Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben: Karl May jedenfalls hatte, bei aller Toleranz für andere Religionen und Weltanschauungen, eine spezifisch christliche Lebenseinstellung. Und zwar nicht aus Rücksicht auf den ›Deutschen Hausschatz‹ [...]
Die Sache mit dem 'Hausschatz' läßt sich aber auch nicht so einfach unter den Teppich kehren. Jedenfalls fällt z.B. auf, daß in „Die Rache des Ehri“ der Brauträuber ein unter dem Einfluß eines verlogen und bigott gezeichneten christlichen Missionars konvertierter ist, der am Schluß im Rachen der Haifische endet. Über das Christentum heißt es aus dem Munde des "Helden" der Erzählung: "Die fremde Lehre wirft Hass, Zwietracht und Falschheit in die Herzen". Für den „Hausschatz“ hat er dann den Sachverhalt einfach umgedreht, da ist der 'Böse' der Heide ... Vor das "Die Gesittung hat ihren Barbarismus" usw. hat May in der "Hausschatz"-Fassung ein "Man sagt" eingefügt und im Anschluß an die Äußerungen über hemmungslosen Imperialismus und die Seelsorge, die in der Heimat angebrachter wäre als unaufgefordert in der Ferne, ein "Das ist ein gewaltiger Vorwurf, und es wäre allerdings mehr als beklagenswert, wenn er auf Wahrheit beruhte".
Ansgar Pöllmann hat geschrieben: Bald erkannte jedoch der Verfasser dieser Kümmelblättchengeschichte (›Three carde monte‹), wo sein Weizen blühte, er begann so hübsch langsam, aber stetig die berühmte Entwicklung des ›Gewaltmenschen‹ zum ›Edelmenschen‹, d. h. er ließ beide hübsch nebeneinander her einen Wettlauf veranstalten!
Daß die Ohrenabschneidereien und sonstigen Unerfreulichkeiten im "Waldröschen" NACH den beschaulichen Gesprächen mit Marah Durimeh in Band 2 entstanden, hat mich seinerzeit einigermaßen verblüfft ...

Auch unter hartgesottenen Anhängern: diesen Zug Mays, sich opportunistisch anpassen zu können und sein Mäntelchen gern mal nach dem Winde zu hängen (der katholisierende Verleger bekommt Erbauliches und der Kolportagefritze Mord & Totschlag vom teilweise übelsten ...), sollte man nicht übersehen. (Ja, ich weiß, in Sachen 'Pax' und Kürschner war es dann anders, aber das eine schließt ja das andere keineswegs aus.)
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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben: Das Kreuz Jesu Christi ist kein Bild, sondern eine schreckliche historische Tatsache
Und auch hier schließt das eine das andere nicht aus ...

Man kann es AUCH als Bild sehen, z.B. für das Verhaftetsein in der Polarität. (Darüber steht übrigens auch allerhand bei Allan Watts, ich weiß aber nicht mehr in welchem seiner Bücher. Die Sache mit dem Bischof Wallace, der mit "+ Wallace" (plus Wallace ...) unterschrieb ...)
Hermann Wohlgschaft
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Ich habe ja nie bestritten, dass May sich in mehrfacher Hinsicht den Wünschen der jeweiligen Verleger – mehr oder weniger – angepasst hat. Aber sein (gewiss mit vielen menschlichen Schwächen durchsetztes) Christsein war ganz bestimmt kein bloßes Zugeständnis an Pustet.

Allerdings hat May immer sehr deutlich zwischen dem Christentum an sich und seinen – oft völlig unglaubwürdigen – Bekennern unterschieden. Die Tatsache, dass es neben echten Christen auch unzählig viele Namenschristen gibt, die durch ihr Verhalten die Botschaft Jesu in ihr Gegenteil pervertieren, hat Karl May zu Recht immer wieder gegeißelt – auch noch im Spätwerk ›Und Friede auf Erden!‹ (wo ja der christliche Missionar Waller zunächst einmal eine üble Rolle spielt).
Thomas Math
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Thomas Math »

War schon interessant,diese esoterische Diskussion zu verfolge.Wobei ich ein wenig vorsichtig waere zu behaupten das Leben eine juedischen Wanderpredigers namens Jesus waere eine Tatsache.
Selbst wenn dem so gewesen waere, die These man solle seinen Naechsten (ich nehme mal an hier ist nicht die Familie gemeint) also auch seinen Feind lieben ist so abwegig das ich am Verstand eines solchen Menschen gezweifelt haette.
Ich bin davon ueberzeugt,dass die Menschheit besser ohne Religion da stuende.Vielleicht sollte man Religionen einfach als das betrachten,was sie meines Erachten nach sind,organisierter Massenwahn.
May war christlich orientiert,da gibt es fuer mich keinen Zweifel und genau das stoert mich,ich habe allerdings die Diskussion zwischen Ich und Wabble genossen,Wabble hatte da ganz klar die besseren Argumente.Vielleicht hatte ja auch der aeltere May des unsaeglichen Spaetwerks mehr Zweifel als man denkt.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Möglicherweise ist Thomas Math bisher nur defekten Formen der »Religion« begegnet, noch nie aber dem – wie Karl May es nennt – »wahren Christentum« (»wahr« hier nicht als Gegensatz zu den »falschen« anderen Religionen, sondern als Gegensatz zu scheinheiligen und deshalb unglaubwürdigen Formen des Christentums).
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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Zu Thomas Math ist mir heute morgen im Badezimmer die Nr. 3 aus "Die zwölf Geschworenen" eingefallen, das ist der, der das ganze Stück über den "wilden Mann" gibt und erst ganz am Schluß "geknackt" wird. Wenn wir mal eine Foren-Laienspielgruppe gründen :lol: besetzen wir ihn ...

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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

"Liebet Eure Feinde" kann man, nebenbei bemerkt, auch im Sinne von Strawinskys "Wer mich eines Widerstands beraubt, beraubt mich einer Kraft“ interpretieren ... (Oskar Gerlach sieht sich in einer sehr bemerkenswerten Stelle in Syberbergs Film gleichsam als 'Entwicklungshelfer' in Sachen Karl Mays Läuterung ...)
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Doro
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Doro »

rodger hat geschrieben:Zu Thomas Math ist mir heute morgen im Badezimmer die Nr. 3 aus "Die zwölf Geschworenen" eingefallen, das ist der, der das ganze Stück über den "wilden Mann" gibt und erst ganz am Schluß "geknackt" wird. Wenn wir mal eine Foren-Laienspielgruppe gründen :lol: besetzen wir ihn ...

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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

Doro hat geschrieben:
rodger hat geschrieben:Zu Thomas Math ist mir heute morgen im Badezimmer die Nr. 3 aus "Die zwölf Geschworenen" eingefallen, das ist der, der das ganze Stück über den "wilden Mann" gibt und erst ganz am Schluß "geknackt" wird. Wenn wir mal eine Foren-Laienspielgruppe gründen :lol: besetzen wir ihn ...

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Thomas Math
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Thomas Math »

Ich meinte natuerlich jede Religion nicht nur das Christentum.
und seien wir mal ehrlich die dem Christentum zugrunde liegende Philosophie ist zutiefst unmenschlich,wer liebt schon seinen unbekannten Naechsten wie sich selbst(Jetzt aber mal ehrlich sein).
markus
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

Thomas Math hat geschrieben:...wer liebt schon seinen unbekannten Naechsten wie sich selbst(Jetzt aber mal ehrlich sein).
Ich tue das. Ich liebe sogar dich :mrgreen: .

Aber im Ernst. Man muß sich ja erstmal selbst lieben um andere zu lieben. Da ich aber nicht alles an mir lieben kann (ich erkenne die Schwächen an mir), fällt es mir auch leichter andere zu lieben, oder Dinge an ihnen nicht zu lieben (Spiegelungen, Anteile meiner selbst). 8)
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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Wenn man das, was man bei anderen am meisten haßt, irgendwann als eigenes erkennt (das kann indes dauern ...), wird’s einfacher ...
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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Thomas Math hat geschrieben:die dem Christentum zugrunde liegende Philosophie ist zutiefst unmenschlich,wer liebt schon seinen unbekannten Naechsten wie sich selbst(Jetzt aber mal ehrlich sein).
Ja wenn man es einfach so wörtlich nimmt, ohne darüber nachzudenken wie es vielleicht gemeint sein könnte, ist es natürlich Unfug, th' is clear ...

Insofern bist Du mit Deiner begründeten & durchaus nachvollziehbaren Skepsis eigentlich schon einen Schritt weiter als diejenigen „Gläubigen“, die es einfach sonntäglich proppergewandet unreflektiert nachplappern und sich den Anschein zu geben versuchen als ob sie sich einigermaßen daran hielten ...

Jesus geht es nicht anders als Karl May: so viele Interpretationsmöglichkeiten, so viele Zurechtbiegungen ... „Jesus Christus Erlöser“ von Kinski ist interessant ... („Ich bin nicht der offizielle Kirchen-Jesus, ich bin nicht euer Super-Star“ ...)

So weit sind die beiden auch gar nicht [immer] auseinander:

„Voller Zorn knüpfte Jesus aus Stricken eine Peitsche und jagte die Händler mit all ihren Schafen und Ochsen aus dem Tempel. Er schleuderte das Geld der Wechsler auf den Boden und warf ihre Tische um“ (Johannes 2, 15)

8)
Hermann Wohlgschaft
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Auf die Frage eines Pharisäers »Wer ist mein Nächster?« erzählt Jesus eine Geschichte, das berühmte Gleichnis vom ›barmherzigen Samariter‹: Ein Mann fiel unter die Räuber. Er liegt am Boden, ist nahe daran, zu verbluten. Ein Priester (also ein Vertreter der offiziellen Religion) sieht ihn und geht vorüber. Ein Levit (auch ein Vertreter der offiziellen Religion) sieht ihn ebenfalls und geht ebenfalls vorüber. Zuletzt kommt ein Samariter, bleibt stehen, verbindet die Wunden des Verletzten und bringt ihn in eine Herberge zur weiteren Versorgung. Der Samariter wird somit für den Verwundeten zum Nächsten – obwohl die Samariter zur Zeit Jesu als die Feinde der Juden (der Mann, der unter die Räuber fiel, war ein Jude) galten! Das Verhalten des Samariters also entspricht der ›Nächstenliebe‹ im Sinne Jesu.

In der Bergpredigt Jesu findet sich die ›goldene Regel‹: Alles, was du willst, dass man es für dich tut, das tue auch für die anderen! Das ist Nächstenliebe!

In den Erzählungen Karl Mays finden wir, denke ich, viele Szenen, die dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter entsprechen.
markus
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben: In den Erzählungen Karl Mays finden wir, denke ich, viele Szenen, die dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter entsprechen.
Z.B. in "Weihnacht" wenn der junge Karl May sein ganzes Erspartes, seine Honorare und das Reisegeld einer Familie gibt, die noch ärmer ist als er :) .
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