruck eines Todtenkopfes, aber von ihrem Haupte hingen zwei schwere weiße Haarzöpfe fast bis auf den Boden herab.

Laut Anhang zur Fehsenfeld-Reprint-Ausgabe von „Durchs wilde Kurdistan“ lautet die Stelle, von Karl May selber überarbeitet, in späteren Buchausgaben (zu seinen Lebzeiten) wie folgt:

Ich schaute nach dieser Gegend hin und erblickte eine alte Frau, an der mein Auge mit Bewunderung hängenblieb. Sie war gewiß hundert Jahre alt, doch ihre Gestalt stand gerade und hoch aufgerichtet; ihre Augen hatten jugendlichen Glanz; ihre Züge waren seltsam schön und weich, von ihrem Haupte hingen schwere weiße Haarzöpfe fast bis auf den Boden herab.

Nun steht aber im HKA- und übereinstimmend im Weltbild-Band wieder etwas anderes, nämlich

und sah eine ganz eigenartig schöne Frau, deren Alter so hoch war, daß es, wie ich später erfuhr, gar nicht mehr bestimmt werden konnte. Dennoch trug sie ihre imposante Gestalt hoch, gerad und aufrecht, und in ihrem hochedel geformten Gesicht war fast keine Spur einer Falte zu sehen. Von ihrem Haupte hingen zwei schwere, volle, silberweiße Haarzöpfe bis beinahe auf den Boden herab.

Wo kommt denn nun diese Variante her ?

*

Des Rätsels Lösung, nach kurzer Googelei gefunden:

Bei Version II handelt es sich um die Ausgabe aus dem Jahre 1904 (46.-50. Tausend),

bei Version III um die Fassung der Illustrierten Ausgabe von 1907 ...
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giesbert
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von giesbert »

Wo kommt denn nun diese Variante her ?
Du hast Deine Frage ja schon selbst beantwortet (= Ausgabe letzter Hand, wenn ich das auf die Schnelle jetzt richtig sehe), also nur kurz der Nachklapp: Da werden wir auf den Kommentarband warten müssen. Der wird, da bin ich mir inzwischen sehr sicher, irgendwann erscheinen. Nur wann, das ist wohl noch die Frage 8-)
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

deren Alter so hoch war, daß es, wie ich später erfuhr, gar nicht mehr bestimmt werden konnte

ist übrigens auch putzig; Mays Indianer würden (in der zweiten Satzhälfte einer Anregung Heinz Ehrhardts folgend) in etwa sagen "Zehn mal zehn und dann nochmal zwei bis zwölf"

:wink:
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

Das dürfte ja übrigens auch gar nicht so (allzu) bekannt sein, daß es zu Mays Lebzeiten innerhalb der Fehsenfeld-Buchausgaben also teilweise DREI verschiedene Fassungen gab. Ich jedenfalls wußte es nicht. Ich wußte bislang nur von Unterschieden zwischen der Erstausgabe und der Illustrierten Ausgabe.
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Helmut
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von Helmut »

Um so wertvoller (solange die Kommentarbände der HKA noch nicht existieren) die Anhänge der Fehsenfeld-Reprints des KMV's, in denen die Änderungen der versch. Auflagen der "grünen" alle dokumentiert sind.

Helmut
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

Nur steht dort eben über die oben genannte dritte Marah Durimeh - Fassung leider nichts ...

Aber davon abgesehen sind diese Anhänge wirklich eine tolle Sache. Ich habe mir die Reprints seinerzeit eigentlich hauptsächlich wegen dieser Anhänge zugelegt.
markus
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:Ich habe mir die Reprints seinerzeit eigentlich hauptsächlich wegen dieser Anhänge zugelegt.
Und die Weltbildausgabe hauptsächlich wegen Pleticha´s oberlehrerhafte Ergüsse? :mrgreen:

Gibt es eigentlich aktuelle Ausgaben der 2. Fassung von 1904? Nicht so wichtig, reine Neugierde nur.
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:
Und die Weltbildausgabe hauptsächlich wegen Pleticha´s oberlehrerhafte Ergüsse?
Nein, sondern weil man mit ihr eine gebundene Ausgabe mit dem HKA-Text (ohne deren Anhänge) mit zeitgenössischem und angenehmem Schriftbild hat.

Die hochinteressanten Anhänge der Reprint-Ausgabe, die sich äußerst informativ mit Leben und Werk Karl Mays befassen, kann man mit den m.E. in der Tat verzichtbaren Informationen in den Pletichaschen Weltbild-Vorworten überhaupt nicht vergleichen. (Was interessieren mich z.B. Details zur Gesellschaft in Südamerika anno tobak, wenn eh klar ist, daß "Am Rio de la Plata" großenteils nur sozusagen gleichnishaft dort spielt, und er mit der neureichen Abendgesellschaft natürlich Dresdener Pappenheimer meint und ganz bestimmt keine südamerikanischen; da ist ja schon der Ansatz falsch.) Die Vorworte von Augustin (ein Teil der Weltbild-Vorworte ist von dem) gefallen mir deutlich besser.
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Helmut
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von Helmut »

rodger hat geschrieben: (Was interessieren mich z.B. Details zur Gesellschaft in Südamerika anno tobak, wenn eh klar ist, daß "Am Rio de la Plata" großenteils nur sozusagen gleichnishaft dort spielt, und er mit der neureichen Abendgesellschaft natürlich Dresdener Pappenheimer meint und ganz bestimmt keine südamerikanischen; da ist ja schon der Ansatz falsch.)
Weil das, was Du da schreibst eben (meiner Meinung nach) nur ein Teil der "Geschichte hinter den Büchern" ist. May war eben nun mal auch Lehrer, und wollte immer Lehrer seiner Leser sein; so denke ich, dass (ganz speziell) er selbst durchaus Interesse daran hatte, seinen Lesern ein "ächtes" Bild des südamerikanischen Lebens und Treibens zu vermitteln, so weit ihm das mit der Verwendung seiner Quellen möglich war. Und deshalb - so meine ich - ist es für den Leser heute eben doch auch solches "Detailwissen" wichtig, oder mindestens interessant.

Helmut
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

Mag sein daß ich da allzu subjektiv aus meiner Sicht spreche (aber macht das nicht eigentlich jeder, auf seine jeweilige Weise ?).

Aber ich sehe es wirklich anders. Für mich spielen seine Erzählungen eigentlich wirklich in Deutschland, bzw. im 'Menscheninnern' (ist nicht so pathetisch gemeint wie es vielleicht klingt), und die fernen Länder, Indianer usw. sind allenfalls Kolorit. Er beschreibt ja eigene Erlebnisse und Erfahrungen, verfremdet halt. So hat er selber das ja auch später dargestellt. Und wenn er - teilweise - auch belehrendes Faktenwissen in seine Texte einbauen wollte und das wohl hier und da auch mal getan hat, dann mag das sein, interessiert mich aber kaum. Wenn er nur Abenteuergeschichten mit belehrenden Elementen geschrieben hätte, würde ich ihn gar nicht lesen. Diese Aspekte sind für mich völlig sekundär. (Ich schreibe regelmäßig (auf meiner Internetseite) umfangreiche Anmerkungen und Kommentare zu Mays Texten, da geht es kaum jemals um Abenteuer oder Faktenwissen, und wenn, dann allenfalls ganz am Rande.)

Vorsichtshalber nochmal: rein subjektiv.
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

Aber kommen wir doch nochmal zum eigentlichen Thema zurück.
markus hat geschrieben: Gibt es eigentlich aktuelle Ausgaben der 2. Fassung von 1904?
Die Fehsenfeld-Reprints sind meines Wissens eine (in ihnen selbst nicht dokumentierte) Mischform zwischen verschiedenen zu Mays Lebzeiten erschienenen Ausgaben. Ich dachte bislang, zwischen Erstausgabe und Illustrierter Ausgabe. Offenbar aber (im Fall des gennannten Marah Durimeh - Zitates) auch zwischen Erstausgabe und "mittlerer" Fassung.

Wer weiß da genaueres ?
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Helmut
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von Helmut »

Meines Wissens hingegen, sind die Fehsenfeld-Reprints - so wie es jeweils auch vorne drinsteht - Reprints der jeweiligen ersten (!) Buchausgabe. Änderungen zu anderen Ausgaben der grünen (da ist die blaue ill. nicht dabei) stehen alle (?) in den jeweiligen Anhängen.


Helmut
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rodger
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von rodger »

Ein gutes Gedächtnis und kreativ zu handhabende Suchfunktionen sind doch was feines,
Daß es in der Freiburger Ausgabe solche Mischexemplare mit Bogen aus verschiedenen Auflagen gab, behauptet der editorische Bericht der historisch-kritischen Ausgabe: Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. IV Bd. 21: »Weihnacht!«. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Nördlingen 1987, S. 527. Dort heißt es zum Reprintdruck der Freiburger Erstausgaben, hrsg. von Roland Schmid: »(hier recte Mischung aus 1.–15. und 31.–35. Tsd.)«
http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... /38.htm#45

:wink:

(Mit der 'Illustrierten Ausgabe' hat das freilich nichts zu tun, da habe ich mich offenbar vertan, ist ja eigentlich auch logisch, die hatte ja vermutlich ein anderes äußeres Format (ich habe noch nie ein Exemplar davon in der Hand gehabt))
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Helmut
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von Helmut »

Du kriegst jetzt trotzdem von mir den großen "Rechthaber-Preis", aber warte nur ab, irgendwann werde ich mich schon wieder revanchieren! :lol:

Also zu den blauen illustrierten:

Das Format und die äußere Aufmachung entspricht genau der von Wollschläger herausgegebenen Version von A&D ("nach der Manuskriptfassung"), und ist damit in der Tat größer als das der "grünen" (ca. 2.5 cm in Höhe und Breite), aber da May den Text vor der Herausgabe nur für den Orientzyklus und die 3 Winnetou Bände durchgesehen hat, und auch nur da einiges geändert hat (danach hatte er wohl die Lust verloren sich mit seinen alten Büchern zu beschäftigen, da ja auch diese Reihe noch wesentlich schlechter verkauft werden konnte als die "grünen"), wurden ab dem nächsten Band (das war "Orangen und Datteln") die gleichen Druckvorlagen wie für die jeweils aktuelle Ausgabe der grünen Ausgaben verwendet. In diesen Bänden gibt es daher auch keine "Binnenillustrationen", sondern nur die jeweils 10-15 Bildtafeln. Um die anderen Druckvorlagen (Druckspiegel ?) verwenden zu können, wurde diese einfach auf entspr. größeren Seiten gedruckt und damit gibt es dort einen sehr großen weißen Rand auf allen Druckseiten.

Helmut
markus
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Re: Textvariante zu Marah Durimeh in der HKA

Beitrag von markus »

Helmut hat geschrieben:May war eben nun mal auch Lehrer, und wollte immer Lehrer seiner Leser sein; so denke ich, dass (ganz speziell) er selbst durchaus Interesse daran hatte, seinen Lesern ein "ächtes" Bild des südamerikanischen Lebens und Treibens zu vermitteln, so weit ihm das mit der Verwendung seiner Quellen möglich war. Und deshalb - so meine ich - ist es für den Leser heute eben doch auch solches "Detailwissen" wichtig, oder mindestens interessant.
rodger hat geschrieben:Für mich spielen seine Erzählungen eigentlich wirklich in Deutschland, bzw. im 'Menscheninnern' (ist nicht so pathetisch gemeint wie es vielleicht klingt), und die fernen Länder, Indianer usw. sind allenfalls Kolorit. Er beschreibt ja eigene Erlebnisse und Erfahrungen, verfremdet halt. So hat er selber das ja auch später dargestellt.
Man wirft May ja immer vor er würde nicht authentisch sein, in seinen Erzählungen wäre vieles historisch und chronologisch nicht korrekt (was mir persönlich aber schnuppe ist). Dabei hat er gegen andere die allen Anschein nach sehr viel Wert auf Authentizität legen, ein bischen was voraus.

Der Film "Der mit dem Wolf tanzt" besticht ja durch eine nie zuvor dagewesene Authenzität des Lebens der Indianer. Im Film werden die Pawnee-Indianer als blutrünstige Angreifer dargestellt, die die friedliebenden Lakota überfallen. Die Realität sah jedoch im allgemeinen umgekehrt aus: In der traditionellen Feindschaft zwischen Lakota (sowie Cheyenne-Indianern) und den Pawnees überfielen vor allem die Lakota die Pawnees. In den Fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts zogen Pawnees sogar in neue Gebiete, um den Lakota-Angriffen zu entgehen, wodurch sie allerdings mit weißen Siedlern aneinandergerieten. 1859 traten die Pawnees in einem Vertrag alle ihre Gebiete bis auf ein kleines Reservat in Nebraska an die Weißen ab. Noch 1873, also einige Jahre nach der Zeit des Films, überfielen Sicangu und Oglala Lakota im Wettstreit um die letzten Bisons ein Pawnee-Lager im danach benannten Massacre Canyon und töteten ungefähr 100 Pawnees. Gemeinsam mit den Cheyenne und den Arapahoe vertrieben Lakota 1872 bis 1875 auch einen weiteren Stamm, die Crow-Indianer, aus dem Osten des heutigen US-Bundesstaats Montana.

May machte es bekanntlich anders, vieleicht auch besser, indem er sich den zu Unrecht verufenen Apachen annahm und die Sioux zum feindlichen Stamm Nummer eins machte.

Aber darum gehts ja überhaupt nicht. Ich wollte eigentlich nur sagen daß ich sowohl Rüdiger, als auch Helmut zustimme. Rüdiger, weil, wie er schon richtig sagte, May "nur" mit reinen Abenteuergeschichten und Belehrungen gar nicht mehr populär wäre, jedenfalls nicht so wie jetzt. Helmut, weil auch das belehrende und das Abenteuer dazugehört, ohne dessen sich kein Schwein je für ihn interessiert hätte. Das Abenteuer und die Belehrungen, grad bei May, sind ja gar nicht so schlimm Rüdiger. May konnte es spannend rüber bringen wie kaum ein zweiter, das liegt wohl auch in gewisser Weise daran (zur Beruhigung für Rüdiger :lol: ) daß er biografisches/symbolisches und das Abenteuer geschickt miteinander kombinieren konnte.
Der Erfolg Mays beruht halt (subjektiv betrachtet) auf diese (gesunde? :mrgreen: ) Mischung.

Übrigens hat mich dieser Tread sehr erschreckt, weil ich dachte ich muß mir jetzt noch eine Ausgabe "Reiseerzählungen" anschaffen. Besitze den Reprint der Freiburger Erstausgaben vom KMV, die Weltbildausgabe und auch die Hausschatzreprints von der KMG. Hoffe das reicht. :wink:
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