Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

[Hermann Wohlgschaft]

In der May-Biographie habe ich nur die Erstfassung von ›Der Löwe Sachsens‹ erwähnt, mit Abscheu natürlich. Es würde mich nun schon interessieren, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Lebenssituation und zu welchem Zweck Karl May diese dumme Reimerei von 1875 neu aufgewärmt hat.

[rodger]

Unser Autor gehört zu den Vordenkern der Weltfriedensbewegung.

Auch das ist eine Möglichkeit von vielen, ihn sozusagen zu vereinnahmen … wird aber, wie die anderen auch, ihm bzw. dem Sachverhalt m.E. nicht wirklich umfassend gerecht. Markus hat völlig Recht:

Karl May passt in keine Schublade.

Ist allerdings interessant, dass was immer nicht zum "Bild" Mays passt in den Papierkorb gehoert.
Erinnert mich ein wenig an die Diskussion ueber Mays Spiritismus.

Mich, mit Verlaub, auch ... und an Brechts Herrn K und seinen ‚Entwurf’ ...

May war [scheinbar] widersprüchlich bis zuletzt, wobei Widersprüche ja wenn man so will gar keine Widersprüche sind, sondern halt verschiedene Seiten einer Medaille …

In Sachen Friedensliebe bzw. Menschenfreundlichkeit lese man (z.B.) mal auf S. 182 in Chronik Band IV den Auszug aus dem Brief an Fehsenfeld anlässlich des Todes von Adalbert Fischer, oder den einen (mit einer Bandangabe und Seitenzahl kann ich im Moment nicht dienen) Brief an Marie Hannes (aus der unerfreulicheren Zeit der Begegnung), bei dessen Lektüre mir seinerzeit fast übel wurde … Es ist ja verständlich, immer nur die Schokoladenseite sehen zu wollen bzw. den Focus auf diese zu richten, aber reichlich „Schatten“ hatte Karl May halt auch, … kein Wunder bei so viel Licht, geht ja kaum anders …

(Außerdem habe ich bei den Friedensaposteln von Konstantin Wecker bis zu Karl May (es gäbe hundert andere Namen, aber der Wecker fällt mir in dem Zusammenhang immer als erstes ein) immer den fatalen Gedanken, es „verkauft“ sich halt auch gut, „putzt ungemein“, wie Hans Wollschläger in anderem Zusammenhang schrieb …) (Das soll nicht heißen daß ich May seine Friedensaffinität nicht abnehme. Aber ich genieße sie halt mit einiger Vorsicht ...)

Und in Sachen „festgefügte Meinung“ (Zitat Zwockel, vermutlich ein Herr aus Freiburg) (festgefügte Meinung, schrecklich … wohl dem der sie nicht hat, diese manifestierte Unflexibilität…) schrieb May spät & weise „Ich aber bin trotz meiner 70 Jahre noch kein Gewordener sondern noch immer ein erst Werdender“ …

Übrigens, die Sache mit der möglicherweise parodistischen Absicht des „Löwen Sachsens“ würde ja einem gewieften Rechtsanwalt sozusagen „alle Ehre“ machen, aber der Aushilfs- oder Gast-Staatsanwalt bzw. Objektivitätsbeauftragte hält dagegen: selbst wenn es parodistisch gemeint gewesen sein könnte, was in dem Fall wirklich einigermaßen schwer fällt zu glauben (aber bei Karl May weiß man wirklich nie so ganz genau …), hätte der 'Angeklagte' gleichsam billigend in Kauf genommen, daß das natürlich so gut wie kein Mensch erkennen würde …

[markus]

...aber reichlich „Schatten“ hatte Karl May halt auch, … kein Wunder bei so viel Licht, geht ja kaum anders …

Wie gut daß ich keine große Leuchte bin...

[Zwockel]

Zu der Frage von Herrn Wohlgschaft aus welchem Anlaß das Gedicht nochmals von Karl May in erweiterter Form verfasst wurde. Nun, im Jahre 1902 starb einer der bedeutesden Feldherren der deutschen Militärgeschichte, König alvert von Sachsen, der 1902 verstarb.
Das Gedicht finde ich garnicht so abscheulich. Was ist an diesem Gedicht so schlimm? Nichts.

[Doro]

In einem stabilen Staat wie D laesst sich ein weltfremder Pazifismus leicht propagieren

Ich gestehe der Aussage von Herrn Math, dass niemand weiß, wie er in diesen Tagen, oder, unter solchen Bedingungen handeln würde, durchaus Wahrheitsgehalt zu. Es bringt mich zum Nachdenken, steckt in jedem Menschen doch auch ein Stückweit wildes Tier…
inwieweit habe ich dieses in einer Extremsituation unter Kontrolle…
Hoffe sehr, dass wir diese Erfahrung nicht machen müssen, sehe aber auch, dass es einen Unterschied darstellt, in einer gewissen Sicherheit von etwas zu reden, dass man nur aus Medien kennt und Hören / Sagen kennt. Wenn Väter und Mütter um Ihre Kinder fürchten müssten, Menschen um geliebte Mitmenschen, dann sieht manches doch anders aus, als wenn man nur um sich selbst Sorge trägt, stelle ich mir vor. Von den vielen Egomanen heutzutage mal ganz abgesehen. Die fragen sich gar nichts, die nehmen sich einfach *schauder*
Weltfremd?
Nein, da widerspreche ich dann doch vehement!
Genau deshalb brauchen wir friedliche Lösungen und Aufklärung…
dass viel mehr Menschen viel mehr Wahl haben…
Und deshalb in diesem gewaltpotenziellen Denken zu verharren ist kein Fortschritt!
Es ist eine Rückentwicklung!
Was mich im Falle eines Herrn Math insofern verwundert, da er sich ja stets so Fortschrittsgläubig, Technik- und Wissenschafts- verherrlichend äußert.
Beim Menschen scheint er hier ausnahmebereit zu sein, was eine Weiterentwicklung betrifft.

Letztlich sehe ich Mays Schreiben als Prozess… er entwickelte seine Geschichten parallel zu sich selbst, seinen Ansichten … Er sah sich auf einem Weg, in einem Prozess eingeflochten. Eine Entwicklung in eine Richtung, die er in seinen Büchern versuchte mitzuteilen…
Auf eine Art, dass sich jeder darin wiederfinden kann. Wessen Leben verläuft schon immer nur glatt und ohne Steigung. Wäre auch extrem langweilig.
Dass KM seine Schattenseiten hat, macht ihn gelinde gesagt grade erst mal sympathisch…
Die sogenannten ‚Perfekten’ sind mir erst mal suspekt und wenn es sie denn gäbe, urteilte es sich leicht über Menschen, die eben Menschen sind.
Nicht mehr und nicht weniger.

Wie gesagt, meine Meinung.

[Doro]

@ Zwockel

Mein Großvater war im 2 WK auf dem Balkan mitten im Partisanenkrieg…
…hat dort überlebt, mit schrecklichen Verwundungen, vor allem auch seelischer Art…
Er war einer, der daraus lernte…
Er sprach kaum darüber, wenn dann betonte er jedoch, dass jemand der dies mitgemacht hätte, nie mehr Krieg wollen/brauchen würde…

ER wurde durch dieses ER-/ÜBERleben zum Pazifisten und hat meinen großen Respekt!!
Die, welche nie dazu lernen, die ewig gestrigen, weiß ich nur zu bedauern…

[Doro]

Wie gut daß ich keine große Leuchte bin...

Herzensbildung leuchtet oft gar weit

[sciurus]

Zu dem Thema eine Bekannte von mir mal:

Ich bin früher, wenn meine Onkels über ihre Kriegserlebnisse geredet haben - klar, es gab ja keine Psychiater oder andere, die geholfen hätten - bin ich aus dem Haus gerannt, weil ich es nicht mehr hören konnte. Ich habe immer gedacht "Bloß nie Krieg!", aber wenn ich mir diese ganzen Leute heute ansehe, denke ich mir, auch wenn's schrecklich ist: die brauchen echt eins auf den Dckel, und sei es ein Krieg, damit sie was sinnvolles zu tun haben, um ihr Überleben zu kämpfen!

Gut, da war die Frau aufgeregt (über irgendjemanden), aber es passt zum Thema.
Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Was sie so erzählt hat, war jedenfalls wirklich schrecklich.

[Thomas Math]

Also erstens bin ich nicht glaeubig,wie man bei Technik oder Wissenschaft von Glaeubigkeit reden kann ist mir schleierhaft.
Ich glaube erstmal gar nichts und analysiere Daten die es mir den erlauben etwas anzunehmen oder auch zu verwerfen.
Krieg ist grausam,wer hat das bezweifelt ?
Ich habe nur klargestellt,dass es Werte gibt fuer die es sich zu kaempfen lohnt ,auch wenn das den Tod so manchen Unschuldigen bedingt.
Was die angebliche Weiterentwicklung des Menschen angeht,so wage ich daran doch sehr zu zweifeln es vergeht nicht ein Jahr ohne irgendwelche bewaffneten Konflikte oder Terrorakte von der weltweit verbreiteten Verachtung der Menschenrechte ganz zu schweigen.Selbst Sklavenhandel gibt es noch in dieser ach so friedliebenden Welt.
Nehmen wir mal an in 50 Jahren wird sauberes Trinkwasser dramatisch knapp ,wer hat dann wohl genug zu trinken Doro oder der Nachbar mit Revolver.
Im uebrigen glaube ich,dass die Menschen die einzigen Lebewesen sind ,die sich nicht fort sondern zurueckentwickeln.Weltweit haben ungebildete,minder intelligente Menschen ganz erheblich mehr Kinder.Was ueber Zeit die allgemeine Intelligenz absenken wird.

[Doro]

Das eigentlich traurige ist die Denkweise...

'Es gibt viel zu tun... lassen wir's liegen!'

[Hermann Wohlgschaft]

Es ist sicher richtig, dass es bei Karl May – wie bei jedem anderen – so manche Widersprüche gibt. Es trifft auch zu, dass May in keine Schublade passt. (Wer will schon in eine Schublade passen?)

Daraus folgt aber noch lange nicht, dass unser Autor keinen Charakter hatte, dass in seinem Leben und Werk überhaupt keine Richtung zu erkennen wäre, dass man ihn gleichermaßen als ›Rechten‹ und als ›Linken‹, als Christen und als Nichtchristen, als Pazifisten und als Militaristen, als aufgeklärten Zeitgenossen und als abergläubischen Spiritisten usw. usw. bezeichnen könnte.

Nein, nein. So sehr ich Ihre Art, lieber Herr Wick, unseren Mayster DIFFERENZIERT zu sehen, hochschätze und bewundere, so entschieden bestehe ich darauf, dass Karl May, der Mensch wie der Autor, jenseits aller Widersprüchlichkeiten dennoch eine klare Linie erkennen lässt.

Diese Linie aufzuzeigen, war und bleibt das Anliegen meiner biographischen Darstellung.

[Hermann Wohlgschaft]

Zu ›Zwockel‹ (ich nehme an, das ist ein Pseudonym):

Sie setzen voraus, dass die Erscheinungs- und die Entstehungszeit des Gedichtes praktisch identisch sei. Möglicherweise ist das der Fall, ich kann das Gegenteil nicht beweisen. Ich neige aber eher zu der Auffassung, dass das Gedicht - auch in der revidierten Form - wesentlich früher entstanden ist und von der Tageszeitung dann anlässlich des Todestages von König Albert publiziert wurde. Aber, wie gesagt, beweisen kann ich diese Vermutung nicht.

[markus]

Weltweit haben ungebildete,minder intelligente Menschen ganz erheblich mehr Kinder.

Ich glaube auch daß du ein gutes Dutzend Geschwister hast .

[Hermann Wohlgschaft]

Soeben habe ich das Gedicht mir nochmals vorgenommen. Was die Entstehungszeit der Neufassung betrifft, muss ich ›Zwockel‹ nun Recht geben. Der Schlussteil des Gedichts (den ich bei der Erstlektüre nicht mehr zur Kenntnis genommen hatte, da ich die vorausgehenden Verse als so peinlich empfand und immer noch empfinde) setzt ja wohl voraus, dass König Albert bei der Niederschrift des Poems schon gestorben war.

[sciurus]

Also erstens bin ich nicht glaeubig,wie man bei Technik oder Wissenschaft von Glaeubigkeit reden kann ist mir schleierhaft.

"Ich glaube nur, was ich sehe und Gelehrte / Wissenschaftler beweisen" konnten die Menschen aber schon immer sagen, auch Karl May, aber er hat es eben nicht.
Es ist halt so. Ein Pfarrer hat mal ungefähr gesagt "Und wenn mir ein Wissenschafteler tausendmal beweisen würde, dass es Gott nicht gibt, ich weiß, dass es ihn gibt, das ist das sicherste überhapt, das ich weiß." (Kann sein, dass ich die Aussagen von verschiedenen zusammengeworfen habe, bin mir nicht sicher.) Verstehen Sie so halbwegs?
EDIT: Was ich noch vergessen habe: damit ist keine engstirnige Überzeugung, sondern eine Sicherheit gemeint.

Weltweit haben ungebildete,minder intelligente Menschen ganz erheblich mehr Kinder.

Das hat aber nicht nur die Bildung als Ursache.
@markus: Bist du gemein.^^

Jetzt wird's - von der nebenherlaufenden Diskussion über das Gedicht abgesehen - arg off topic. Wie wäre es denn mit dem OT-Thread?
(Nebenbei: wird man als Moderator bezahlt?)