markus hat geschrieben:Carpio hat eine schusselige Schwester.
Und die ist er selbst, wie sich herausstellt ... Will sagen, die Schusseligkeit, das ist seine eigene, auf sie projiziert. In dem Fall ganz ohne Gleichnis und Interpretation, sondern das steht ja Schwarz auf Weiß im Text (wie übrigens auch in Sachen Old Firehand, also das neulich, daß es sich eben bei gewissen Beobachtungen nicht um Interpretationen handelt sondern um Dinge die unzweideutig im Text stehen). Da (jetzt sind wir wieder bei Carpio und dessen Schwester) haben wir dann das Thema Projizieren eigener Anteile nach Außen in augenzwinkernder Form (seitens des Autors. Seitens Carpio unbewußt.)
(Carpio soll, einem ungeschriebenen Sequel zufolge, übrigens seinerzeit einen Schulaufsatz mit dem Titel „Frau Lachner tut konzentriert“ geschrieben haben ...)
(Dem Lehrerkollegium hat das gefallen. Die sahen nur, daß die arme Schwester in der Tat vielleicht nicht immer die konzentrierteste war, ihre Meriten, die sahen sie [für den Moment oder in dem Zusammenhang] nicht, und auch nicht, daß es einem Carpio eigentlich nicht zustünde, sich so zu äußern, es sich auf solch recht plump wirkende Weise so einfach zu machen mit dem Herabsetzen und Sich-überlegen-dünken-wollen ... aber bevor ich jetzt noch anfange darüber nachzudenken bzw. aufzuschreiben daß solch Tun natürlich auch wiederum verständlich ist, weil die Carpios sich halt auch irgendwie schützen und etwas für ihr Selbstwertgefühl tun müssen, und daß das allerdings beim einen deutlicher wird als beim andern und insofern das entsprechende Verständnis schon mal unterschiedlich leicht oder schwer fallen kann, halte ich lieber allmählich ein, es wird sonst vormittagfüllend ... aber eins eben noch: der Carpio des Sequels war übrigens ein anderer als der des Originals. Der Carpio des Sequels war tatsächlich konzentrierter als seine Schwester und hatte mit seiner Überschrift prinzipiell nicht Unrecht, hatte sie nur für ein ganz unpassendes Beispiel angewandt. Darüberhinaus zeugt es nicht von eigener Größe & Noblesse, gewisse Schwächen eines / einer anderen in einer Überschrift plakativ herauszustellen ...)
Zurück zur Leserunde.
Dieser erste Satz ... Bei May steht (nach „Weihnacht!“): „Welch ein liebes, liebes, inhaltsreiches Wort!“. In der Bearbeitung steht: „Welch liebes, inhaltsreiches Wort“. Bumm.
Wenn ich an so exponierter Stelle (Romananfang) sehe, daß ein Autor ein Wort zweimal hintereinander schreibt, dann werde ich aufmerksam, dann wird er sich doch wohl etwas dabei gedacht haben, oder auch, etwas empfunden haben was ihn dazu veranlaßt hat ... Und wir wissen ja, daß May mit Weihnachten so seine „liebe Not“ hatte, wie wir vielleicht mehr oder weniger alle, aber er halt besonders ... Verhaftung, Weggeschicktwerden, Weihnachten in der Zelle ... wer weiß was der Traumata noch mehr waren. Und daß dann einer dennoch ein Gegengewicht setzt und die Angelegenheit mit „liebes, liebes“ bezeichnet, ist doch interessant ... Nun könnte man interpretieren, er versucht, sich wider besseres Wissen sozusagen die Welt schönzuschreiben, das hat er gelegentlich sicher auch schon mal getan, in diesem Fall bin ich aber der Meinung, daß etwas anderes dahintersteckt: sie (Behörden, Polizei, Eltern, „Freunde“ und Bekannte, Partner, wer immer ...) können einem unter Umständen dieses Fest nach Kräften kaputtmachen (man selber natürlich auch, na klar), indes, es gelingt ihnen letzten Endes nicht wirklich, eben nur „nach Kräften“, aber da bleibt halt eine Substanz, die stärker ist ... und ein gewisses Geborgenheitsgefühl ist auch stärker als Eis, Schnee, Kälte, Einsamkeit und sonstnochwas, wie sich später in Form des „Heißen Wassers“ da oben in der Unwirtlichkeit zeigt ... (Das alles ist natürlich vom Datum 24. Dezember eigentlich völlig unabhängig, auch wenn May offenbar Wert legt auf diese Formalität, vielleicht auch der Einfachheit halber ...)
Das war jetzt Interpretation, sischer datt, das in Sachen Old Firehand neulich nicht, s.o.
Bei Mays Satz denk’ ich halt an sowas, bei der Formulierung der Bearbeitung eher an Omas Plätzchen und Kaffee und Kuchen. Aber das ist ja auch was Nettes, und insofern eine Alternative.
(Falls die Sache mit besagtem Satz als übertrieben empfunden wird: Übertreiben (oder als Übertrieben empfundenes ...) veranschaulicht (Oder auch nicht ...))