Karl May Bühne der Zukunft ?

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rodger
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Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von rodger »

Mein Fazit möchte ich, da in diesem Text zwischendrin unvermeidlicherweise auch mal herbe kritische Töne angeschlagen werden, gleich vorweg nehmen: Das könnte die Karl May Bühne der Zukunft werden.

Die Voraussetzungen sind ausgezeichnet. In unmittelbarer Nähe zu Karl Mays Geburtsstadt, autobahnnah, mit einer wirklich wundervollen stimmigen Naturbühne einschließlich Wäldchen und See, mit einem – größtenteils – engagierten, guten Team sowie einem Leiter, dem ich vor Ort das Mit-ganzem-Herzen-bei-der-Sache-dabei-sein und den unverzichtbaren Idealismus an der Nasenspitze ansehen zu können meinte.

Noch ist einiges allerdings sehr im Entstehen begriffen und noch lange nicht ausgereift, vom Drumherum bis zu einzelnen Darstellern, aber wenn jedes Jahr etwas dazu kommt, die Sache kontinuierlich wächst, wo kann man dann in drei oder fünf Jahren sein ! Hierhin werde ich jedenfalls, sehr neugierig geworden, nächstes Jahr wiederkommen, auch wenn ich nach drei Freilichtaufführungen in der letzten Zeit für mich festgestellt habe, dass die Freilichtspielerei mit all ihren Begleiterscheinungen meine Sache so sehr nicht ist.

Ganz schlecht ist es natürlich, wenn man am Vortag einer Fünfhundert-Kilometer-Reise durch Zufall, weil man vorsichtshalber noch mal im Internet nachguckt, erfährt, dass es entgegen ursprünglichem Plan keine Abendvorstellung geben wird, nur eine am Nachmittag. Das hätte man nun ja doch wohl mal in einem Forum, wo es seit Wochen ständig um diese Bühne geht, zur Kenntnis geben können, und sollen. Also, Glück gehabt, Reiseplan fix geändert und Nachmittagsvorstellung angepeilt.

Das Gelände am Stausee Oberwald ist ein riesiges, für den Fremdenverkehr erschlossenes Areal, man kann baden, Boot fahren, allerlei Sport treiben, Camping und Ferienhäuser gibt’s (letztere teuer !). Bin hinterher ein bisschen herumgelaufen, dort könnte ich mir vorstellen, einige Tage Urlaub zu verbringen. Nette Gastronomie, man sitzt draußen und guckt auf den See, doch, das hat was.

Am Eingang hängen Plakate und weisen auf die Spielplanänderung hin, etwas seltsam ist es schon, dass wegen Erkrankung eines Darstellers nachmittags, nicht abends gespielt wird, ist’s eine Erkrankung, deren Symptome sich in den Abendstunden verschlimmern ? Allenfalls denkbar, dass einer der doppelt besetzten Herrschaften krank ist und der andere abends verhindert, nunja, ehrlich gesagt, glaube ich, dass für den Abend nicht genug Karten verkauft sind.

Ein Indianerdorf gibt es schon, einen kleinen Verkaufsstand auch, wenn da noch Saloon, Souvenirladen, Bücherlädchen und was weiß ich dazukommt und dann auch optisch alles noch schöner hergerichtet ist, dann kann das hier eine tolle Angelegenheit werden. Und so kleine Erfreulichkeiten wie das unaufgesetzt freundliche und witzige Kassenpersonal, mit dem ich gleich in kalauerndes Gespräch und gemeinsames Gelächter komme (ungewöhnlich bei einem reservierten Eigenbrötler), verdienen auch, erwähnt zu werden.

Das Bühnenbild, dezent und unaufwendig, so hab’ ich es gern. Wunderbar die Natur mit einbezogen. Für meinen Geschmack die optisch schönste Bühne. Auf den albernen Pappfelsen, auf dem nur am Ende der Graf von Luxemburg, Verzeihung, Santer, herumtänzelt, hätte man allerdings gut und gerne verzichten können.

Der Sprecher vom Tonband am Anfang gefällt mir nicht, „seifig“ würde ich sagen. (Frage mich keiner, was das bedeutet, ich schreibe assoziativ. - Da mir der Sprecher am nächsten Tag in Rathen auch nicht gefällt, empfehle ich, mal nach Mörschied zu fahren und sich Christian Städter vom Tonband anzuhören. So muß man’s machen.)

Es dauert eine geschlagene Viertelstunde, bis es losgeht, vermutlich Rücksicht auf die leider allgegenwärtigen und unsterblichen Zuspätkommer, dafür fängt man später nach der Pause einfach so an, obwohl die Leute noch in hellen Scharen draußen sind, da sollte man sich in den kommenden Jahren noch etwas anderes einfallen lassen.

Sehr schöne Stellen im Textbuch (von Uwe Hänchen, der, mit Herbert Graedtke, auch für die - gute - Regie verantwortlich zeichnet) über die Kälte des Landes, aus dem Old Shatterhand kommt, und dass bei den Bleichgesichtern nicht die Tapferen und die Könner an der Spitze stehen, sondern die, die sich gut verkaufen und schön reden, wie wahr, wie wahr. Sehr schöne Musik, richtig mit Feeling ausgewählt und eingesetzt, ganz unüblich für Freilichtbühnen.

Auf großes Action-Spektakel als Selbstzweck verzichtet man hier erfreulicherweise, und das, was geboten wird an Kampfszenen und Aktion, ist gut gemacht und sieht gut aus. Auch auf ehemalige sogenannte Stars oder deren Angehörige verzichtet man, dafür hat man, mit Ausnahmen, konzentrierte, engagierte und gute Schauspieler. Schön !

Bringen wir erstmal das unvermeidliche hinter uns. Santer, aber hallo. Ich weiß nicht welcher von den im Programmheft genannten Herren das war (es sind zwei alternierende genannt) und will nicht dem falschen zu nahe treten, aber an diesem Samstag Nachmittag (24.7.) sah ich einen, der schien einer schlechten Operettenbühne entsprungen, entsprechende Bewegungen, aufgesetzte Töne und ein bis zum Schlussapplaus durchgehaltener, maskenhafter Einheitsgesichtsausdruck. Und Old Shatterhand hat mir auch nicht gefallen, ganz nett, ein bisschen tapsig, aber nicht die Figur, wie man sie sich vorstellt.

Aber: Thomas Schulze als Winnetou, hochkonzentriert, anrührend. André Hiller als Sam Hawkens, zunächst musste ich zugegebenermaßen an Clown August denken, aber dann hat mich das intensive, glaubwürdige Spiel doch überzeugt. Julia Siebenschuh sieht zwar nicht aus wie Nscho-tschi, stellt sie aber hervorragend dar, und vermag anzurühren. Sehr. Gudrun Scheibner als Sam Hawken’s Braut, menschlich, sympathisch, ein süßes Pärchen ist das. Thomas Bieberstein als Bancroft und Charles Lemming als Rattler hatten sehr überzeugende Momente, und auch die anderen, hier nicht genannten haben ihre Sache ordentlich gemacht (nur der in einem Kurzauftritt heftig sächselnde Indianer sollte noch ein bisschen üben: Lager. Laaager. La – a – ger.)

Diese Bühne mit diesen Voraussetzungen ist eine große Chance.
Nutzt sie !
Zuletzt geändert von rodger am 26.7.2004, 20:35, insgesamt 1-mal geändert.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Ich vergaß: daß im Programmheft bzw. auf dem Besetzungszettel die Personen in fünf Gruppen eingeteilt und entsprechend in fünf verschiedenen Kästchen dargestellt werden, nämlich: Die Helden - Die Apachen - Die Kiowas - Die Guten - Die Schurken, dafür fällt mir gerade nur ein Wort ein, und das benutze ich auch: bescheuert !

:wink:
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Rüdiger!

Ganz schnell und spontan ein herzliches Dankeschön für deine Eindrücke dieser neuen Bühne. Endlich schreibt mal jemand so darüber, daß auch ich etwas damit anfangen kann.

Viele Grüße

Rolf
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Abu Seif
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Re: Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von Abu Seif »

Was ist eigentlich aus dem Projekt geworden? Das soll mal was abgebrannt sein, bin vor 2 Wochen am Gelände vorbei gewandert, es hingen Plakate aber ich hatte keine Zeit näher zu schauen. Weiß da jemand mehr drüber?
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rodger
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Re: Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von rodger »

Die Bühne gibt es nicht mehr.

Vermutlich wurde in dem Zusammenhang dieser Thread in den Saloon verschoben, wenn ich mich nicht irre stand der seinerzeit unter "Karl May Stätten in Sachsen" und da gab es eine Abteilung Freilichtbühne Hohenstein-Ernstthal (?) Ohne entsprechende Zuordnung / Überschrift ist ja auf den ersten Blick gar nicht mehr erkennbar, worauf sich der Thread bezieht ...

:roll:
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Abu Seif
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Re: Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von Abu Seif »

werde mich dann mal aufs fahrrad schwingen und schauen was da so los ist
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rodger
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Re: Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von rodger »

Es gibt die Bühne schon mehrere Jahre nicht mehr, es ging um Geld, zu geringe Besucherzahlen usw. Schade, das hatte was.
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Abu Seif
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Re: Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von Abu Seif »

An den Greifensteinen gibt es auch keinen May mehr, die können ja nicht mal den Winnetou richtig schreiben :lol:

http://www.greifensteine.com/Theater.html


Ps. in den Greifenstein Thread komme ich nicht rein, ich hätte keine Berechtigung. Wieso eigentlich?
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Tobias K.
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Re: Karl May Bühne der Zukunft ?

Beitrag von Tobias K. »

rodger hat geschrieben: Der Sprecher vom Tonband am Anfang gefällt mir nicht, „seifig“ würde ich sagen.
Und nu kommentiert ausgerechnet Abu Seif. Ist das nun Ironie des Schicksals? :)
"So scheint mein Rohr besser zu sein als das Eurige, obgleich es viel kleiner ist."
[Der Schatz im Silbersee, 217.]

"Der Deutsche pflegt zwar albern, aber auch ehrlich zu sein."
[Der Sohn des Bärenjägers, 508.]
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