Mein erstes Hörspiel ---

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jwoebking

Mein erstes Hörspiel ---

Beitrag von jwoebking »

Hörspiele – allgemein.

DER SCHATZ IM SILBERSEE.
Für einen damals neunjährigen Jungen, der sich geschickt in die Vorstellung eines Vorstadtkinos geschmuggelt hatte, war es ein Erlebnis Winnetou auf der Leinwand reiten, kämpfen und siegen zu sehen.

Natürlich sollte das Abenteuer eine Fortsetzung erfahren und so machte sich der Junge, zusammen mit seinem Vater, auf den Weg, um wenig später auch WINETOU 1 bestaunen zu können. Die Karten wurden gekauft und auch ein Programmheft nannte man sein eigen.
Aber leider wurde aus dem Kinobesuch nichts. Eine resolute Dame, die die Aufgabe hatte, die hübschen Eintrittskarten zu zerreißen, verwehrte Vater und Sohn den Eintritt. „Der Junge ist noch keine zwölf Jahre halt“.
Mit diesen Worten wurde die Hoffnung ein weiteres Abenteuer des edlen Apatschenhäuptlings erleben zu dürfen für den Jungen unmöglich. Alle Bitten des Vaters nutzten nichts. Bis heute frage ich mich, was hätte Old Shatterhand mit dieser Dame gemacht?
Gut vierzig Jahre sind seit diesem Erlebnis vergangen. Das Vorstadtkino, in dem ich einen KARL MAY – Film zum ersten Mal erleben durfte wurde vor langer Zeit dem Erdboden gleichgemacht. Das Gebäude in dem sich damals das Kino befand und in dem diese fleischgewordene Kliuna-ai ihren Dienst tat, gibt es noch. Aber dort, wo einst Winnetou und Old Shatterhand Blutsbrüder wurden, wo der Apatsche seiner großen Liebe Ribanna nachtrauerte und wo er letztendlich sein Leben aushauchte, wird heute Fleisch und Käse verkauft.
ALDI lässt grüßen!
Als mein Vater und ich das Foyer des Kinos verließen, ich hatte immerhin noch das Filmprogramm, drehte er sich plötzlich um, beugte sich zu mir herunter und sagte: „Wir kaufen dir ein Hörspiel!“
„Ein Hörspiel?“
Unter dem Begriff „Hörspiel“ konnte ich mir nichts vorstellen, aber ich folgte meinem Vater von einem Geschäft in das nächste.
Auf der Schlossstrasse in Koblenz wurden wir endlich fündig. Der Verkäufer suchte die Langspielplatte DER SCHATZ IM SILBERSEE herraus. Mein Vater war hocherfreut endlich das gefunden zu haben, nachdem er gesucht hatte. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen als ich mir die Hülle der LP, heute sagt man Cover dazu, anschaute. Wo war Winnetou, wo war Old Shatterhand? Auf dem gezeichneten Bild waren zwei Indianer zu sehen, die in einem Kanu über einen See ruderten um anscheinend eine winkende Gruppe von Menschen zu erreichen.
Meinem Vater schien mein Unmut auch aufgefallen zu sein. Aber er setzte sich durch. „Wir kaufen diese Langspielplatte und hören sie uns gleich zusammen an.“
Die Sache war erledigt.
Auf der Fahrt nach Hause, wir fuhren damals noch mit dem Bus, vertiefte ich mich in mein Filmprogramm und schaute mir die Bilder an.
Aber jede Fahrt hat einmal ein Ende.
Wir betraten bald nicht nur unsere Wohnung, sondern auch das dazugehörige Wohnzimmer.
Wie in damaligen Haushalten üblich, jedenfalls in den meisten die am „Wirtschaftswunder“ ihren Anteil hatten, verfügten wir über eine so genannte „Musiktruhe“. Man klappte den hochglänzenden Deckel auf, der aus Mahagoni für Arme bestand, und schon erblickte man der Plattenspieler, auf dem sich nun diese LP drehte.
Vater drückte einen der glänzenden Knöpfe, der Tonarm erhob sich majestätisch, schwenkt nach links und näherte sich bedenklich dem Rand der LP. Ganz langsam, ja, ich möchte sogar sagen „zärtlich“ senkte sich der Tonarm ab um den Kontakt zwischen ihm und der Platte herzustellen. Ein leises „Knacken“ war zu hören.
Ich hatte mich inzwischen im Schneidersitz, der mir heute aufgrund der Gewichtszunahme nicht mehr möglich ist, vor der mächtigen Musiktruhe niedergelassen.
Und was hörte ich?
Alles begann mit einem Indianergeheul.
Und dann diese Stimme:
- Bei meinem alten Monstrum von Hut, ich will geschmort, geröstet und in Öl gebraten werden, wenn’s nötig ist, dieses kannibalische Geheul von den Indsmen, dass bestimmt was fatales zu bedeuten. Was meinen sie lieber Firehand? -
Bald schon waren Winnetou und Old Shatterhand zu hören.
Ich war begeistert!!!
Wie oft ich die LP in den folgenden, noch jugendlichen, Jahren gehört habe, kann ich heute nicht mehr sagen. Mich wundert es aber, dass die LP, die Attacken des Tonarmes bis heute überstanden hat.
Mein Dank an Joseph Offenbach !!!!!

Vielleicht sind meine privaten Erfahrungen nicht interessant,
trotzdem

in diesem Sinne

Joachim Wöbking
(der „Santer“ der KARL MAY – Szene)
andrea
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Beitrag von andrea »

Good day, Mr. Santer, 8)

also mir hat´s gefallen. Sind doch schöne Erinnerungen.

Wir hatten auch so eine Musiktruhe. Bei einer meiner Geburtstagsfeiern haben wir Kinder mit Knetgummi spielen dürfen... Bis meine Mutter dieses dann aus der Musiktruhe rauskratzen musste. Das fand sie dann nicht so lustig.
Meine Mutter und ich sind mit unseren Platten jedoch so sorgsam umgegangen, dass man sie heute noch ohne große Knackser hören kann. Wir haben Sie vor allen Dingen nie verliehen.

Grüße
andrea
andrea
Thomas Schwettmann

Beitrag von Thomas Schwettmann »

Ja, besser als mit einem Joseph-Offenbach-Hörspiel kann man seine Karl-May-Hörspiel-Karriere nicht beginnen. Bei mir waren es die magischen Worte:

- Kennst du diese Gegend?
- Ja.
- Nun, was ist's?
- Amerika!

Man sollte eigentlich alle neuen Produzenten, Regiesseure und Bearbeiter von Karl-May-Hörspielen zwangsverpflichten, die vier Offenbach-Aufnahmen zu hören, damit sie mal merken, was für ein Niveau da möglich ist, wenn man sich Mühe gibt.

Hasta la vista
Thomas
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rodger
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Beitrag von rodger »

... und alle Freilichtspiel-Fritzen nach Worms schicken !

:D
jwoebking

Beitrag von jwoebking »

rodger hat geschrieben:... und alle Freilichtspiel-Fritzen nach Worms schicken !

:D
Warum nach Worms?
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rodger
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Beitrag von rodger »

Dort gibt es Freilichtspiele, die die Karl-May-Spiele gängiger Machart, frei nach Schopenhauer, überragen wie der Dschebel Marah Durimeh oder der Mount Winnetou einen Misthaufen.

:wink:
jwoebking

Beitrag von jwoebking »

rodger hat geschrieben:Dort gibt es Freilichtspiele, die die Karl-May-Spiele gängiger Machart, frei nach Schopenhauer, überragen wie der Dschebel Marah Durimeh oder der Mount Winnetou einen Misthaufen.

:wink:
aha
andrea
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Beitrag von andrea »

rodger, du willst doch wohl nicht Aardappelen mit Appelen vergleichen??

8)
andrea
andrea
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rodger
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Beitrag von rodger »

Aardappelen mögen sich von Appelen – bei durchaus auch vorhandenen Gemeinsamkeiten – meinethalben unterscheiden. Gibt es jedoch, erstaunlicherweise, ein Lokal, das Appelen gekonnt und schmackhaft zubereitet, während andere Lokale Aardappelen nach Schema F und am Massengeschmack ausgerichtet servieren (meist in Form von Chips oder Sticks, d.h., die Aardappelen sind als solche nicht mehr erkenn- oder schmeckbar), dann ist es durchaus angezeigt, die Lokalitäten zu vergleichen.

Man wird den Geschmack der Masse und die gängigen deprimierenden Gepflogenheiten dadurch nicht verändern, aber der eine oder andere geneigte Gast, oder auch Koch, besucht vielleicht mal das singuläre Lokal, und dann sieht er, wie es ginge, und wie man es macht: kochen. Und weiß dann erst, was ihm in den Freßbuden entgeht.
andrea
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Beitrag von andrea »

My dear rodger,

du wirst aber doch zugeben, dass in Worms ne Menge mehr Geld dahinter steckt, was es dann auch ermöglicht, auf qualitativ hochwertigem Niveau zu kochen?? N`est-ce pas?

Worms dürfte eine ganz andere Liga sein.
Ich freue mich schon drauf.

Und für nächstes Jahr wieder was Neues: Die Bregenzer Festspiele.
Der Troubadour auf einer Ölplattform. Wobei die ja so richtig gut aussieht, das hat mich direkt angesprochen. Normalerweise bin ich nämlich nicht so ein Fan von modernen Operndarstellungen.

Gruß
andrea
andrea
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