Verfasst: 10.10.2005, 18:19
May, um nun auch meinen Senf zu den Frikadellen hinzuzufügen, ist nicht mein Lieblingsautor. Aber er ist der Autor, mit dem ich mich am meisten beschäftigt habe, weil er mich anrührt. Thomas Mann, dessen "Zauberberg" für mich vielleicht das großartigste Buch ist, das ich jemals gelesen habe, interessiert mich als Person nicht die Bohne. Bei May ist es schon sowas wie Liebe. May war der erste Schreibende, den ich überhaupt als Autor erkannt habe, soll heißen: ich habe begriffen, daß da eine ganz bestimmte Person schreibt, vorher hatte ich halt irgendwelche Bücher gelesen, die Geschichten interessierten mich, aber daß da ein Autor hinterstand, war mir mit 8 oder 9 Jahren einigermaßen gleichgültig. Irgendwann wollte ich dann wissen, was das für ein Mensch gewesen ist, der mich stubenhockenden Jungen in die weite Welt entführte und Abenteuer im Kopf erleben ließ, mir darüber hinaus sogar bei den Schulaufgaben half. Denn nur durch May habe ich gelernt, Landkarten zu lesen, mich für andere Völker und Kulturen zu interessieren, um nur ein Beispiel zu nennen. Ansonsten hat er mich vor vielen langweiligen Mathematikstunden gerettet, in denen ich eh nix kapierte und wundervoll auf den Spuren von Kara Ben Nemsi/Old Shatterhand gedanklich wegdriften konnte. Bei der späteren Beschäftigung mit dem realen Karl May entdeckte ich, daß sein Leben eigentlich noch viel interessanter und abenteuerlicher war, als alle seine Werke. Da gab es auch sehr viel Wiedererkennen der eigenen Unzulänglichkeiten und ein gewisses Amusement, daß der große "Old Shatterhand" ja genau so ein kleines Würstchen war, wie ich selbst. Was ihn mir nur sympathischer machte. Manchmal kann ich ihn überhaupt nicht leiden, nämlich dann, wenn er pompös auftritt, Menschen, die ihn mögen, mies behandelt, überflüssige Prozesse führt, dümmliche Fans favorisiert, die wie jener grauenhafte "Onkel Franz" an Einfalt nicht zu überbieten sind.
Je nun, das soll hier keine allzu lange Abhandlung werden. Für mich ist May eine Sache der Sympathie, der alten Freundschaft, und wenn etwas (bei mir zumindest) über 40 Jahre lang anhält, dann muß es doch schon was sein, oder?
Grüße
Rolf Dernen
Je nun, das soll hier keine allzu lange Abhandlung werden. Für mich ist May eine Sache der Sympathie, der alten Freundschaft, und wenn etwas (bei mir zumindest) über 40 Jahre lang anhält, dann muß es doch schon was sein, oder?
Grüße
Rolf Dernen