Zum Geburtstag ...
Verfasst: 10.2.2012, 15:49
Einen herzlichen Geburtstagsgruß, lieber Hermann Wohlgschaft,
und bei der Gelegenheit eine Frage. Mich würde Deine Sicht Helmut Thielickes interessieren, soweit sich das zusammenfassen läßt, wenn Du magst. (Ich habe zwar heute googelnderweise festgestellt, daß er in Publikationen von Dir erwähnt wird, mich würde aber eine zusammenfassende Stellungnahme interessieren.) Ich las heute in Hans Wollschlägers "Die Gegenwart einer Illusion" (Diogenes-Taschenbuch, vergriffen, in der Wallstein-Werkausgabe übrigens bislang nicht enthalten) den Essay "Der Startheologe" über Thielicke, der mir bislang unbekannt war (der Essay sowohl als auch Thielicke).
Nun bin ich zwar ansonsten ein großer Freund oder auch "Anhänger" Wollschlägers, in Sachen Religiosität / Spiritualität scheint er jedoch leider sozusagen brach zu liegen (wie auch seine bedauerliche Fehleinschätzung der "Himmelsgedanken" Karl Mays zeigt, die, auch wenn sie vermutlich auch von nahezu der gesamten sogenannten May-Szene samt derer intellektueller Vertreter geteilt wird, nichtsdestotrotz halt eine Fehleinschätzung ist ...), zumindest offenbar zu der Zeit, in der der Essay entstand (1968). Der Essay ist darüberhinaus in seiner Art und Weise der Person Thielicke gegenüber eine Frechheit, ja Unverschämtheit. [Ich rege mich darüber keineswegs etwa auf, auch wenn das aufgrund der Wortwahl soeben für klischeehaft Urteilende so klingen mag, ich konstatiere es nur [in aller Gelassen- & Entspanntheit]. Wollschlägers Sprachwitz habe ich dennoch wie immer genossen und mich zum Teil über seine auch hier nicht zu leugnende Originalität recht kräftig amüsiert ...]
Und so erreicht Wollschläger bei mir hier das Gegenteil von dem, was er (in Sachen Thielicke) wollte, er versucht ihn hemmungslos 'herunterzumachen', aber oft macht er mich eigenartigerweise gerade an Stellen, an denen er Thielicke-Zitate bringt die er besonders indiskutabel findet, erst recht neugierig auf diesen offenbar interessanten und lesenswerten Theologen ... (bei Amazon gibt es ihn gebraucht zum Spottpreis, da werde ich mir mal das eine oder andere kommen lassen.)
Paul Ingendaay schreibt in einem Nachruf auf Wollschläger in der FAZ, Wollschläger habe "den endgültigen Essay gegen Helmut Thielicke" geschrieben. Aber nicht doch. Durchaus intellektuelle, intelligente aber spirituell brach liegende Ignoranten mögen sich untereinander in solchen Dingen einig sein, aber eben auch nur untereinander ... (ich selber kenne die manchmal jedes Maß überschreitende Grobheit und Gemeinheit derer Anfeindungen, sei es gegen mich selber oder andere, und von Zeit zu Zeit wird jetzt zurückgeschrieben ...)
Vielleicht etwas ungewöhnlich, zum Geburtstag so einigermaßen umfangreich mit solchen Sachen zu kommen, aber mir persönlich ist am Geburtstag ein Austausch über interessante Dinge wesentlich lieber als fader 'Smalltalk' ... (weswegen ich meinen eigenen Geburtstag seit Jahren alleine bzw. teilweise zu zweit zu verbringen pflege.) Vielleicht bin ich ja nicht der einzige, dem es so geht ...
Am Ende seines Artikels bringt Ingendaay ein bemerkenswertes Wollschläger-Zitat,
"Ich meide 'die Menschen' keineswegs, ich fürchte sie nicht und hasse sie nicht; ich bin nur - sagen wir - zunehmend wählerisch im Umgang mit ihnen geworden."
Ingendaay fügt hinzu "Auch für Bücherleser ist das eine meisterhafte Lektion." Für Forenschreiber auch.
(Eins noch, aber auch nur am Rande, weil wir es halt gerade von den Theologen "haben" und ich, einmal "losgelassen", zugegebenermaßen ein wenig zur Schwatzhaftigkeit neige ... Paul Tillich, so las ich kürzlich irgendwo, habe kräftig "herumgemacht", sei sozusagen geradezu besessen gewesen von gewissen schönen Dingen des Lebens ... Das fand ich amüsant, habe mich [zugegebenermaßen] [für ihn] gefreut; man muß auch jönne könne. Aber wie gesagt, das nur am Rande.)
Und zur Feier des Tages hier noch ein paar Zitate, ich zitier' ja so gern, und kann auch (einem on-dit zufolge) nichts anderes, außerdem fallen mir solche Sachen halt immer ein, von morgens bis abends und darüber hinaus, also:
"Das Schachspiel übertrifft alle anderen Spiele so weit wie der Chimborasso einen Misthaufen", das hat Schopenhauer gesagt, und es fiel mir neulich ein als ich Deine Ausführungen zu Silberlöwe I + II (Fehsenfeld 26 / 27) wieder las, mit "Wohlgschaft" statt "Das Schachspiel" und "die meisten anderen Publikationen in Sachen May" statt "alle anderen Spiele",
und dann wär‘ da noch Ansgar Pöllmann, der durchaus lesenswerte,
"May hat kein Volk, nur eine Gemeinde, eine nach 'Brot und Spielen' schreiende Klientel von hungrigen Plebejern, die sich nicht emporheben läßt, sondern - eine axdos 'apourhs [Erdenlast] - den zur Erde niederzieht, der mit ihr paktiert"
Also, nicht zu viel erwarten von der „Gemeinde“ ... (am besten gar nichts). Und darauf paßt das noch:
Mit der Hoffnungslosigkeit beginnt der wahre Optimismus. Der Optimismus dessen, der nichts erwartet. (Sartre)
Feier' schön !
Rüdiger Wick
und bei der Gelegenheit eine Frage. Mich würde Deine Sicht Helmut Thielickes interessieren, soweit sich das zusammenfassen läßt, wenn Du magst. (Ich habe zwar heute googelnderweise festgestellt, daß er in Publikationen von Dir erwähnt wird, mich würde aber eine zusammenfassende Stellungnahme interessieren.) Ich las heute in Hans Wollschlägers "Die Gegenwart einer Illusion" (Diogenes-Taschenbuch, vergriffen, in der Wallstein-Werkausgabe übrigens bislang nicht enthalten) den Essay "Der Startheologe" über Thielicke, der mir bislang unbekannt war (der Essay sowohl als auch Thielicke).
Nun bin ich zwar ansonsten ein großer Freund oder auch "Anhänger" Wollschlägers, in Sachen Religiosität / Spiritualität scheint er jedoch leider sozusagen brach zu liegen (wie auch seine bedauerliche Fehleinschätzung der "Himmelsgedanken" Karl Mays zeigt, die, auch wenn sie vermutlich auch von nahezu der gesamten sogenannten May-Szene samt derer intellektueller Vertreter geteilt wird, nichtsdestotrotz halt eine Fehleinschätzung ist ...), zumindest offenbar zu der Zeit, in der der Essay entstand (1968). Der Essay ist darüberhinaus in seiner Art und Weise der Person Thielicke gegenüber eine Frechheit, ja Unverschämtheit. [Ich rege mich darüber keineswegs etwa auf, auch wenn das aufgrund der Wortwahl soeben für klischeehaft Urteilende so klingen mag, ich konstatiere es nur [in aller Gelassen- & Entspanntheit]. Wollschlägers Sprachwitz habe ich dennoch wie immer genossen und mich zum Teil über seine auch hier nicht zu leugnende Originalität recht kräftig amüsiert ...]
Und so erreicht Wollschläger bei mir hier das Gegenteil von dem, was er (in Sachen Thielicke) wollte, er versucht ihn hemmungslos 'herunterzumachen', aber oft macht er mich eigenartigerweise gerade an Stellen, an denen er Thielicke-Zitate bringt die er besonders indiskutabel findet, erst recht neugierig auf diesen offenbar interessanten und lesenswerten Theologen ... (bei Amazon gibt es ihn gebraucht zum Spottpreis, da werde ich mir mal das eine oder andere kommen lassen.)
Paul Ingendaay schreibt in einem Nachruf auf Wollschläger in der FAZ, Wollschläger habe "den endgültigen Essay gegen Helmut Thielicke" geschrieben. Aber nicht doch. Durchaus intellektuelle, intelligente aber spirituell brach liegende Ignoranten mögen sich untereinander in solchen Dingen einig sein, aber eben auch nur untereinander ... (ich selber kenne die manchmal jedes Maß überschreitende Grobheit und Gemeinheit derer Anfeindungen, sei es gegen mich selber oder andere, und von Zeit zu Zeit wird jetzt zurückgeschrieben ...)
Vielleicht etwas ungewöhnlich, zum Geburtstag so einigermaßen umfangreich mit solchen Sachen zu kommen, aber mir persönlich ist am Geburtstag ein Austausch über interessante Dinge wesentlich lieber als fader 'Smalltalk' ... (weswegen ich meinen eigenen Geburtstag seit Jahren alleine bzw. teilweise zu zweit zu verbringen pflege.) Vielleicht bin ich ja nicht der einzige, dem es so geht ...
Am Ende seines Artikels bringt Ingendaay ein bemerkenswertes Wollschläger-Zitat,
"Ich meide 'die Menschen' keineswegs, ich fürchte sie nicht und hasse sie nicht; ich bin nur - sagen wir - zunehmend wählerisch im Umgang mit ihnen geworden."
Ingendaay fügt hinzu "Auch für Bücherleser ist das eine meisterhafte Lektion." Für Forenschreiber auch.
(Eins noch, aber auch nur am Rande, weil wir es halt gerade von den Theologen "haben" und ich, einmal "losgelassen", zugegebenermaßen ein wenig zur Schwatzhaftigkeit neige ... Paul Tillich, so las ich kürzlich irgendwo, habe kräftig "herumgemacht", sei sozusagen geradezu besessen gewesen von gewissen schönen Dingen des Lebens ... Das fand ich amüsant, habe mich [zugegebenermaßen] [für ihn] gefreut; man muß auch jönne könne. Aber wie gesagt, das nur am Rande.)
Und zur Feier des Tages hier noch ein paar Zitate, ich zitier' ja so gern, und kann auch (einem on-dit zufolge) nichts anderes, außerdem fallen mir solche Sachen halt immer ein, von morgens bis abends und darüber hinaus, also:
"Das Schachspiel übertrifft alle anderen Spiele so weit wie der Chimborasso einen Misthaufen", das hat Schopenhauer gesagt, und es fiel mir neulich ein als ich Deine Ausführungen zu Silberlöwe I + II (Fehsenfeld 26 / 27) wieder las, mit "Wohlgschaft" statt "Das Schachspiel" und "die meisten anderen Publikationen in Sachen May" statt "alle anderen Spiele",
und dann wär‘ da noch Ansgar Pöllmann, der durchaus lesenswerte,
"May hat kein Volk, nur eine Gemeinde, eine nach 'Brot und Spielen' schreiende Klientel von hungrigen Plebejern, die sich nicht emporheben läßt, sondern - eine axdos 'apourhs [Erdenlast] - den zur Erde niederzieht, der mit ihr paktiert"
Also, nicht zu viel erwarten von der „Gemeinde“ ... (am besten gar nichts). Und darauf paßt das noch:
Mit der Hoffnungslosigkeit beginnt der wahre Optimismus. Der Optimismus dessen, der nichts erwartet. (Sartre)
Feier' schön !
Rüdiger Wick