"Old Surehand"
Verfasst: 8.9.2012, 20:30
Wieder einmal mit der Triologie "Old Surehand" fertiggeworden, beschäftigen mich die selben Gedanken wie bei früherer Lektüre, die ich so bisher noch nie mitgeteilt hatte.
Und da ich denke, dass sie nicht so eins-zu-eins ins Themenfeld beispielsweise des Threads "Wabbles Bekehrung" passen, erlaube ich mir doch, noch mal einen neuen Thread zum Thema aufzumachen.
Beginnen will ich am Ende, naja, sagen wir - fast am Ende. Bei Wabbles Tod (nicht sein Sterben! - das ist ein anderes Thema)
Wie wir wissen, ist mit der Beerdigung Old Wabbles der Roman noch nicht abgeschlossen. Und trotzdem - bei jedem Lesen hatte ich bisher und auch heute wieder das Gefühl - mit diesen Zeilen ist der Roman zu Ende. Die ergreifende Szene von der Auffindung Wabbles in dem Baumstamm über seine Bekehrung, das angstvolle Beobachten der Beerdigung der Tramps, mit denen er zuletzt geritten war bis hin zum Abschied der Westmänner und Indianer von ihm als er verstorben ist und letztlich seine eigene Beerdigung - diese Seiten sind - um mich so auszudrücken - noch mit "Herzblut" niedergeschrieben worden.
Und finden ihr Ende - leider, möchte ich sagen - in einer von mir als geradezu zynisch empfundenen Formulierung Mays:
"Wir lagerten uns um sein vom Feuer beschienenes Grab und schliefen einen nicht so langen Schlaf wie er, nämlich nur bis zum nächsten Morgen..." (zitiert ausnahmsweise aus der WELTBILDausgabe, Seite 425, Hervorhebung von mir)
Die noch folgenden Seiten erscheinen mir nur noch wie ein Anhang, in dem die noch notwendigen Mitteilungen der Vollständigkeit halber nachgereicht werden. Der Zweikampf zwischen Schahko Matto und Thibaut, die Aufklärung der Ereignisse um die Familie Bender, an der sich Thibaut und Etters schuldig gemacht hatten. Schließlich die finale Verfolgungsjagd auf den General - diese Szenen vermögen den Leser nicht mehr zu fesseln. Hier gelingt es May m.E. leider nicht mehr, noch einmal sein erzählerisches Talent dermaßen in die Waagschale zu werfen, dass der Leser von dem Erzählten wirklich noch berührt wird.
Abgesehen davon, dass es nach meinem Empfinden an keiner Stelle gelungen ist, den General wirklich als den zentralen Schurken des Romans zu etablieren.
Die Editionsgeschichte des Romans wurde schon öfter puliziert und diskutiert und wenn Karl May erleichtert am Ende des Manuskripts seine Erleichterung, es abgeschlossen zu haben, mit einem dreifachen "Endlich" kommentiert, ist es wohl nachvollziehbar, dass es ihm ähnlich gegangen sein dürfte wie dem Leser.
Und so lässt es sich für mich festhalten, dass nach anfänglich anderen Plänen Mays mit seinem Titelhelden "Old Surehand" sein Interesse an dieser Figur rapide nachließ. Zugunsten Old Wabbles, der für mich die zentrale Figur des Romans immer war und ist. Wobei ich hier gleichzeitig betonen möchte, dass Wabble in meinen Augen trotz seiner Schlechtigkeiten, trotz seiner Mordanschläge auf Old Shatterhand nie den literarischen Charakter des Schurken annahm. Für mich vielmehr eine hochinteressant und mehrschichtig angelegte Charakterfigur. (übrigens interessiert mich persönlich hier nur die literarische Gestaltung - eventuell vorhandene und bereits andernorts diskutierte biografische Widerspiegelungen klammere ich hier bewusst aus)
Und sicher ist Wabble auch eine Auseinandersetzung Mays mit dem realen Wilden Westen, der durch Wild-West-Revues von Buffalo-Bill und anderen auch in Mays Heimat zur Entstehungszeit des Romans längst greifbar war.
Wofür die an Shatterhand gerichtete Aussage Wabbles "Er oder ich!Von uns zweien hat nur einer Platz auf der Erde ..." (Bd.3 , Weltildausgabe, Seite 218) für mich ein Indiz ist.
Dieses "Er oder ich" - es könnte auch für eine im Geist Karl Mays stattfindende Rivalität zwischen Buffalo Bill und Old Shatterhand stehen.
Und dazu passt auch - und damit höre ich erstmal mit meinen Gedankengängen auf - dass sich der "Ur-Wabble" in der Erstfassung von "Der erste Elk", die zu Beginn des ersten Surehand-Bandes als Binnenerzählung eines der Protagonisten in den Roman eingebaut ist, in der Grundstruktur noch gut ins Muster der bisherigen Originale Mays wie Sam Hawkens oder Dick Hammerdull einzuordnen scheint und sich erst realtiv langsam während des ersten Bandes in den "eigentlichen" Old Wabble, in die mehrschichtige Charakterfigur, verwandelt.
Die "Old Surehand" Triologie ist und bleibt für mich ein hervorragender Roman, den ich sicher nicht zum letzten mal gelesen haben werde.
Und da ich denke, dass sie nicht so eins-zu-eins ins Themenfeld beispielsweise des Threads "Wabbles Bekehrung" passen, erlaube ich mir doch, noch mal einen neuen Thread zum Thema aufzumachen.
Beginnen will ich am Ende, naja, sagen wir - fast am Ende. Bei Wabbles Tod (nicht sein Sterben! - das ist ein anderes Thema)
Wie wir wissen, ist mit der Beerdigung Old Wabbles der Roman noch nicht abgeschlossen. Und trotzdem - bei jedem Lesen hatte ich bisher und auch heute wieder das Gefühl - mit diesen Zeilen ist der Roman zu Ende. Die ergreifende Szene von der Auffindung Wabbles in dem Baumstamm über seine Bekehrung, das angstvolle Beobachten der Beerdigung der Tramps, mit denen er zuletzt geritten war bis hin zum Abschied der Westmänner und Indianer von ihm als er verstorben ist und letztlich seine eigene Beerdigung - diese Seiten sind - um mich so auszudrücken - noch mit "Herzblut" niedergeschrieben worden.
Und finden ihr Ende - leider, möchte ich sagen - in einer von mir als geradezu zynisch empfundenen Formulierung Mays:
"Wir lagerten uns um sein vom Feuer beschienenes Grab und schliefen einen nicht so langen Schlaf wie er, nämlich nur bis zum nächsten Morgen..." (zitiert ausnahmsweise aus der WELTBILDausgabe, Seite 425, Hervorhebung von mir)
Die noch folgenden Seiten erscheinen mir nur noch wie ein Anhang, in dem die noch notwendigen Mitteilungen der Vollständigkeit halber nachgereicht werden. Der Zweikampf zwischen Schahko Matto und Thibaut, die Aufklärung der Ereignisse um die Familie Bender, an der sich Thibaut und Etters schuldig gemacht hatten. Schließlich die finale Verfolgungsjagd auf den General - diese Szenen vermögen den Leser nicht mehr zu fesseln. Hier gelingt es May m.E. leider nicht mehr, noch einmal sein erzählerisches Talent dermaßen in die Waagschale zu werfen, dass der Leser von dem Erzählten wirklich noch berührt wird.
Abgesehen davon, dass es nach meinem Empfinden an keiner Stelle gelungen ist, den General wirklich als den zentralen Schurken des Romans zu etablieren.
Die Editionsgeschichte des Romans wurde schon öfter puliziert und diskutiert und wenn Karl May erleichtert am Ende des Manuskripts seine Erleichterung, es abgeschlossen zu haben, mit einem dreifachen "Endlich" kommentiert, ist es wohl nachvollziehbar, dass es ihm ähnlich gegangen sein dürfte wie dem Leser.
Und so lässt es sich für mich festhalten, dass nach anfänglich anderen Plänen Mays mit seinem Titelhelden "Old Surehand" sein Interesse an dieser Figur rapide nachließ. Zugunsten Old Wabbles, der für mich die zentrale Figur des Romans immer war und ist. Wobei ich hier gleichzeitig betonen möchte, dass Wabble in meinen Augen trotz seiner Schlechtigkeiten, trotz seiner Mordanschläge auf Old Shatterhand nie den literarischen Charakter des Schurken annahm. Für mich vielmehr eine hochinteressant und mehrschichtig angelegte Charakterfigur. (übrigens interessiert mich persönlich hier nur die literarische Gestaltung - eventuell vorhandene und bereits andernorts diskutierte biografische Widerspiegelungen klammere ich hier bewusst aus)
Und sicher ist Wabble auch eine Auseinandersetzung Mays mit dem realen Wilden Westen, der durch Wild-West-Revues von Buffalo-Bill und anderen auch in Mays Heimat zur Entstehungszeit des Romans längst greifbar war.
Wofür die an Shatterhand gerichtete Aussage Wabbles "Er oder ich!Von uns zweien hat nur einer Platz auf der Erde ..." (Bd.3 , Weltildausgabe, Seite 218) für mich ein Indiz ist.
Dieses "Er oder ich" - es könnte auch für eine im Geist Karl Mays stattfindende Rivalität zwischen Buffalo Bill und Old Shatterhand stehen.
Und dazu passt auch - und damit höre ich erstmal mit meinen Gedankengängen auf - dass sich der "Ur-Wabble" in der Erstfassung von "Der erste Elk", die zu Beginn des ersten Surehand-Bandes als Binnenerzählung eines der Protagonisten in den Roman eingebaut ist, in der Grundstruktur noch gut ins Muster der bisherigen Originale Mays wie Sam Hawkens oder Dick Hammerdull einzuordnen scheint und sich erst realtiv langsam während des ersten Bandes in den "eigentlichen" Old Wabble, in die mehrschichtige Charakterfigur, verwandelt.
Die "Old Surehand" Triologie ist und bleibt für mich ein hervorragender Roman, den ich sicher nicht zum letzten mal gelesen haben werde.