wer liest hier noch Karl May?

karmaqueen
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Beitrag von karmaqueen »

Rolf Dernen hat geschrieben:Irgendwann habe ich mich dann allerdings ein bißchen auf die Editionsgeschichte spezialisiert und finde inzwischen Bibliographien spannender als Biographien.
dem kann ich mich nur anschließen!
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Helmut
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Beitrag von Helmut »

Bei mir lief die May-Lektüre in verschiedenen Phasen ab.
Als Kind/Jugendlicher schlicht als begeisterter Abenteuerleser.
Später interessierte mich immer mehr auch der Mensch, der diese für mich so schönen Bücher schrieb.
So bin ich mittlerweile schon mehrere Male durch sehr viele seiner Bücher durch, und ich habe jedesmal immer wieder neues darin und dabei gefunden. Spannend wurde dann ihn endlich auch mal im Original zu lesen.
Ich habe mir vorgenommen (wenn möglich) demnächst noch einmal (jetzt aber vollständig) alle seine Werke in der Originalgestalt zu lesen. Im Augenblick bin ich aber noch beim Sammeln dieser Originaltexte, ich hoffe aber, dass ich sie bald habe.
Ausserdem bin ich auch noch beim "Abarbeiten" der Sekundär-(und Tertiär-)literatur.
So wird die May-Literatur (hoffe ich) immer aufs neue spannend, wenn man die Zusammenhänge zwischen seinem "wirklichen" Leben und dem "gespiegelten" in seinen Büchern zumindest erahnen kann.
Zum Besispiel gibt mir die "Surehand"-Trilogie (mit all seinen "gebrochenen" Gestalten) viel mehr Sinn, seit ich mir ungefähr vorstellen zu können glaube, was zu der Zeit in Karl May vorging.

Gruß, Helmut
Lola
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Beitrag von Lola »

>>> Ich hatte immer schon was übrig für literarische Welten

Das ist es, eine Welt, ein Kosmos.
Ich persönlich schiebe es auf den menschlichen Sammertrieb dass man diese mini-Kosmen so mag.

Außerdem interessiere ich mich dafür wie so ein Kosmos künstlich ausgeweitet wird. Entweder durch Editoren, Übersetzungen, Filme (die ja oft andere Handlungsstränge und interpretationen haben), Spin-Off-Bücher. Es erinnert mich an eine Art "Stille Post" Spiel wo jemand eine Geschichte hört und den Teil der die am meißten beeindruckt und ihnen in Erinnerung bleibt weitergibt.
Ich hoffe, Du meinst nicht diese schwülstigen Prediger mit den aufgesetzten Tönen in den Massenveranstaltungen und im TV. Bei denen könnte ich, um einen Forenteilnehmer zu zitieren, „Erbsensuppe spucken“.
Nein, ich dachte eher an die organisierten rechten Christen die laut Verschwörungstheortikern grade die Republikaner übernehmen :)
>>> Obwohl ich durchaus von Bewunderung sprechen würde, muß ich sagen dass das in meinem Fall nicht unbedingt heißt dass mich jedes Detail aus seinem Leben interessiert.

Es ist aber hilfreich, und hochinteressant.
Dem stimme ich durchaus zu. Aber ich glaube auch dass es sehr möglich ist dass ein normaler, nicht außergewöhnlicher Mensch fähig ist etwas Außergewöhnliches zu leisten. Wenn man nur lange genug sucht findet man in jedem Menschen etwas Langweiliges oder Unangenehmens, genauso wie man in jedem Menschen wenn man nur genau genug hinsieht Zeichen von Außergewöhnlichkeit finden kann. Ich schätze dass macht für mein persönliches Empfinden die Persönlichkeitsforschung ein wenig redundant, weil man in jedem Menschen "etwas" finden kann wenn man sich nur die Mühe macht.

Es ist mir ziemlich egal was Mozart gedacht oder gefühlt oder bezahlt gekriegt hat als eine seine Musik geschrieben hat. Ich lehne mich lieber zurück und überlege mir lieber wie die Musik auf mich wirkt und wie sie meine Fantasie beflügelt.
Im Laufe von (bald) 49 Jahren: Durch die Wüste, Von Bagdad nach Stambul, Winnetou I + II, Am Jenseits, Winnetou IV.
Die Evergreens :) Obwohl, warum grade "Von Bagdad nach Stambul", gibt es da irgendeinen besonderen Grund.
wenn du dich doch einmal dazu aufraffen kannst, dann lies auf jeden fall "winnetou IV" und nicht die bearbeitete fassung "winnetous erben". winnetou IV ist als alterswestern eigentlich ein schöner abschluss für das gesamtwerk.
Ich weiß nicht, es hat mich schon sehr traumatisiert beim erstem Mal lesen :lol: Mal sehen ob ich mich dazu aufraffen kann.
May selbst lese ich in letzter Zeit weniger, und wenn ich mal zu einem Band greife, ist es mein geliebtes "Waldröschen" in der Historisch-Kritischen Ausgabe bzw. wenn mir nach Fraktur zu Mute ist im Reprint der Edition Leipzig. Ich mochte diesen völlig verrückten Kolportageroman schon als jugendlicher Leser, damals kannte ich allerdings nur die KMV-Bearbeitung.
Ich kann mich erinnern das Waldröschen ziemlich gemocht zu haben (obwohl man erst mal drüber hinwegkommen muß dass es mit dem "Schatz der Azteken" Film nicht allzuviel zu tun hat). Außdem war es mein erster "Nicht Karl May/Old Shatterhand/Kara Ben Nemsi als zentrale Figur" Buch. Aber es hat sehr viel Charme. Die einzige Stelle die mich gestört hat war als einige der Hauptcharaktäre für einige Jahre auf einer Insel verschollen sind. Das fand ich dann doch ein wenig seltsam :shock:

So, hätten all die großen Fans der Sekundärliteratur vielleicht Lust ein paar Tipps zu geben? Welche Bücher sich besonders lohnen?
karmaqueen
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Beitrag von karmaqueen »

Lola hat geschrieben:So, hätten all die großen Fans der Sekundärliteratur vielleicht Lust ein paar Tipps zu geben? Welche Bücher sich besonders lohnen?
arno schmidt, sitara oder der weg dorthin.

ein "klassiker": großes lesevergnügen, sehr witzig, haarsträubende thesen (denen ich meist auch nicht zustimme). forschungsgeschichtlich sehr interessant, weil das buch so eine starke gegenreaktion provoziert hat (und dadurch die may-forschung erst richtig in fahrt gekommen ist).
Lola
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Beitrag von Lola »

forschungsgeschichtlich sehr interessant, weil das buch so eine starke gegenreaktion provoziert hat (und dadurch die may-forschung erst richtig in fahrt gekommen ist).
Warum? Ein Beispiel vielleicht?

Ist es immernoch halbwegs leicht erhältlich oder schon vergriffen?
karmaqueen
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Beitrag von karmaqueen »

Lola hat geschrieben:
forschungsgeschichtlich sehr interessant, weil das buch so eine starke gegenreaktion provoziert hat (und dadurch die may-forschung erst richtig in fahrt gekommen ist).
Warum? Ein Beispiel vielleicht?

Ist es immernoch halbwegs leicht erhältlich oder schon vergriffen?
taucht immer wieder bei ebay auf, ansonsten bestimmt bei zvab.com. es gibt hier bestimmt bessere experten aber ich versuch's mal:

- landschaftsbeschreibungen sind bei may immer "körperwelten" (und da vor allem das gesäß).
- im grunde ist das gesamte werk mays nur sublimierte sexualität.
- old shatterhand="alte schütterhand"=masturbation. mahra durimeh wird irgendwann als "puffmutter" bezeichnet, winnetou als "lude" aus mays sturm-und-drang jahren.
usw.

wie gesagt, haarsträubend aber sehr unterhaltsam 8)
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Helmut
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Beitrag von Helmut »

Ausser A.Schmidt als Tips für Sekundärliteratur:

Karl-May-Handbuch, herausgegeben von G. Ueding

Biographien:
H. Wollschläger : "Karl May, Grundriss eines gebrochenen Lebens" (immer noch die Beste)
Chr. Heeremann : "Winnetous Blutsbruder" , KMV (ausführlich und detailliert)
und natürliche seine eigene:
"Mein Leben und Streben" (sollte aber unbedingt der bei Olms erschienene Reprint sein, alleine wegen der Anmerkungen (obwohl ich eigentlich Bücher hasse, bei denen man beim Lesen ständig hin- und herblättern muss))

Ueding, Wollschläger und Heeremann sind z.B. hier im "Trading-Post-Onlineshop" zu haben. Den Olms-Reprint "Mein Leben ..." gibt's
derzeit nur antiquarisch, aber bei www.zvab.com findet man mehrere Exemplalre.

Gruß, Helmut
Lola
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Beitrag von Lola »

Gibt es auch sekundär Literatur die sich mehr auf das Werk als auf die Person von Karl May konzentriert?
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Helmut
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Beitrag von Helmut »

Im Karl-May-Handbuch werden "Leben, Werk und Wirkung" behandelt, ausserdem gibt's da auch ein gutes Lieteraturverzeichnis zu weiterführender Literatur.

Helmut
karmaqueen
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Beitrag von karmaqueen »

lohnenswert sind auf jeden fall auch die bibliographien von plaul (bis 1912) sowie von hermesmeier/schmatz (1912-1945). und der band "traumwelten" zu den illustrationen (bis 1912) von ebendem letztgenannten autorenduo.
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Helmut
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Beitrag von Helmut »

Vielleicht doch noch zu Schmidt's "Sitara":
das Buch ist immer noch im normalen Buchhandel zu haben (zumindestens die gebundenen (und damit teueren) Ausgaben).

Das Fazit seiner "Studien" :
May konnte/musste so viel schreiben um seine unterdrückte Homosexualität in seinen Büchern auszuleben, und darauf beruht auch der Reiz für seine vielen Leser.
Ausserdem ist Marah Durimeh ein Bild seiner Großmutter, die ihn in die Sexualität eingeführt hat, und Winnetou ist der Wunschtraum seiner sexuellen Phantasien während der Zeit im Zuchthaus.

(Überflüssig zu sagen, dass ich das für falsch halte)
Helmut
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Helmut
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Beitrag von Helmut »

Hallo Lola,
ausserdem gibt es ja auch noch die Tertiärliteratur zu Karl May, nämlich von M. Lowsky : "Karl May" ( in der Sammlung Metzler erschienen, und auch hier im "trading post" erhältlich).
In diesem Buch sind zu (fast) allen Aspekten zu Karl May, die dazugehörige Sekundärliteratur aufgelistet.
Jetzt denke ich, reicht's erstmal von mir.

Gruß, Helmut
Lola
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Beitrag von Lola »

Na der Sitare klingt jedenfalls sehr amüsant. Frage mich was seine Analyse von den Humorcharaktären wie Lindsay, Sam oder Halef sind. :wink:

Werden die Thesen einfach nur zum Spaß und zum Schock herumgeworfen oder wird wenigstens versucht sie irgendwie zu untermauern?
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Helmut
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Beitrag von Helmut »

Mit Lindsay oder Sam hat er sich meines Wissens nicht näher beschäftigt.
Aber mit Halef:
"kleiner Kerl mit großem Turban (=Kopf), wer ist das wohl?
Genau Mays Penis!"

A.Schmidt hat versucht die Methode der Freud'schen Traumdeutung auf Mays Werk anzuwenden. Kenner dieser Theorie sagen aber, dass A. Schmidt sie selbst nicht richtig verstanden und sie auch noch falsch angewendet hat.

Helmut
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Beitrag von Lola »

Stelle mir grade vor wie Karl May allein durch die Wüste reitet und sich die ganze Zeit mit seinem Halef unterhält. Gottseidank gibt es genug Beispiele in den Büchern in denen Halfe zu wahrer (moralische :wink: ) Größe anwächst. :lol: :lol: :lol:

Hey, solange es amüsant ist....

Was ist mit den Büchern vom Typ "Auf Karl Mays Spuren". Wo irgendwelche Leute die Orte besuchen die in den Romanen vorkommen. Gibt es da lohnende?
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