Leserunde

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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben:
So darfst du schonmal gar nicht anfangen und dich bei ihm einschleimen
Hab' ich gar nicht so empfunden, Einschleimen ... allenfalls 'ne Prise davon. Schwerpunktmäßig eher ein bißchen Getue mit reichlich Ironie.

:wink:
markus hat geschrieben:
Humphrey van Weiden [...]
Nicht übel. Da stellt dann doch mal einer Querverbindungen her ... sieht Wald, nicht nur Bäume.
markus hat geschrieben:
Macht er so ein Geheimnis draus.
Nö, mach' ich nicht. Hab' nur gedacht, das kriegt sie schon selber raus ... Hat sie dann ja auch.

8)
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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben: Wir können doch nicht nur schlechte Erfahrungen mit dieser Gattung machen. :mrgreen:
Was Du wieder denkst ... :roll: :wink: 8)
markus
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Re: Leserunde

Beitrag von markus »

Ich vermute mal daß dieser Carpio am Ende als guter Freund KMs/OSs stirbt (ohne mir die Spannung zu verderben, denn bei Karl May ist der Weg das Ziel).

Wie ich schonmal sagte, war May einer der wie ein Maler dieselbe Wiese immer und immer wieder malte, kam jedoch immer wieder was anderes dabei heraus. So gibt es bei einigen Werken Karl Mays zu beobachten daß er auch dort zum Schluß einen lieben Freund zu Grabe trägt. Das fängt schon mit seiner ersten großen Erzählung "Old Firehand" an, bei der zum Schluß (in der Urfassung) der gleichnamige Held der Erzählung stirbt. Im "Scout" stirbt auch der Titelheld, genannt Old Death. Nicht zu vergessen Winnetou in der gleichnamigen Trilogie oder der Urfassung "Im wilden Westen Nordamerikas" oder "Winnetous Tod". Auch im Orientzyklus verliert er jemanden der ihm sehr nahe stand, sein Hengst Rih. Man wird jetzt vielleicht mit dem Kopf schütteln, aber wenn man zwischen den Nordamerika-Erzählungen und den Orienterzählungen Parallelen suchen will, dann ist für mich das was Winnetou im wilden Westen bei May war, Rih im Orient und nicht Marah Durimeh. Beide, sowohl Winnetou, als auch Rih, sind auf jeden Fall Leisetreter und immer da wenns drauf ankommt.

Man sollte auch nicht die Surehand-Trilogie vergessen. Da ist der Old Wabble den man wegen seines Achterbahn-Lebensstils wohl keine Träne nachweinen möchte, dessen Tod OS doch wenigstens ein wenig nahe geht.

*

Wo wir grad bei der Surehand-Trilogie waren und ich Parallelen zwischen den Orient- und Amerikaerzählungen gesucht habe, hier folgendes: Es wird ja gern mal behauptet daß das, was der Orientzyklus bei den Orienterzählungen ist, die Winnetou-Trilogie bei den Amerikaerzählungen darstellt. Ich würde eher behaupten es ist die Surehand-Trilogie. Schauen wir uns die Trilogie einmal genau an und vergleichen sie mit dem Orientzyklus.

Da ist zum einen Band 1 in dem Dinge geschehen die für den weiteren späteren Verlauf der Handlung ab Ende von Band 2 von wesentlicher Bedeutung sind. Auch in Band 1 des Orientzyklus geschehen Dinge die erst viel später so ab Ende von Band 3 von Bedeutung werden.

Band 2 von Surehand sieht ja wie ein Fremdkörper innerhalb der Trilogie aus. Aber spätestens am Schluß tauchen Figuren auf, die verkehrten Toasts und der Detektiv Treskow, die ab Band 3 eine große Rolle spielen. Auch im Orientzyklus haben die Begebenheiten ab Mitte des ersten Bandes bis fast zum Ende des dritten Bandes so gut wie nichts mit der eigentlichen Handlung, der Suche nach dem Schut, zu tun (so meint man, jedoch ohne diese Abstecher wäre Kara Ben Nemsi wohl nicht wieder auf die Fährte des Schut getroffen, oder nur durch andere Umstände. Merke: Alles im Leben hat einen Sinn). Aber nur so traf er auf Figuren die sich ihm später anschlossen, Osko und Omar.

Der dritte Surehand-Band erinnert dann in seinem Stil und Handlungsablauf stark den letzten drei Bänden des Orientzyklus, wo man merkt daß es dem Ende zugehen muß und wo es keine große Abstecher und Abschweifungen mehr geben wird, alles konzentriert sich auf das große Ziel, auf der einen Seite den Schut und seine Bande zur Strecke zu bringen, auf der anderen eine Familie nach etlichen Jahren wieder zusammen zu bringen (auch eine Wiese die May oft, vor allem in der Kolportage, gemalt hat) und diejenigen zur Strecke zu bringen die das erreichen dieses Ziels verhindern wollen. Die letzten drei Bände des Orientzyklus und der letzte Band der Surehand-Trilogie sind für mich sowas wie klassische Reiseerzählung, man bleibt nie sehr lange an einem Ort, man ist ständig unterwegs. Beim Spielfilm würde man dazu "Road-Movie" sagen.

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markus
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Re: Leserunde

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:
markus hat geschrieben: Humphrey van Weiden [...]
Nicht übel. Da stellt dann doch mal einer Querverbindungen her ... sieht Wald, nicht nur Bäume.
Kunststück, habe ich das Buch doch vor einiger Zeit noch gelesen und, du glaubst es kaum, es ist doch noch was hängen geblieben. Sieh an, sieh an :lol: .
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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

markus hat geschrieben: Ich vermute mal daß dieser Carpio am Ende als guter Freund KMs/OSs stirbt
Ja, sie waren in der Jugend enge Freunde und treffen sich später in Amerika wieder. Sie stehen sich wirklich sehr nah. Am Ende hält May-Shatterhand den Toten noch längere Zeit in den Armen.

Im Nachhinein ist mir noch aufgefallen, daß der schwache Carpio, als es ans Sterben geht, der Stärkste von allen ist ... er weint nicht, er ist ganz gefaßt und akzeptiert den Tod, alle anderen weinen ... soll Adenauer ja gesagt haben als letztes, "da jiwwet nichts to kriesche" ...
markus hat geschrieben: So gibt es bei einigen Werken Karl Mays zu beobachten daß er auch dort zum Schluß einen lieben Freund zu Grabe trägt.
Da fällt mir doch wieder spontan ein Zitat ein, der eine bleibt stehen der andere fällt um, wiedebumm wiedebumm. Döblin, Berlin Alexanderplatz. So ist das halt. Und Hemingway hat gesagt, wer leidet paßt nicht in dieses Klima.
markus hat geschrieben: man bleibt nie sehr lange an einem Ort, man ist ständig unterwegs
In "Weihnacht" sind sie dann nachher auch ständig sozusagen auf Achse, immer höher hinauf geht's, und wird dabei immer einsamer und kälter ... und ganz da oben, in Eis und Schnee, da finden sie dann so etwas wie Geborgenheit und feiern Weih-Nacht ...
sciurus
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Re: Leserunde

Beitrag von sciurus »

markus hat geschrieben: Ich habe fertig. An "Heilig Abend" noch durch die Geschäfte wuseln, das passierte mir erst einmal (so vor 20 Jahren). Seit es sowas wie Amazon gibt, bin ich glücklich :D .
Glaub ich. Die eingekauften Sachen hab ich ja schon, aber ich muss noch ein paar Sachen basteln.

Das muß man ja alles nicht so wörtlich nehmen, "OS vor Gericht" ist ja Sekundärliteratur, das kann ich entweder nebenher noch lesen oder halt unterbrechen. Also bei "Weihnacht" wäre ich dabei, kein Problem. Wie du siehst, sind Rüdiger und Helmut wahre Karl-May-Experten, die brauchen nicht mitzulesen um sich hier und da zwischendurch einschalten zu können. Somit sind wir praktisch zu vieren, reicht. Zuviele Köche verderben, zerreden oft den Brei.
Wenn, dann müssten wir uns nur noch auf eine Ausgabe einigen, oder besser gesagt einigen ob wir original oder bearbeitete Fassung nehmen. Gegen eine bearbeitete habe ich im Grunde nichts, es ist nur ich besitze solch ein Schmuckstück nicht (habe sowieso nicht viele "grüne" Reiseerzählungen, ein paar Kolportage, "Unter Geiern", "Der Schatz im Silbersee", das wars auch schon).
Also gut. :)
Ich habe auch nur wenige K-M-Bücher und leihe mir die meisten von Nachbarn aus, die sie nicht lesen und die haben eben ein Taschenbuch (Verlag weiß ich nicht mehr) mit dem Titel "Weihnacht im Wilden Westen" haben. Du müsstest das Buch also extra kaufen... was wäre damit, dass du dir einfach eines aussuchst; wir schreiben dann ja doch mehr über den Inhalt, der ja nicht soo sehr verändert sein dürfte, oder?
sciurus hat geschrieben:Ich bin Teenager!
Hurra. Ja wer sagts denn. Ist ja doch nicht alles verloren. An all die weinerlichen: Es besteht noch Hoffnung in Sachen May. Und ich dachte schon ich bin der letzte May-fan der irgendwann die Türe zu macht. Den Rang des Benjamins kann ich also jetzt getrost weitergeben. Es klingt ja auch vielversprechend (hoffentlich auch für lange) :D .
Dann is ja gut. :D Ich hab als Kind die Zeichentrickserie gesehen, fand sie total toll ( Link: http://www.youtube.com/watch?v=E0TfeIRLKBE; bitte kein Kommentar^^ :wink: ) und wollte unbedingt das Buch haben... Hmm, außer mir kenne ich eine, deren Schwester von den 60er-Jahre-Filmen begeistert ist und mein Bruder wollte sie lesen, fand sie aber langweilig (ich würde sagen, er is einfach zu klein dafür und versteht ein Drittel von den Sätzen nicht...) und eine aus meiner Klasse, die aus Interesse mal "Der Schatz im Silbersee" gelesen hat, es aber nicht so toll fand, weil "die Story irgendwie nie zu nem Punkt kam." Den Silbersee fand übrigens auch nicht so gut. Alles nur nebenbei...

So, dann noch zum "Einschleimen": Das war wirklich fast komplett Ironie; ein Statement ohne irgendwelche Ironie wäre " Ups, ich hab mir schon was in der Richtung gedacht, wusste es aber nicht und hab halt das hingeschrieben, was ich kenne; naja, nochmal für alle: ein Vorschlag wäre ""Weihnacht!"" bzw. "Weihnacht im W W". " :wink:
Kannst du das mit dem Humphrey Van Weiden erklären, ich krieg den Vergleich nicht ganz auf die Reihe. Aus welchem Buch kommt das?
Wie beginnt Old Surehand 2 bzw. hört auf (ich hab Old Surehand 1 & 2, die neuere Version, wo OS 2&3 zusammengefasst sind, gelesen)?
Auf den Vergleich zwischen Winnetou und Rih wäre ich gar nicht gekommen. Hmm *denk*

rodger, jetzt verrate doch nicht vorher, was passiert oder frag markus erst, ob er's schon wissen will!
"Und die Sache mit dem Carpio (der Jugendfreund des Erzählers) ist in der Jugendzeit-Passage noch eher humoristisch zu betrachten (im Buch ...) und später dann nicht mehr so ..."
Ja, ich fands auch erst noch lustig (wenn auch übertrieben), aber später ist es wirklich nicht mehr lustig...
Im großen und ganzen mochte ich as Buch, aber ein paar Sachen haben mich echt gestört, Gleichnis hin oder her, sobald's zu unrealistisch wird... aber jetzt bin ich lieber ruhig, sonst kann markus sich das Lesen am Ende noch sparen... ;)
Zuletzt geändert von sciurus am 15.4.2010, 19:15, insgesamt 1-mal geändert.
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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

sciurus hat geschrieben:
rodger, jetzt verrate doch nicht vorher, was passiert oder frag markus erst, ob er's schon wissen will!
Es kommt bei Karl May nicht auf die Handlung an. Markus hat das schon begriffen. Keine Sorge.
sciurus hat geschrieben: Gleichnis hin oder her, sobald's zu unrealistisch wird...
Hm ... (Die Farben in dem Garten, den Sie da malen, sind unrealistisch ... - Es ist kein Garten . - Ach so, ich verstehe, der Garten ist also nur ein Symbol für etwas anderes, dahinterstehendes ... - Ich habe Ihnen doch gesagt es ist kein Garten ... - Ja aber die Farben ...) (Watt willste da noch sagen, wa ... am besten gar nüscht mehr.)
aber jetzt bin ich lieber ruhig, sonst kann markus sich das Lesen am Ende noch sparen
Die Gefahr, denke ich, besteht nicht ...

8)
sciurus
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Re: Leserunde

Beitrag von sciurus »

Ich glaube, ich verstehe, was du sagen willst. Hmm, also gut, es ist wichtiger, was dahinter steht und ein Roman wird ja traditionellerweise für einen Zweck geschrieben, aber mir ist die Geschichte an sich eben auch wichtig. Es stört mich zum Beispiel total, wenn Winnetou in manchen Büchern so - ich würde fast sagen jesus-ähnlich, halt so überperfekt dargestellt wird, so, wie der perfekte Mensch eben ist/ sein sollte. Obwohl das natürlich wieder der Sinn der Sache ist (oder?).
Aber was ist denn z.B. der tiefere Sinn der Szene, in der die Frau von... dem entführten Typen, weiß den Namen nicht mehr, vor W niederkniet?? Bei solchen Sachen krieg ich immer ne Gänsehaut (im negativen Sinn).
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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

sciurus hat geschrieben: ein Roman wird ja traditionellerweise für einen Zweck geschrieben
Das Wort Zweck gefällt mir in dem Zusammenhang irgendwie nicht, klingt so nach solchen Dingen wie Nützlichkeit, Zielorientiertheit oder dgl., wozu mir wieder reflexartig HD Hüschs "Kann man mit einer Trommel die Verhältnisse in Knulpe ändern, oder muß man noch eine Harfe dazunehmen" einfällt ... aber wenn es im Sinne etwa von "ein Roman sagt ja normalerweise etwas aus" gemeint ist ist es ok. (Er kann z.B. aussagen wollen daß alles zwecklos ist ... na gut, in dem Fall wäre der Zweck, mitzuteilen bzw. herauslesen zu lassen daß eben alles zwecklos ist ... aber das Wort gefällt mir persönlich trotzdem nicht, wie ich immer noch feststelle, klingt so zackig nach zwick oder zwack ...)
sciurus hat geschrieben: Es stört mich zum Beispiel total, wenn Winnetou in manchen Büchern so - ich würde fast sagen jesus-ähnlich, halt so überperfekt dargestellt wird, so, wie der perfekte Mensch eben ist/ sein sollte.
Da gehen wir sogar einigermaßen konform ... Winnetou ist eine der Figuren bei Karl May, mit denen ich persönlich eigentlich herzlich wenig anfangen kann ... mit Hadschi Halef Omar oder David Lindsay wesentlich mehr. Auch mit Carpio oder Hieronymus Aurelius Schneffke, z.B.

Es gibt vereinzelte Stellen, in denen Winnetou richtig interessant wird, so z.B. in Winnetou III, als er einen Verbrecher ohne Not von hinten erschießt ... das haben sie im grünen Band wegbearbeitet, weil sie es offenbar nicht verstanden haben ...es handelt sich nämlich um einen gnädigen Akt, wie aus dem Kontext zweifelsfrei hervorgeht, und von Winnetou auch sinngemäß gesagt wird. Ähnlich ist es am Ende von Steinbecks "Von Mäusen und Menschen". Da wird Lenny von seinem besten Freund erschossen, um ihm ein sonst unausweichlich schlimmeres Ende zu ersparen.
sciurus hat geschrieben: jesus-ähnlich, [...] Obwohl das natürlich wieder der Sinn der Sache ist (oder?).
Da mag etwas dran sein. Auf die Idee kam ich bei der letzten "Weihnacht!"-Lektüre (ich lese die Bücher immer wieder und entdecke jedesmal neue Aspekte) an der Stelle, wo Hiller „Was für ein Mann!“ ausruft nach einem Kurzauftritt Winnetous, und der Erzähler äußert „Da glaubt man nicht an Gott und hat doch sein herrlichstes Ebenbild vor Augen!“
sciurus hat geschrieben:Aber was ist denn z.B. der tiefere Sinn der Szene, in der die Frau von... dem entführten Typen, weiß den Namen nicht mehr, vor W niederkniet??
Wenn man denn so will, mag man es mit oben gesagtem in Verbindung bringen ...

Aber das muß gar nicht sein. Ich habe mir die Stelle eben noch einmal angeguckt. Da steht "Da sank sie laut weinend vor ihm in die Kniee, um ihm für diesen Entschluß zu danken." So what ? (Na und ?) Das kann doch passieren, daß eine[r] überwältigt wird von seinen / ihren Gefühlen, und sich das in Ungewöhnlichkeiten wie in die Knie gehen oder sonst etwas äußert. Kniefälle müssen ja nicht grundsätzlich spekulativ effektvoll inszeniert / eingesetzt werden sondern könen auch spontan von Herzen kommen. Die Frau, die dem Adenauer die Hand küssen wollte wegen der freigelassenen Kriegsgefangenen fällt mir dazu ein, die ist zwar nicht auf die Knie gegangen aber das ist durchaus vergleichbar.
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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

sciurus hat geschrieben:
Wie beginnt Old Surehand 2 bzw. hört auf (ich hab Old Surehand 1 & 2, die neuere Version, wo OS 2&3 zusammengefasst sind, gelesen)?
Old Surehand II beginnt bei Mutter Thick. In der "neueren Version" steht nach wenigen Seiten (in der mir vorliegenden Ausgabe auf S. 8 ) der Satz "Sie erzählten sich abenteuerliche Geschichten aus dem Wilden Westen", und der Absatz, in dem dieser Satz steht, faßt dann anschließend auf einer knappen Seite das zusammen, was im Original mehrere hundert Seiten umfasst und in der Bamberger Ausgabe in Band 19 ("Kapitän Kaiman") ausgegliedert ist. Im Original endet Old Surehand II mit "Wir sahen ihn wieder, ja, und wie anders, wie ganz anders stand es da um ihn!---" Das entspricht dem Schluß des ersten Kapitels (in meiner Ausgabe S. 55) der Bearbeitung. Old Surehand III entspricht dann der bearbeiteten Fassung von OS II ab deren 2. Kapitel.
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Helmut
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Re: Leserunde

Beitrag von Helmut »

markus hat geschrieben: Auch im Orientzyklus verliert er jemanden der ihm sehr nahe stand, sein Hengst Rih.
Das ist natürlich auch so nicht richtig. Rih stirbt nicht im Orientzyklus, sondern erst im Anhang zum Band 6, und dieser Anhang gehört m.E. nicht im geringsten zum Orientzyklus (er ist ja uch erst zur Buchausgabe und nicht schon für den Hausschatz entstanden.
(Die Bewertung desselben ist übrigens ein ständiger Streitpunkt zwischen Rüdiger und mir, und wird es vermutlich auch bleiben.)

Auch Deine Anmerkungen zum Surehand sind m.M. nach sehr verkürzt, und ich kann sie in dieser Kürze auch nicht richtig finden. Darüber sollten wir allerdings ein ander Mal ausführlicher diskutieren. Vielleicht für den Anfang nur so viel, der Old Wabble ist u.a. deshalb so "ausführlich" geschildert, weil diese Gestalt auch eine Spiegelung des Vaters von Karl May ist. Ich bin im übrigen auch der Meinung (kurzgefasst), dass die "Bösen" bei May auch deshalb so "interessant" geschildert sind, weil auch da immer eine Art von "Selbstspiegelung" mitspielt, so nach "so hätte auch ich (K.M.) werden können, wenn ich nicht kurz vor dem Abgrund den Ausweg gefunden hätte".


Helmut
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Re: Leserunde

Beitrag von Kurt Altherr »

Helmut hat recht. Der Anhang von Band 6 "Rihs Tod" hat nichts aber auch gar nichts mit dem "Orientzyklus" zu tun. Da erübrigt sich jede weitere Diskussion.
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rodger
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Re: Leserunde

Beitrag von rodger »

Verzeiht, ihr Herren ... Der Anhang steht in Band 6, Band 1 - 6 bilden / enthalten den Orientzyklus, und insofern gehört der "Anhang" dazu ...

Was nun die "Bewertung desselben [...] ein ständiger Streitpunkt zwischen Rüdiger und mir, und wird es vermutlich auch bleiben" betrifft, ein weiterer (letzter ?) Versuch: es gibt eine Erzählung von Jorge Luis Borges, "Das Evangelium nach Markus", es geht um einen Lehrer irgendwo in Südamerika und hat "eigentlich" (...) mit dem Markusevangelium nichts zu tun, da gibt es beträchtliche Parallelen zur Jesusgeschichte, 'leider' (das tat weh bei der Erstlektüre ...) auch die, daß die Hauptfigur am Ende gekreuzigt wird ... nun könnte man meinen (und so ähnlich sieht das Helmut ja beim "Anhang"), dem Borges sei nichts Besseres eingefallen und er habe einfach eine alte Geschichte abgekupfert ... Es ist aber eher anders: Borges hat zeigen wollen, daß sich uralte Muster ("Mechanismen" überschrieb ein gewisser Erich Leer seinerzeit einen Thread in der Literaturecke der Vorgängerversion dieses Forums) immer wiederholen. May auch (nicht wiederholt sich sondern hat zeigen wollen). Amad el Ghandur baut, in gleicher geographischer Umgebung, den gleichen Mist wie seinerzeit sein Vater, er hat nichts gelernt, wie sollte er auch, wenn die Leut' ihren Kram immer von Generation zu Generation weitergeben ...

Aber hier:
Ich bin im übrigen auch der Meinung (kurzgefasst), dass die "Bösen" bei May auch deshalb so "interessant" geschildert sind, weil auch da immer eine Art von "Selbstspiegelung" mitspielt, so nach "so hätte auch ich (K.M.) werden können, wenn ich nicht
volle Zustimmung.
sciurus
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Re: Leserunde

Beitrag von sciurus »

Der Anhang hat nichts mit dem Orient-Zyklus zu tun? Weil es ein Anhang ist oder warum sonst? :?:

Dann ist das alte Old Surehand2 ja ziemlich kurz - warum?

Mit "Zweck" meinte ich "will dem Leser etwas sagen / beibringen".

"(Er kann z.B. aussagen wollen daß alles zwecklos ist ... na gut, in dem Fall wäre der Zweck, mitzuteilen bzw. herauslesen zu lassen daß eben alles zwecklos ist "
Das musste ich bei Thomas Manns "Buddenbrooks" denken... er hat zwar seine Familiengeschichte nachgeschrieben, ok, aber das ist so geplätschert und viele Personen sind aufgetaucht und verschwunden und das Leben läuft halt so...
"... aber das Wort gefällt mir persönlich trotzdem nicht, wie ich immer noch feststelle, klingt so zackig nach zwick oder zwack ...)"
Stimmt. Man sollte nicht zu viel über Wörter nachdenken, da kann man ganz komisch werden; meine beste Freundin hat mal ne zeitlang über das Wort "böse" nachgedacht und fand es lange Zeit hinterher völlig unpassend, irgendetwas männliches "böse" zu nennen, wel das Wort so weiblich klingt... aus Witz habe ich das mal nachgemacht und bin schnell zu dem Schluss gekommen, dass ich das nicht weiter vertiefen sollte, weil ich sonst überzeugt bin, dass unsere ganze Sprache unpassend ist...

Zurück zum Thema:
"Winnetou ist eine der Figuren bei Karl May, mit denen ich persönlich eigentlich herzlich wenig anfangen kann ... mit Hadschi Halef Omar oder David Lindsay wesentlich mehr. Auch mit Carpio oder Hieronymus Aurelius Schneffke, z.B."
Aha? Ich ärgere mich zwar manchmal, wenn ich mir denke "so hätte sich ein Indianer zu der Zeit in den Umständen doch nicht verhalten!!", aber ich kann schon "was mit ihm anfangen"... Dafür kann ich Lindsay nur bis zu einem gewissen Grad verstehen. Wer ist der H A Schneffke?

"Kniefälle müssen ja nicht grundsätzlich spekulativ effektvoll inszeniert / eingesetzt werden sondern könen auch spontan von Herzen kommen.
Klar. Aber ich fand das halt einfach übertrieben, weil ich mir nicht vorstellen kann, vor jemandem NIEDERZUKNIEEN oder zu -sinken, und wenn ich noch so dankbar bin.
Aber es kann natürlich sein.
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Re: Leserunde

Beitrag von Helmut »

..., doch sehe ich mich zu meiner Freude gezwungen, einen Anhang folgen zu lassen.
May, "Der Schut", Seite 536 (in der Fehsenfeld-Erstausgabe).

Schon aus diesem Halbsatz geht hervor, wie zwiespältig May dies empfand ("Freude ... gezwungen"), so schrieb schon W. Ilmer zu diesem Anhang. Seine weitere These, dass dieser Anhang in einer Zeit "häuslicher Streitereien" entstand, würde ich allerdings so nicht unterstützen wollen.

Helmut

NB.: für mich ist der Orientzyklus Mays, das was unter dem Haupttitel (allerdings nicht durchgehend) "Giölgeda padishanün" im Hausschatz erschienen ist, und dann später als Beginn seiner Reiseroman/-erzählungen bei Fehsenfeld erschienen ist. Der Anhang wurde (nur) zum Buchfüllen später (!) hinzugeschrieben. Aber auch das ist natürlich, wie so vieles, Ansichtssache.
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