Der Oelprinz – Auslieferung

markus
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von markus »

giesbert hat geschrieben:Wir wissen schlicht nicht, was May geschieben hat.
Wissen wir denn was die Setzer veranstaltet haben?
giesbert hat geschrieben:Zu Hitchcock: nice try, aber völlig neben der Spur.
Das ist nur Ihre Meinung!
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rodger
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von rodger »

Giesbert hat geschrieben: Wir wissen nicht, was May tatsächlich geschrieben hat und es ist durchaus legitim, hier einzugreifen.
Aha. Und deshalb steht dann im Text der Satz falschrum und auf S. 586 im Anhang im Kleingedruckten in der dritten Zeile "47.25 getötet oder gar verwundet Z > verwundet oder gar getötet" usw.
Ich glaub', mein Hamster bohnert.
Giesbert hat geschrieben: Wenn, wie gesagt, der Eingriff ausgewiesen und begründet wird.
Dann kann man ja meinetwegen im Anhang schlaubergern und da verraten, daß man erkannt hat, daß es normalerweise so und so herum steht. Aber bitte nicht im Text.
Giesbert hat geschrieben: Generell finde ich es sehr sehr gut, dass die Ausgabe weitergeführt wird.
Wer findet das nicht ... aber was hat das mit den Einwänden zu tun. (Dieser Satz ist auf Punkt gesprochen und endet daher nicht mit einem Fragezeichen. Der Satzbeginn endet aus ähnlichen Gründen mit drei Pünktchen. Bei falschrum und Hamster bohnert handelt es sich um beabsichtigte, der ironischen Auflockerung dienende Umgangssprache, und die Anführungszeichen bei den Selbstzitaten wurden aus Gründen des persönlichen Geschmacks weggelassen. Um freundliche Beachtung wird gebeten.)
markus
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von markus »

Kann ich jetzt davon ausgehen, daß wenn in der Bücherdatenbank unter Bearbeitung des Textes "unbearbeiteter Neusatz" steht, es sich um blanken Hohn handelt. (Dieser Satz ist auch auf den Punkt gesprochen. Macht viel Spaß die Regeln und Normen zu brechen, Rüdiger, aber trotzdem ists nicht falsch. :D )
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Helmut
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von Helmut »

Ich bin ja, was Eure Empörung angeht Rüdiger & Markus, (fast) völlig bei Euch, aber geht doch mal auf den Einwand ein, dass hier bei der HKA die Bearbeitungen alle(*) dokumentiert sind, im (vollkommenen) Gegensatz zu gewissen Bearbeitungen von anderer Seite.

Helmut

PS.: Wie wir beide wissen, lieber Rüdiger, gibt es offenbar im "Weg zum Glück" eine nicht dokumentierte Bearbeitung in der HKA. Nämlich die "Redlichkeiten" über die Du so gerne schriebst, die gibt es im Original (der 1. Lieferung) gar nicht, dort steht nämlich (offensichtlich fehlerhaft) "Redseligkeiten".
markus
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von markus »

Helmut hat geschrieben:Ich bin ja, was Eure Empörung angeht Rüdiger & Markus, (fast) völlig bei Euch, aber geht doch mal auf den Einwand ein, dass hier bei der HKA die Bearbeitungen alle(*) dokumentiert sind, im (vollkommenen) Gegensatz zu gewissen Bearbeitungen von anderer Seite.
Das ist schon richtig, aber ich frage mich wozu überhaupt bearbeiten. Ich bin, als ich zum erstenmal von der HKA erfahren und gelesen habe, davon ausgegangen, daß es sich ausnahmslos um Originaltext handelt, um einen unbearbeiteten Neusatz, Text wie er auch schon zu Lebzeiten Karl Mays erschien. Für den der sich ernsthaft mit Karl May beschäftigen will, der May so lesen will wie er wirklich war, aus was für Gründen auch immer, ob zur Forschung, oder einfach zum Vergnügen (das wird ja auch oft bei aller Forschung vergessen, daß Bücher eigentlich zum Vergnügen, zur Unterhaltung geschrieben wurden. Hör ich da jetzt irgendwo ein "Wie jetzt...?" :mrgreen: ).

Ich bin da vollkommen mit Rüdiger einverstanden, wenn man die Verbesserungen und Bearbeitungen im editorischen Bericht (dafür ist er schließlich bei so einer Reihe gedacht) erwähnt hätte, den Text aber so gelassen wie er ist/war. Keiner weiß was von May stammt, keiner was vom Redakteur/Lektor kam, keiner was der Setzer machte. Also können wir nicht einfach jemanden davon zum Buhmann machen (meist ist heutzutage May die "arme Sau" die dran glauben muß).
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giesbert
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von giesbert »

rodger hat geschrieben:Aha. Und deshalb steht dann im Text der Satz falschrum und auf S. 586 im Anhang im Kleingedruckten in der dritten Zeile "47.25 getötet oder gar verwundet Z > verwundet oder gar getötet" usw.
Ich glaub', mein Hamster bohnert.
Seufz. Warum "falschrum"? Woher weißt Du eigentlich so sicher, dass sich der Setzer der Zeitschriftenfassung nicht verlesen hat? Nur weil es Dir so herum besser in Deinen Kram passt?

Ich wiederhole es gern noch einmal: Wir haben das Manuskript nicht. Wir wissen nicht, was May geschrieben und der Setzer gesetzt hat. Man muss bei sagenwirmalrasch „Auffälligkeiten im Text“ die editorische Entscheidung treffen, ob es sich um Fehler des Setzers oder des Autors handelt. Die des Autors sind gewissermaßen heilig, Setzerfehler sind es nicht.

Was die konkreten Passagen angeht: Da hast Du eine Meinung, der Herausgeber der HKA eine andere. Das macht Deine nicht richtig und seine nicht falsch.
Dann kann man ja meinetwegen im Anhang schlaubergern und da verraten, daß man erkannt hat, daß es normalerweise so und so herum steht. Aber bitte nicht im Text.
Das wäre eine mögliche Lösung.

Und weil es bei Dir immer so klingt, als hätte der Hrsg. heimtückischerweise einen Original-May-Text absichtsvoll verstümmelt: Das hat er nicht, das konnte er auch gar nicht, weil es den Original-Text nicht gibt. Er hat editorische Entscheidungen getroffen.
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Helmut
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von Helmut »

Ganz so einfach ist das eben gerade bei May eben nicht.
Bei HKA's pflegt man im allgemeinen (meiner Kenntnis nach) nicht die erste Veröffentlichung des Buches (das Original?) sondern die "Ausgabe letzter Hand" (die letzte vom Autor genehmigte Fassung) zugrunde zulegen. Und da ist z.B. für den Ölprinz dann u.a. die Frage ist nicht vielleicht diese "Ausgabe letzter Hand" nicht erst die Veröffentlichung als Buch im Union Verlag, und wenn ja, welche Auflage?
Und des weiteren ist eben auch die Frage, "was ist der Text wie er war"?
Einfacher wäre das Ganze natürlich wenn wie beim "Mir von Dschinnistan" das Manuskript vorhanden wäre, dann bräuchte man sich mit Mutmaßungen, ob die "Fehler" von May, vom Setzer oder vom Verleger sind, nicht herumschlagen.

Helmut
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giesbert
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von giesbert »

markus hat geschrieben:Das ist schon richtig, aber ich frage mich wozu überhaupt bearbeiten.
Weil die Setzer und Lektoren mit den Texten mitunter sehr schludrig umgehen, da wird gekürzt, umgeschrieben und das werden unter Akkorddruck beim Zeitschriftensatz zwangläufig erhebliche Fehler gemacht.

Und weil ein Text, der im Laufe des Autorlebens mehrfach gedruckt wird, am Ende in unterschiedlichen, allesamt vom Autor abgenickten Versionen vorliegt. Welche Fassung nimmt man? Was wandert in den Varianten-Apparat?

Druckte man die erste Druckfassung nach, würde man auch alle offensichtlichen Setzerfehler und alle fremden Eingriffe in den Text nachdrucken müssen.
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giesbert
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von giesbert »

markus hat geschrieben:
giesbert hat geschrieben:Wir wissen schlicht nicht, was May geschieben hat.
Wissen wir denn was die Setzer veranstaltet haben?
Nein. Wir wissen nicht, was May "wirklich geschrieben" hat. Wir wissen nicht, was der Setzer oder ein Lektor in den Text gebracht hat. Da muss der Herausgeber entscheiden und seine Entscheidungen begründen.
giesbert hat geschrieben:Das ist nur Ihre Meinung!
Eine nachträgliche manipulative Bearbeitung eines Films mit den notwendigen Bearbeitungen in einer hist.krit. Ausgabe zu vergleichen ist komplett neben der Spur und hat mit dem Thema rein gar nichts zu tun.

Zum Thema habe wohl schon gelegentlich Plachta empfohlen und tue es gern noch mal:

Plachta, Bodo: Editionswissenschaft. Eine Einführung in Methode und Praxis der Edition neuerer Texte. 168 S. 12 Abb. ISBN 978-3-15-017603-0. Reclam. 4,40 Euro.
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rodger
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von rodger »

Helmut hat geschrieben: Ich bin ja, was Eure Empörung angeht Rüdiger
Ich bin nicht empört (Ihr interpretiert da regelmäßig Aufgeregtheiten in mich hinein, die gar nicht vorhanden sind), sondern äußere mich in aller Gemütsruhe (sozusagen "bleich aber gefasst") über Sachverhalte.
Helmut hat geschrieben: geht doch mal auf den Einwand ein, dass hier bei der HKA die Bearbeitungen alle(*) dokumentiert sind
Hatte ich im Beitrag von gestern abend (dem mit dem Hamster) just getan.
Helmut hat geschrieben: Wie wir beide wissen, lieber Rüdiger, gibt es offenbar im "Weg zum Glück" eine nicht dokumentierte Bearbeitung in der HKA. Nämlich die "Redlichkeiten" über die Du so gerne schriebst, die gibt es im Original (der 1. Lieferung) gar nicht, dort steht nämlich (offensichtlich fehlerhaft) "Redseligkeiten".
Ich wußte das nicht; jetzt weiß ich es, besten Dank. Muß ich heute abend mal nachgucken, ob im Anhang auf die (m.E. in dem Fall richtige ...) Änderung hingewiesen wird. Vermutlich ja. (Und auch wenn ich mit meinen merkwürdigen Ansichten die Änderung in dem Fall für richtig halte, korrekter wäre natürlich auch da gewesen, den Text vorne so stehen zu lassen und hinten auf den vermutlichen Irrtum hinzuweisen.)
Giesbert hat geschrieben: Seufz. Warum "falschrum"? Woher weißt Du eigentlich so sicher, dass sich der Setzer der Zeitschriftenfassung nicht verlesen hat? Nur weil es Dir so herum besser in Deinen Kram passt?
Werter Herr ... (jetzt muß ich a bisserl aufpassen daß ich mich nicht doch aufrege), also, lieber Giesbert, ich "weiß" es nicht "so sicher", aber ich bin davon überzeugt. Die Gründe habe ich bereits dargelegt. Kram hin, Kram her, ich kenne Karl May ganz gut und erlaube mir ein Urteil. Mit dem ich auch falsch liegen kann; das ist nicht auszuschließen.
Giesbert hat geschrieben: Und weil es bei Dir immer so klingt,
Nein, das tut es m.E. nicht. Das kann auch an Euren Ohren liegen, weil sie vielleicht Aufrichtigkeit & Objektivität nicht gewohnt sind oder nicht richtig einschätzen können.

*

Übrigens liegt ein HKA-Text meines Wissens längst vor, auf der Werke-CD, bei Weltbild, Haffmans, Parkland usw. Und wenn ich den lese, weiß ich wenigstens oder gehe davon aus, daß über die möglichen Setzerunachtsamkeiten usw. hinaus keine weiteren willkürlich eingebauten Textänderungen vorliegen.
Scheuch
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von Scheuch »

Mir erschließt sich immer noch nicht, warum die Bearbeitungen notwendig gewesen sein sollen, da nützt auch der Einwand die (in meinen Augen willkürlich scheinenden) Bearbeitungen wären dokumentiert nicht wirklich was. Für mich ist diese Buchausgabe unbrauchbar, und ich werde meine Haffmans-Tb-Ausgabe umso mehr hüten.

-SCHEUCH-
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giesbert
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von giesbert »

Scheuch hat geschrieben:Mir erschließt sich immer noch nicht, warum die Bearbeitungen notwendig gewesen sein sollen
Weil eindeutige Setzerfehler behoben werden, zum Beispiel. Weil Texteingriffe des Lektors / Verlags rückgängig gemacht werden, zum Beispiel.

Ziel einer HKA ist es immer, so nah wie möglich an den Originaltext zu gelangen (wobei man das mitunter im Detail noch ausdifferenzieren muss, etwa, wenn ein Text vom Autor mehrfach überarbeitet und in verschiedenen autorisierten Fassungen vorliegt).

Da bei May kaum Manuskripte oder Korrekturfahnen vorliegen, ist man vielfach auf Vergleiche der verschiedene Drucke und Extrapolationen angewiesen.
Scheuch
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von Scheuch »

Das geht über eindeutige Setzerfehler deutlich hinaus ... zumal wie Du weiter zugegeben hast, nicht klar ist, was nun der Setzter verbockt hat und was May.

Die Bearbeiter sind hier deutlich übers Ziel hinausgeschossen.

-SCHEUCH-
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giesbert
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von giesbert »

Scheuch hat geschrieben:Die Bearbeiter sind hier deutlich übers Ziel hinausgeschossen.
*Das* steht auf einem ganz anderen Blatt 8-)
Schleburg
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Re: Der Oelprinz – Auslieferung

Beitrag von Schleburg »

Ich halte es nun doch für angezeigt, mich in der Oelprinz-Debatte einmal knapp zu Wort zu melden – weniger zu meiner eigenen Verteidigung (obgleich man der Meinung sein kann, dass drei Jahre ehrenamtlicher Detailarbeit incl. siebenfacher Lektüre des Oelprinzen etwas weniger selbstherrliche Kritiker verdient hätten) als um der Zukunft und "Theorie" der HKA willen.
Der Überraschungseffekt (mancherorten gar "Aufschrei") erklärt sich vielleicht nicht zuletzt daraus, dass für den Oelprinzen erstmals ein "Bearbeiter" verantwortlich zeichnete, der nicht aus der Riege der May-Veteranen stammt. (Die editorischen Entscheidungen sind freilich allesamt mit Ruprecht Gammler abgestimmt, einem alten Hasen, dem man Geschmack und Sachverstand nicht allzu nonchalant absprechen sollte...) Der allgemein wahrgenommene Bruch mit den Konventionen der "alten HKA" ist zum Teil ein scheinbarer, zum Teil aber bewusst und reflektiert.

Bewusst und reflektiert sind alle Abweichungen von den früheren Konventionen im Hinblick auf die philologische Methode – und es hätten nach meinem Dafürhalten weit mehr sein dürfen. Tatsache ist: die "alte HKA" war keine HKA, sondern eine bibliophile Leseausgabe mit äußerst eloquenten (wenngleich zunehmend stereotypen) Nachworten. Arbeitsleistung und Verdienste der früheren Herausgeber sind der allergrößten Anerkennung wert, aber es war unvermeidlich, dass der Neubeginn der Reihe im Karl-May-Verlag nach Jahrzehnten mit einer Neudefinition der Methoden und Kriterien einherging. Der Leser sollte dafür, solange das äußere Erscheinungsbild der Reihe dasselbe bleibt, eher dankbar sein, denn Verlässlichkeit und Transparenz der Textkonstitution haben, immer vorbehaltlich menschlicher Fehlbarkeit, eindeutig zugenommen.
"Scheinbar" sind die Abweichungen vom gewohnten Vorgehen insofern, als viele der Maßnahmen, die jetzt Widerspruch und Hohn hervorrufen, vormals in ganz ähnlicher Weise vorgenommen wurden, nur eben STILLSCHWEIGEND – eine "Souveränität", auf die ich gerne verzichte. Niemand weiß, ohne selbst Vergleichslesungen anzustellen, wie viel Wiedenroth & Wollschläger in seinem May steckt. In den neu erschienenen Bänden sind alle (jawohl: auch triviale) Eingriffe in den Text nach bestem Gewissen dokumentiert, nachprüfbar und folglich leicht zu kritisieren – und das ist genau der Sinn einer wissenschaftlichen Edition. Wir haben uns von der Erwägung leiten lassen, dass sich aller Voraussicht nach nie wieder jemand die Arbeit machen wird, sechs Ausgaben des Oelprinzen auf Punkt und Komma miteinander zu vergleichen; wir haben uns diese Arbeit gemacht, und die Ergebnisse stehen auf dem Papier.

Ich zweifle nicht daran, dass auch der Oelprinz seine Errata-Liste verdienen wird, und es liegt mir fern, mich mit Leuten zu messen, die eine Karl-May-Gesellschaft gründeten, bevor ich geboren war. Bisher aber scheinen sich die Vorwürfe im Internet auf Fragen des Geschmacks zu beschränken – und wie subjektiv hier die Kriterien sind, geht schon daraus hervor, dass von der einen Seite die Zurückhaltung in der Textkritik, von der anderen ein Übermaß an Textkritik bemängelt wird. Von der einen Seite wird gefordert, May am Grimmschen Wörterbuch auszurichten (dann hätten die Leser ihren Oelprinzen wirklich nicht wiedererkannt), von der anderen Seite wird noch in simple Schlampereien des Setzers eine bewahrenswerte literarische Aussage hineingelesen. Ich kann nur erneut darauf hinweisen, dass es jedem Leser möglich ist, die paar Stellen, an denen wir uns gegen Z UND B entschieden haben, mit einem Blick zu überfliegen – und anderer Meinung zu sein. Angesichts der Orthographie, der Interpunktion und des Stils der historischen Textzeugen, so wie der entwaffnenden Schludrigkeit der Mayschen Komposition, haben wir es für richtig gehalten, dort einzugreifen, wo sich Sinnentstellungen durch minimale (also im Schreib- und Satzverfahren wahrscheinliche) typographische Verwechslungen erklären ließen.

Am Rande bemerkt: einiges an Spott hätte sich durch genaueres Hinsehen erübrigt. So ging es in 17.35 nicht darum, dem Autor Singular oder Plural vorzuschreiben, sondern den offensichtlichen Fehler "lange Leinenhose" zu beheben; zwei Möglichkeiten waren denkbar: "eine lange Leinenhose" oder "lange Leinenhosen"; wir haben uns anhand einer Parallelstelle für den Plural entschieden. Über andere im Forum aufgeworfene Fragen, wie die nach der besten Textvorlage, gibt der Editorische Bericht (und die Dokumentation früherer Bände der Abteilung "Jugenderzählungen") Auskunft. Die grundsätzliche Frage: wozu man zwischen Reprint einerseits und Leseausgabe andererseits überhaupt eine HKA brauche, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.

Was die Formalia angeht, so gehören nach meinem Verständnis von Philologie zu einem Editionsbericht bibliographische Nachweise. Dass Herr Wollschläger den Eindruck zu erwecken verstand, er schöpfe aus unmittelbarer Anschauung der Tatsachen, ist bewunderns-, aber sicher nicht nachahmenswert. Ich hatte zunächst eine Bibliographie am Ende des Editionsberichtes vorgesehen; wir haben uns dann auf Fußnoten geeinigt, wie sie auch im Roman selbst Verwendung finden. Hat sich je ein wissenschaftlicher Text für Fußnoten rechtfertigen müssen? Auch die vor einigen Wochen ausgebrochene Aufregung um die Zeilennummern am Seitenrand ist mir völlig unbegreiflich, und ich gestehe, dass ich sogar dafür plädiert habe, die Seitenzahlen der Druckvorlage (in unserem Falle also Z) an den Rand des Textes zu drucken – wie dies seit hundert Jahren in seriösen Editionen gang und gäbe ist. Die Kategorisierung der Textvarianten (lexikalische, morphologische, orthographische etc.) ist ein Service, der dem Leser seitenlange ungegliederte Auflistungen erspart und dem Philologen einen Einblick in die Frührezeption des Textes und die Praktiken im Hause Spemann gewährt; wenn das einzige Gegenargument "das hat‘s früher nicht gegeben" lautet, dann – ja, dann erübrigt sich eigentlich jede Diskussion.

Ich hätte mir einen weniger kontroversen Einstand gewünscht, aber so richtig widerlegt fühle ich mich offen gestanden nicht...
Mit herzlichem Gruß an alle Karl-May-Freunde,
Florian Schleburg
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