Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Ulrike Müller-Haarmann
Beiträge: 45
Registriert: 16.1.2006, 14:19

Beitrag von Ulrike Müller-Haarmann »

Ich sehe jetzt auf die Schnelle nicht, woher die Zahl 75 kommt.
Allerdings habe ich gerade den Essener Vortrag von D. Sawicki (Okkultismus - Spiritismus - May: Ein Mann in seiner Zeit) vor mir liegen. Der Autor hat sich in Radebeul die entsprechenden Bücher etc. angeschaut und schreibt:
"Natürlich besaß Karl May dicke und in jedem Sinne schwergewichtige Bücher zum Thema, doch einen großen, wenn nicht gar den größeren Teil seiner Bibliothek machen broschierte Werke, Kleinschriften und Heftchen zu weltanschaulichen und wissenschaftlichen Themen aus, die sich in popularisierender Weise an ein breites Publikum richteten und in aktuelle Debatten eingreifen wollten. Zumindest für die Schriften über Religion und Okkultismus bzw. Spiritismus in seiner Bibliothek gilt die Regel: Die dicken Bücher sind manchmal nicht einmal vollständig aufgeschnitten, aber in den schmalen, aktuellen Broschüren wimmelt es häufig von Anstreichungen und Kommentaren."
Herr Sawicki führt 14 Titel auf, die Eintragungen Mays enthalten.
Dernen
Beiträge: 518
Registriert: 8.6.2005, 22:53

Beitrag von Dernen »

Ulrike Müller-Haarmann hat geschrieben:Ich sehe jetzt auf die Schnelle nicht, woher die Zahl 75 kommt.
Ich denke mal, das sind die 75 Schriften, die im alten Jahrbuch (1931) unter "Geheimlehre" verzeichnet sind. Daß May die alle gelesen haben soll, nur weil er sie besaß, kann man aber nicht unbedingt behaupten. Genau so wenig, wie ich beispielsweise den gesamten "China"-Band jemals lesen werde, geschweige denn jeden Aufsatz in den Jahrbüchern der KMG, die auch alle adrett nebeneinander in meinem Bücherregal stehen ;-).
René Wagner
Beiträge: 6
Registriert: 15.5.2004, 16:56
Wohnort: Dresden

Beitrag von René Wagner »

Johannes Pflug hat geschrieben:Immerhin hat Karl May 75 Bücher über den Spiritismus gelesen! Wenn damit auch nicht erwiesen ist, dass May selbst ein überzeugter Spiritist war, sein Interesse am Spiritismus war doch erstaunlich groß!

Johannes Pflug
Sehr geehrter Herr Pflug,

die Tatsache, daß sich in Mays Bibliothek 75 Broschüren bzw. Bücher über den Spiritismus finden, sollte in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Aus der Wohlgschaft-Biographie (Band II, S. 938ff.) geht ja hervor:

Mit nur 5 von diesen 75 Broschüren hat sich May, wie die zahlreichen Unterstreichungen beweisen, sehr intensiv befaßt. In 12 weiteren Broschüren hat er nur sehr sporadisch das eine oder andere Wort unterstrichen; möglicherweise hat er diese Bücher nur diagonal ‚überflogen‘ und nicht wirklich ‚studiert‘.

In 45 von 75 Broschüren finden wir keine einzige Markierung aus der Hand Karl Mays. Die Vermutung liegt nahe, daß May diese 45 Titel überhaupt nicht gelesen hat.

So verbleiben nach Adam Riese noch 13 ‚spiritistische Bücher‘. Wohlgschaft hat festgestellt, daß diese 13 Broschüren noch nicht einmal aufgeschnitten wurden. May hat sie also mit Sicherheit nicht gelesen.

Das Fazit: Gar so groß, wie manchmal behauptet wird, war Mays Interesse am Spiritismus also wohl doch nicht.

René Wagner
Jutta Laroche
Beiträge: 42
Registriert: 19.5.2004, 19:34
Wohnort: Recklinghausen

Beitrag von Jutta Laroche »

Hallo,

warum heißt es nur immer, entweder May sei Spritist gewesen oder May sei kein Spritist gewesen? Ist es nicht denkbar, dass er zunächst aus Neugier und vielleicht auch Interesse an spiritistischen Sitzungen teilgenommen hat, später dann Distanz dazu gewonnen und den Spiritismus abgelehnt hat? Ich könnte mir einen Sinneswandel im Laufe eines Menschenlebens sehr gut vorstellen. Übrigens spricht das für May, nicht gegen ihn. Ich denke, wir alle haben irgendwann dazugelernt bzw. unsere Einstellung zu manchen Dingen geändert. Das ist nicht nur absolut normal, sondern unbedingt auch ein notwendiger Reifungsprozess.

Gruß - Jutta Laroche
Dernen
Beiträge: 518
Registriert: 8.6.2005, 22:53

Beitrag von Dernen »

René Wagner hat geschrieben:
die Tatsache, daß sich in Mays Bibliothek 75 Broschüren bzw. Bücher über den Spiritismus finden, sollte in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Aus der Wohlgschaft-Biographie (Band II, S. 938ff.) geht ja hervor:

Mit nur 5 von diesen 75 Broschüren hat sich May, wie die zahlreichen Unterstreichungen beweisen, sehr intensiv befaßt. In 12 weiteren Broschüren hat er nur sehr sporadisch das eine oder andere Wort unterstrichen; möglicherweise hat er diese Bücher nur diagonal ‚überflogen‘ und nicht wirklich ‚studiert‘.

In 45 von 75 Broschüren finden wir keine einzige Markierung aus der Hand Karl Mays. Die Vermutung liegt nahe, daß May diese 45 Titel überhaupt nicht gelesen hat.

So verbleiben nach Adam Riese noch 13 ‚spiritistische Bücher‘. Wohlgschaft hat festgestellt, daß diese 13 Broschüren noch nicht einmal aufgeschnitten wurden. May hat sie also mit Sicherheit nicht gelesen.
Danke an Herrn Wagner für diese Information. Solche Fakten sind es, die mich interessieren.

Grüße

Rolf Dernen
Benutzeravatar
rodger
Beiträge: 6992
Registriert: 12.5.2004, 18:10
Wohnort: Oberhausen

Beitrag von rodger »

Daß Karl May sich mit Spiritismus beschäftigt hat, wissen wir ja nun. Die Frage, ob man ihn als Spiritisten bezeichnen kann, halte ich, wie schon dargelegt, für müßig, bzw., sage Ja und Nein, und damit hat es sich für mich.

Aber, zur Sache mit den Anstreichungen: in meiner Wohnung befinden sich ein paar hundert Karl-May-Bücher und ein paar hundert andere. In letzteren finden sich gelegentlich Anstreichungen und Anmerkungen, in ersteren nicht. Wer nun daraus schließt, daß ich Karl May nicht oder kaum gelesen habe, der irrt.

:wink:
Papagena Bronislawa
Beiträge: 5
Registriert: 21.12.2005, 14:25
Wohnort: Günzburg

Beitrag von Papagena Bronislawa »

Hi!
Ich hoffe, die übrigen User mögen mir verzeihen, dass ich die interessante Diskussion über den "Spiritismus" für einen Augenblick unterbreche.
Grund dafür ist, dass der Autor, der uns alle zu diesen Diskussionen angeregt hat, heute seinen Geburtstag feiert.

Lieber Hermann,
ich wünsche dir alles Gute zu deinem heutigen Geburtstag. Feiere schön, denn du hast es dir nach allen Strapazen wirklich verdient!
Ich hoffe, du wirst uns auch weiterhin so interessante und tolle Bücher bescheren!

Viele Grüße, Johannes
JennyFlorstedt
Beiträge: 213
Registriert: 12.5.2004, 18:21

Beitrag von JennyFlorstedt »

Auch meinerseits alles Gute zum Geburtstag!

Trotzdem eine Frage an Teilnehmer Bronislawa:
Papagena oder Johannes?
Wie darf man Sie denn nun ansprechen?

Mit besten Grüßen

ta
Täglich neues zu entdecken bei www.karl-may-wiki.de
Johannes Pflug
Beiträge: 6
Registriert: 26.12.2005, 16:04
Wohnort: München

Beitrag von Johannes Pflug »

Hallo, Frau Florstedt!

Eine, wie mir scheint, jetzt notwendige Klarstellung: Ich bin nicht identisch mit „Papagena Bronislawa“. „Papagena“, eine gute Freundin von Hermann Wohlgschaft, ist meine Mutter, die ich gestern besucht habe. Bei dieser Gelegenheit habe ich mich den Geburtstagsglückwünschen von „Papagena Bronislawa“ gleich angeschlossen. Inzwischen ist mir klar geworden: Ich hätte Herrn Wohlgschaft in einem eigenen Eintrag unter meinem vollen Namen gratulieren sollen, dann hätte es zum Argwohn in diesem Thread keine Veranlassung gegeben. Es tut mir leid, sorry!

Johannes Pflug
Günther Wüste
Beiträge: 186
Registriert: 12.5.2004, 20:34
Wohnort: Düsseldorf

Geburtstagsgrüße

Beitrag von Günther Wüste »

Hallo Herr Wohlgschaft
Auch meine herzlichen Glückwünsche.
Weiterhin fruchtbare Arbeit zu Karl May.

Allen Forumteilnehmer danke für die fruchtbare Disskusion der letzen Beiträge über Spiritismus und besonders zu Karl Mays Charakter. Besonders freut es mich das Herr Bartsch an dieser Diskussion teilnimmt da wird dieses Forum sehr bereichert. Das gibt dann wieder Ansporn zur
Weiterarbeit an der May-Forschung. Ideen habe ich genug und zur Zeit arbeite ich an den geplanten Augenzeugenband. Da bin ich aber froh das aus den Rudel Wölfen auch Lämmer werden können (Leser in Variationen, geplante Veröffentlichung) die gesittet miteinander umgehen. Aber Karl May wird immer noch nicht verstanden und ich muss Herrn Wohlgschaft und Herrn Bartsch rechtgeben die in Herrn May den Mensch sehen und nicht nur ein Lügner und Egoisten, er war eben sehr facettenreich und das macht ihn so interessant. Ein großes Lob auch an Herrn Lothar Schmid für seinen Beitrag: 90 Jahre Verlagsarbeit für Karl May. Den sollte jeder mal lesen und dann sieht man wie schnell mal mit Pauschalurteilen ist und gleich alles verurteilen tut ohne hinter die Kulissen zu schauen.
Ich hoffe auf Unterstützung für meine Arbeit durch diesen Verlag. Es soll nur ein Ergänzungsband zur Chronik sein keine Konkurrenz.
Ich will damit das Schubladen-Denken aufbrechen. Jeder der meint Materialien zu haben die es wert sind veröffentlicht zu werden bitte melden
nehme alles.

In diesem Sinne schönes Wochenende und die Arbeit an Karl May ruft.
Euer Günther
JennyFlorstedt
Beiträge: 213
Registriert: 12.5.2004, 18:21

Beitrag von JennyFlorstedt »

Sehr geehrter Herr Wohlgschaft,

vielen Dank für Ihre Ausführungen.
Die längere Pause meinerseits war nicht einem Desinteresse geschuldet, sondern dem Lesen und Nachdenken.

"Mays spätere Aussagen, er habe an solchen Sitzungen nur als kritischer Beobachter teilgenommen, sind nicht zu widerlegen; es gibt m.E. keinen vernünftigen Grund, diese Aussagen Mays zu bezweifeln."

Davon bin ich aber nicht überzeugt.
Ein anderes Beispiel wäre vielleicht der Gottesdienstbesuch eines Nicht-Gläubigen. Das mag das eine oder andere Mal ganz interessant sein, aber wenn man selbst wirklich keinen Bezug dazu hat oder der Sache gar kritisch gegenüber steht, dann sind doch solche "Veranstaltungen für Eingewiehte" keiner regelmäßigen Teilnahme wert. Gerade Karl May, der in seinen Prozessschriften, so viel Hohn, Spott und Polemik austeilte, sollte nur beobachtend dabei gesessen haben, ohne dass es sich irgendwo laut und deutlich niedergeschlagen hat? Es ist für mich sehr schwer vorstellbar, dass Karl May, der personalisierte Schutzengel häufiger erwähnt, und überhaupt so phantasiereich war, dass er mit seinen Figuren sprach, nicht den logischen Schritt zu den stets präsenten und abrufbaren Geistern tat.

Vermutlich werden wir da keinen Konsens finden.

Mit besten Grüßen

Jenny Florstedt

PS: Den allgemeinen Reaktionen entnehme ich, dass es hier die Gruppe der "May war blind, kein Spiritist und log nicht"-Thesen-Anhänger und die Gruppe der "May war nicht blind, Spiritist und log"-Thesen-Anhänger gibt.
Interessant. Ich bin ja mal gespannt auf das Thema des nächsten Krachs.
Täglich neues zu entdecken bei www.karl-may-wiki.de
Benutzeravatar
rodger
Beiträge: 6992
Registriert: 12.5.2004, 18:10
Wohnort: Oberhausen

Re: Geburtstagsgrüße

Beitrag von rodger »

Günther Wüste hat geschrieben: (1) in Herrn May den Mensch sehen und nicht nur ein Lügner und Egoisten, er war eben sehr facettenreich und das macht ihn so interessant.

(2) Ein großes Lob auch an Herrn Lothar Schmid für seinen Beitrag: 90 Jahre Verlagsarbeit für Karl May. Den sollte jeder mal lesen und dann sieht man wie schnell mal mit Pauschalurteilen ist

(3) Ich will damit das Schubladen-Denken aufbrechen.
(1) Eben weil man den Menschen sehen sollte und nicht ein Wunschbild, sollte man eben a.) AUCH den Lügner und Egoisten sehen und b.) diesen nicht pauschal verurteilen. Mit "gut", "böse" u.dgl. wird man eben den Dingen nicht gerecht.

(2) Ist das der Beitrag im "Geschliffenen Diamanten" ? Der enthält auf S. 64 in der Tat eines der verblüffendsten Beispiele für Pauschalurteile, das mir jemals untergekommen ist.

(3) Das ist sehr lobenswert. - Ob's gelingt ? :wink:
Benutzeravatar
rodger
Beiträge: 6992
Registriert: 12.5.2004, 18:10
Wohnort: Oberhausen

Beitrag von rodger »

JennyFlorstedt hat geschrieben: dass es hier die Gruppe der "May war blind, kein Spiritist und log nicht"-Thesen-Anhänger und die Gruppe der "May war nicht blind, Spiritist und log"-Thesen-Anhänger gibt.
Interessant. Ich bin ja mal gespannt auf das Thema des nächsten Krachs.
Das wäre ja traurig, wenn das so wäre, das mit den Gruppen.
Das mit der Blindheit dürfte sich ja wohl nie abschließend klären lassen, das mit dem Spiritisten hängt von der Begriffsbestimmung ab und ist letzten Endes müßig, und daß er immer nur die Wahrheit sagte oder immer nur log, hat ja nun vermutlich niemand hier jemals behaupten wollen.

"Krach" muß es ja eigentlich grundsätzlich nicht geben, selbst wenn mal impulsiv herumgepoltert wird, das muß man nicht so ernst nehmen. Ich bin jedenfalls sehr froh, daß Herr Bartsch und Herr Wohlgschaft hier schreiben, das erhöht das Niveau des Forums denn doch beträchtlich. Man muß ja nicht immer der gleichen Meinung sein.
Ralf Grosskurth
Beiträge: 92
Registriert: 7.6.2004, 1:10
Wohnort: Ein kleiner Ort im Hunsrück...

Beitrag von Ralf Grosskurth »

rodger hat geschrieben:[...]
Aber, zur Sache mit den Anstreichungen: in meiner Wohnung befinden sich ein paar hundert Karl-May-Bücher und ein paar hundert andere. In letzteren finden sich gelegentlich Anstreichungen und Anmerkungen, in ersteren nicht. Wer nun daraus schließt, daß ich Karl May nicht oder kaum gelesen habe, der irrt.

:wink:
Oder sollten Sie gar schon Ihre persönliche Lebensbeichte vorbereiten und sich gegen die hemmungslosen Untersuchungen der Nachwelt "schützen" wollen? Ich wittere Unrat! :wink:
Mit freundlichen Grüßen,

Ralf Grosskurth
Hermann Wohlgschaft
Beiträge: 1030
Registriert: 20.6.2004, 20:59
Wohnort: Günzburg

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Was Karl Mays Glaubwürdigkeit betrifft, gibt es – wie der Eintrag Jenny Florstedts (11.2.06) zeigt – immer noch recht seltsame Mißverständnisse. Niemand, wirklich niemand bestreitet, daß Mays Autobiographie und die anderen Selbstzeugnisse kritisch überprüft werden müssen. Wir sind uns alle einig: Nicht jeder Satz in Mays autobiographischen Schriften ist objektiv zutreffend. Daraus folgt aber noch lange nicht, daß die Behauptung, Karl May sei ein notorischer Lügner, aufgrund der bekannten Fakten plausibel werde.

Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es in der ‚May-Szene‘ Leute gibt, die Mays ‚Lügen‘ geradezu genüßlich präsentieren – ohne zu überprüfen, ob es sich hier wirklich um Lügen handelt. So wird im ‚Paralleluniversum‘ (in Einträgen vom 10.2.06, 18.46 Uhr, u. vom 13.2.06, 00.59 Uhr) behauptet, das in Mays Selbstbiographie erwähnte Kräuterbuch (des bedeutenden italienischen Arztes Petrus Andreas Mathiolus) sei eine Erfindung Mays. Da hört nun jede Wissenschaftlichkeit auf und wird das Bedürfnis, Karl May als 'Lügner' zu entlarven, zum Selbstzweck. Warum sollte May die Existenz des oben genannten Kräuterbuches erfunden haben? Daß dieses Buch tatsächlich existiert und daß es sich in Mays Bibliothek in Radebeul befindet, ist seit langem bekannt!

Hermann Wohlgschaft
Antworten