Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

markus
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:Wenn man das, was man bei anderen am meisten haßt, irgendwann als eigenes erkennt (das kann indes dauern ...), wird’s einfacher ...
So in etwa (mit meiner Ausdrucksweise) meinte ichs (auch). :wink:
markus
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

rodger hat geschrieben:
So weit sind die beiden auch gar nicht [immer] auseinander:

„Voller Zorn knüpfte Jesus aus Stricken eine Peitsche und jagte die Händler mit all ihren Schafen und Ochsen aus dem Tempel. Er schleuderte das Geld der Wechsler auf den Boden und warf ihre Tische um“ (Johannes 2, 15)

8)
Das gefällt mir so am Christentum, Gott wurde Mensch mit all seinen Stärken und Schwächen (ich hoffe man darf das sagen ohne all die anderen Religionen und Glaubensrichtungen auszugrenzen, heutzutage muß man ja aufpassen).

8)
Rene Grießbach
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Rene Grießbach »

Thomas Math hat geschrieben:wer liebt schon seinen unbekannten Naechsten wie sich selbst(Jetzt aber mal ehrlich sein).

Klar, und es wird auch im Leben jedes einzelnen andere Menschen geben, die er nicht leiden kann.
Aber wenn jeder jeden einfach nur respektieren würde, unabhängig von persönlicher Meinung dem andern gegenüber, dann wäre damit für mich, rein pragmatisch gesehen, das Gebot der Nächstenliebe bereits erfüllt.
Unabhängig von der Geschichte vom Samariter und dem Verletzten (siehe Beitrag von Herrn Wohlgschaft), die nach meinem Verständnis erst eine - nun, sagen wir - Extremsituation (konkret: die Verletzung) voraussetzt.

Karl May jedenfalls hätte nicht so viel Stress gehabt, wenn seine Gegner aus katholischen Kreisen ihre eigenen Dogmen nur einigermaßen ernst genommen hätten.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Dem Eintrag von Rene Griesbach stimme ich durchaus zu. Auch nach meinem Verständnis meint die von Jesus (wie auch von anderen Religionsstiftern) geforderte Nächstenliebe nicht, dass mir jeder besonders sympathisch sein muss. Selbstverständlich steht mir der eine näher und der andere weniger nah. Das war wohl auch bei Jesus – denke ich mal – nicht grundsätzlich anders. Den Johannes z. B. mochte er, wie aus einigen Bibelstellen hervorgeht, wohl noch lieber als den Petrus; und Maria von Magdala dürfte ihm näher gestanden sein als z. B. Martha von Bethanien.

Aber die Nächstenliebe verlangt – das sehe ich so wie Rene Griesbach –, dass ich jeden respektiere und zumindest VERSUCHE, mich in ihn einzufühlen und ihn (so einigermaßen) zu verstehen. Auf gar keinen Fall aber ist es mit der Nächstenliebe vereinbar, auf den anderen loszugehen, ihn zu schlagen oder gar ihn zu töten. Deshalb lehne ich z. B. auch den Krieg in Afghanistan strikt ab.

Um auf May zurückzukommen: Der Pazifismus des späten Karl May entspricht meinem Verständnis von Nächstenliebe.
markus
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Auf gar keinen Fall aber ist es mit der Nächstenliebe vereinbar, auf den anderen loszugehen, ihn zu schlagen oder gar ihn zu töten. Deshalb lehne ich z. B. auch den Krieg in Afghanistan strikt ab.
Dem stimme ich soweit zu, daß man Krieg als Lösung von Konflikten grundsätzlich abzulehnen hat (eine Selbstverständlichkeit). Aber ich tue mich im Falle Afghanistan schwer damit, wenn es heißt daß alle Soldaten raus sollen und die Bevölkerung schutzlos den Taliban ausgeliefert sind. Ist das Nächstenliebe? Aber ich glaube dieses Thema würde zu weit führen. Lassen wirs dabei.
Thomas Math
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Thomas Math »

Das Gleichnis des Samariters hat mir gefallen.Wenn man Naechstenliebe so wie Herr Wohlgschaft interpretiert kann ich es nachvollziehen.Obwohl mir ehrlich gesagt das Schicksal fremde Menschen recht gleichgueltig ist.Mich stoert auch die andere Wange und der christliche Pazifismus ist fuer mich absolut naiv.Tut mir leid Herr Wohlgschaft als katholischer Priester in Taliban-Afghanistan lebt man nicht lange.Ich waere allerdings durchaus bereit sie mit der Waffe in der Hand zu verteidigen so dass sie ihren Pazifismus und fuer mich unverstaendlichen Glauben leben koennen.
Zwockel

Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Zwockel »

Herrn Dr. Math stimme ich zu, was den naiven christlichen Pazifismus anbelangt, zumal er weder von der Kirche noch von den Menschen praktiziert wird. Und die linke Wange noch hinzuhalten wenn man auf die rechte schon eine bekommen hat, ist geradzu lächerlich.

Das Ihnen als praktizierender Arzt das Schicksal anderer Menschen allerdings völlig gleichgültig ist, vermag nun ich nicht nachvollziehen. Anderseits würden Sie Dritte mit der Waffe in der Hand verteidigen. Dann kann Ihnen der Mitmensch doch nicht so gleichgültig sein und ehrt Sie letztlich.

Können Sie diese Geisteshaltung eventuell etwas konkretisieren? Danke für ihre Mühe im voraus.
Thomas Math
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Thomas Math »

Sie haben voellig recht,da habe ich mich falsch ausgedrueckt.
Natuerlich ist mir das Schicksal fremder Menschen (Patienten sind im uebrigen nicht fremd) nicht gleichgueltig .Mich hat nur die christliche For
derung nach Naechstenliebe gestoert.Ich helfe gern aber am liebesten Menschen die ohne eigenes Zutun in Probleme geraten sind und dann freiwillig (daher gefaellt mir das Gleichnis des Samariters so gut),keinesfalls aber "liebe"ich fremde Menschen.Was mir auch "unmenschlich" erscheint.
markus
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von markus »

Thomas Math hat geschrieben:keinesfalls aber "liebe"ich fremde Menschen.
Heißt das im Umkehrschluß daß Sie sie hassen :?:

8)
Thomas Math
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Thomas Math »

Sagen wir mal so

Niemanden hassen,wenige lieben,einige moegen,viele verstehen,die meisten gleichgueltig.
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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Sehr hübsch(; [z.B.] die ersten beiden Statements liessen sich auch vertauschen ...)

[quote="Ernest Hemingway (bzw. sein deutscher Übersetzer), in "Soldaten zu Haus","]
„Hast du deine Mutter nicht mehr lieb, mein Junge ?“
„Nein“, sagte Krebs.
Seine Mutter sah ihn über den Tisch hinweg an. Ihre Augen glänzten. Sie begann zu weinen.
„Ich hab niemanden lieb“, sagte Krebs.
Es hatte keinen Sinn. Er konnte es ihr nicht erklären; er konnte es ihr nicht klarmachen. Es war dumm, daß er es gesagt hatte. Es hatte ihr nur weh getan.
[/quote]

(in den Schlußsätzen kommt schön herüber, daß es angemessener ist, sich den Leuten gegenüber einigermaßen anständig und fair zu verhalten, auch wenn man sie denn nicht so mag ... und da sind wir wieder bei "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst", wenn wir uns "Liebe" ein wenig unpathetischer klingend mit "Akzeptiere" übersetzen ...)
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rodger
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von rodger »

Und noch einen Schritt weiter; „Akzeptiere Deinen Nächsten wie Dich selbst“ nicht nur im Sinne von „Akzeptiere ihn genauso stark, wie Du Dich selbst akzeptierst“, sondern auch im Sinne von „Akzeptiere Deinen Nächsten wie auch Dich selbst“, also „Akzeptiere sowohl Deinen Nächsten als auch Dich selbst“ … Und das ist ja nun keineswegs so selbstverständlich oder einfach wie man unbewußterweise vielleicht meinen sollte … wir projizieren ja alle unentwegt Dinge, die wir an uns selbst nicht mögen, unbewusst nach Außen … Nehmen wir mal ein ganz simples, alltägliches Beispiel, ich kann mich jeden Tag grün und blau ärgern über die dummdöseligen Fußgänger, die mir mehrmals täglich ohne nach links und rechts zu gucken auf dem Radweg vors Fahrrad latschen, mit Gesichtsausdrücken wie Kühe oder Ochsen auf der Weide im Odenwald … Ich kann aber auch erkennen, daß ich selber genau so dusselig bin, und das gleiche, wenn ich selber zu Fuß unterwegs bin, genauso mache … Wie heißt es so schön in der Werbung, Dann klappt’s auch mit dem Nachbarn …

Aus alledem nun wiederum eine weichspülerische Schnurzlipurzli allgemeine Friedefreudeeierkuchen und wirhabenunsallelieb – Haltung (zum besseren Verständnis freundlicherweise kursiv geschrieben da insgesamt 1 Ausdruck ...) abzuleiten, wäre wiederum ganz unangemessen … bleiben wir mal der Einfachheit halber bei der Sache mit dem Radweg … es ist völlig in Ordnung, auch mal kräftig draufloszuschnauzen, laut und deutlich, so wie man selber halt auch angeschnauzt wurde und wird … vielleicht lernen die Leut’ und lernt man selber ja irgendwann mal, daß man verkehrstechnisch ein wenig aufmerksamer miteinander umgehen sollte. Vielleicht auch nicht …

:wink:

Lehrer Lempel fazitiert: so Bibelsprüch’ usw. sind keine hohlen Phrasen, sondern wenn man sich ein wenig mit ihnen beschäftigt, erkennt man, daß es sich um sehr lebendige Denkanstöße handelt …
Hermann Wohlgschaft
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Eine Bemerkung noch zu dem anstößigen Bibelwort »Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin« (Matthäus 5, 39):

Man kann es sich natürlich leicht machen und dieses Jesus-Wort als absurd und weltfremd zurückweisen. Ich gebe zu: Neben leicht verständlichen Bibelworten, die keiner besonderen Auslegung bedürfen, gibt es auch Bibelworte, die sehr sperrig sind und nicht eindeutig interpretiert werden können. So manche Bibelstelle ist in ihrer Bedeutung umstritten und wird von den Fachexegeten unterschiedlich gedeutet. Die oben zitierte Stelle gehört sicher zu den relativ schwer zu verstehenden Texten der Bibel.

So viel ist aus meiner Sicht klar: Unser Jesus-Wort ist nicht buchstäblich, sondern bildhaft gemeint. »Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.« (2 Korinther 3, 6)

Wie ja auch Karl May in seinem Bühnenwerk ›Babel und Bibel‹ (1906) sehr schön herausgestellt hat, geht es in der Bibelauslegung immer darum, den GEIST der Bibel insgesamt und den GEIST der einzelnen Passagen – z. B. der Bergpredigt Jesu – zu erfassen.

Was nun ist der Geist der Bergpredigt Jesu (Mathäus, Kapitel 5 bis 7)? Man muss vor allem die Präambel dieser Predigt, die neun Seligpreisungen (Kapitel 5, Verse 3-12), beachten. Im Einzelnen geht es – unter anderem – um den Verzicht auf jede Art von Gewalt. Jesus will sagen: Wo Gewalt mit Gegengewalt beantwortet wird, kommt es erfahrungsgemäß zur Eskalation, die alles nur noch schlimmer macht. In diesem Zusammenhang ist das obige – sicherlich schwierige – Bibelwort zu deuten.

Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt, ein evangelischer Christ, sagte bekanntlich: »Mit der Bergpredigt Jesu kann man keine Politik machen.« Das ist m. E. insofern richtig, als man der Bergpredigt keine konkreten Handlungsdirektiven für alle möglichen politischen Sachthemen entnehmen kann. Ob z. B. Steuern gesenkt werden sollen oder nicht, das muss mit wirtschafts- und sozialpolitischem Sachverstand entschieden werden und nicht mit Bibelworten, die man sich gegenseitig an den Kopf wirft.

Das heißt nun aber nicht, dass die Bergpredigt Jesu keinerlei gesellschaftspolitische Konsequenzen intendiere. Jesu Aufforderung zum Gewaltverzicht etwa ist schon brisant, gerade auch im Blick auf aktuelle politische Auseinandersetzungen. Ich frage mich: Ist es wirklich so »naiv«, gegen den Krieg zu sein? (Mit dem Wort »Pazifismus« meinte ich das Nein zum Krieg.) Ist es nicht viel naiver, zu glauben, man könne politische Probleme mit militärischer Gewalt lösen?

Und noch eines: Die »Friedfertigkeit« Jesu hat nichts mit Passivität oder gar Feigheit zu tun, ganz im Gegenteil! Jesus war, bei allem Verzicht auf Gewalt, ein ganz und gar kämpferischer Mensch, der sich – freilich gewaltfrei – total für Recht und Gerechtigkeit eingesetzt hat. Dass er schließlich von der offiziellen Justiz ermordet wurde, war ja die Folge seines Einsatzes für die Menschlichkeit!
Thomas Math
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Thomas Math »

Wenn es schon mehrere Exegeten braucht um etwas auszulegen,dann steckt schon der Wurm drin.Nein im Ernst die Bibel hat fuer mich genauso viel Bedeutung wie jedes andere Buch,das vor 2-3000 Jahren geschrieben wurde.Gar keinen.
Was den naiven Pazifismus angeht,natuerlich lassen sich politische Probleme insbesondere wenn sie zu Gewalt fuehren auch militaerisch loesen.Ich bin sicher, dass die Einwohner Darfurs,die Frauen Afghanistans und die Kurden Iraks mit solchen Friedensaposteln wenig anfangen koennen.In einem stabilen Staat wie D laesst sich ein weltfremder Pazifismus leicht propagieren.
Wieso manche Deutsche ihrer eigenen Bundeswehr in den Ruecken fallen ist mir voellig schleierhaft,meines Wissens ist das eine demokratische Armee,die ein Mindestmass an Sicherheit und Stabilitaet in einem ansonsten anarchischen,mittlelalterlichen Pseudostaat garantiert.
Wuerde man sagen Afghanistan laesst sich eh nie befrieden,es kostet den Steuerzahler zuviel und deshalb ueberlassen wir es seinem Schicksal kann ich verstehen,aber die Aussage wir muessen Probleme dort ohne Militaer loessen,zeugt von einer weltpolitischen Ahnungslosigkeit,die an Dummheit grenzt.
Tut mir leid Herr Wohlgschaft in den meisten Weltgegenden hat der recht,der das bessere Gewehr hat.Mit einem widerspruechlichen alten Buch kommt man da nicht sehr weit.
Mays Pazifismus interpretiere ich eher als eine Trotzreaktion auf den damals herrschenden Imperialismus,vielleicht auch ein wenig Altersstarrsinn.Fuer einen Pazifisten hat er seine Waffen und seine Nahkampf Faehigkeiten schon sehr ausfuehrlich beschrieben.
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Doro
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Re: Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

Beitrag von Doro »

Nun, Ghandi war sicher kein Heiliger, aber er hat ohne Gewalt die Unabhängigkeit Indiens angeleiert...

Das ist schon was, würde ich sagen!
People may hate you for being different and not living by society’s standards, but deep down they wish they had the courage to do the same. (Kevin Hart)
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