Karl May und der Islam

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Werner Fleischer

Karl May und der Islam

Beitrag von Werner Fleischer »

Auf der folgenden Seite findet eine Umfrage zum Thema Karl May un der Islam statt:

http://www.damaschke.de/kmg/KarlMayUmfrage.pdf
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rodger
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Beitrag von rodger »

Karl Mays Verhältnis zum Islam war indifferent, widersprüchlich, inkonsequent. Wie so vieles in seinem kunterbunten Werk (auch: seinem Denken, seiner Weltanschauung).

In der Originalfassung von „Orangen und Datteln“ beteiligt sich der Ich-Erzähler an einer Stelle an einem muslimischen Gebet,

„Es war also el Mogreb da, die Zeit des Gebetes beim Untergange der Sonne. Wir tauchten die Hände in das Wasser, traten vor das Zelt und warfen uns mit Ausnahme Percys, welcher sitzen geblieben war, auf den Boden nieder. Ich habe mich während meiner Wanderungen unter den Moslemim nie von den Waschungen und Gebeten ausgeschlossen und denke dennoch, ein guter Christ geblieben zu sein.“

in „Von Bagdad nach Stambul“ gerät die Beerdigung Mohammed Emins sozusagen zum konfessionsübergreifenden, ebenso bunten wie berührenden Mix.

"Das war ein seltenes Begräbniß. Ein Christ, zwei Sunniten und ein Schiite hatten über dem Grabe des Todten gesprochen, ohne daß Muhammed einen Blitz herniederfallen ließ. Was mich betrifft, so glaubte ich, keine Sünde zu thun, wenn ich von dem todten Freunde Abschied nahm in der Sprache, die er im Leben gesprochen hatte; die Betheiligung des Persers aber war ein Beweis, daß er an Bildung des Geistes und Herzens den moslemitischen Troß weit überragte. Halef hätte ich zum Dank für seine einfachen, kurzen Sätze gleich umarmen können. Ich wußte es längst: er war, ohne es selbst zu ahnen, nur noch äußerlich ein Moslem, innerlich aber bereits ein Christ."

Einige Stellen im Orientzyklus zeugen von einer gewissen Anerkennung und einem Respekt vor der tiefen Gläubigkeit der Muslims, andere (so bei den tanzenden Derwischen in Band 3, wo mehrmals von „Komödie“ die Rede ist), eher von Hohn und Verachtung. Später im „Lande des Mahdi“ und insbesondere in einigen Marienkalendergeschichten wird dann sozusagen kein gutes Haar am Islam gelassen, im Spätwerk kehrt er dann zu abgeklärter Toleranz und einer Art überkonfessioneller Vogelperspektive zurück.

*

Karl Mays Hang, mit den Dingen zu spielen, mit einer gewissen Leichtfertigkeit ein wenig hemdsärmelig auch mit Dingen umzugehen, bei denen eine gewisse Zurückhaltung möglicherweise durchaus angebracht wäre, macht auch vor der Religion nicht halt. In der Originalfassung von „Durch die Wüste“ (im Grünen Band nicht) hält ihn Mohammed Emin bei der ersten Begegnung lange Zeit für einen Hadschi, da er (Kara Ben Nemsi) ein Hamail um den Hals trägt. An einer Stelle äußert der Scheik wörtlich zu seinen Leuten:

„Wißt Ihr nun, was er ist? Ein Dschihad [1) Einer, welcher auszieht, um für den Glauben zu kämpfen] ist er.“

Auf Kundschaft, im Lager der Feinde, bittet Kara Ben Nemsi um das Lösen seiner Fesseln, um einen Löwen unschädlich machen zu können. Da heißt es tatsächlich (im Grünen Band auch wieder nicht):

»Du willst wirklich nur den Löwen erschießen?«
»Ja.«
»Beschwöre es. Du bist ein Hadschi; schwöre es bei dem heiligen Zem-Zem, welchen Du in der Tasche hast.«
»Ich schwöre es!«

*

Ach übrigens: mit dem Fragebogen werde ich mich nicht befassen. Dieses Herauslösen und Für-sich-betrachten eines Teilaspektes aus einem kunterbunten Konglomerat von Werk ist meine Sache nicht.
Sandhofer
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Konglomerat

Beitrag von Sandhofer »

rodger hat geschrieben: Dieses Herauslösen und Für-sich-betrachten eines Teilaspektes aus einem kunterbunten Konglomerat von Werk ist meine Sache nicht.
Und dies, nachdem er gerade ein halbes Dutzend Stellen herausgelöst hat ...

Es geht mir mit dem Rüdiger wie mit den Frauen - ich versteh' weder ihn noch sie wirklich. Aber ohne wäre das Leben viel langweiliger ... :wink:

Grüsse

Sandhofer
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rodger
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Beitrag von rodger »

Es geht mir mit dem Rüdiger wie mit den Frauen - ich versteh' weder ihn noch sie wirklich. Aber ohne wäre das Leben viel langweiliger ...
Auf der Basis können wir arbeiten.

:lol:

Schatzi, Textstellen sind doch keine Teilaspekte in dem Sinne wie ich das vorher meinte.

Ohne nun den Islam mit Salz vergleichen zu wollen, nichts liegt mir ferner, und Ärger welcher Art auch immer mag ich mir nicht einhandeln, komme ich mit folgendem Vergleich, wobei es wirklich in keiner Weise mehr um den Islam geht, sondern einzig und allein um das Thema Herauslösen und Teilaspekte:

ich mag Rheinischen Sauerbraten, und da spielt Salz eine gewisse Rolle, s’ ist klar. Mit folgenden Fragen mich zu beschäftigen, würde mich nichtsdestotrotz eher weniger reizen:

In welchem Alter haben Sie Rheinischen Sauerbraten gegessen ?
Welche Gewürze bevorzugen Sie noch ?
Was fällt Ihnen spontan zum Thema Salz ein ?
Worauf begründen sich Ihre Antworten aus dieser Frage ?
Haben Sie durch Rheinischen Sauerbraten einen Zugang zum Salz bekommen ?
Besaßen Sie bereits Vorkenntnisse hinsichtlich Salz und anderen Gewürzen, bevor Sie Rheinischen Sauerbraten aßen ?
Wenn Sie Vorkenntnisse hatten, wodurch haben Sie diese gewonnen ?
Hat das Essen von Rheinischem Sauerbraten Sie dazu angeregt, sich weiter mit der Salzthematik zu beschäftigen ?
In welcher Art gestaltete sich Ihre Auseinandersetzung ?

:wink:
Dernen
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Registriert: 8.6.2005, 22:53

Beitrag von Dernen »

Laß uns Salz und Brot essen - altes Gastfreundschaftsritual.

Kara Ben Nemsi kam ganz über den Salzsee - Schott es Dscherid - und der Sauerbraten (das Pferd) versank auf der Hälfte in der Salzlake.

Bei der Umfrage von Frau Bach geht es aber wohl in erster Linie um das, was man so schön "Wirkungsgeschichte" nennt. Und da sind wir eben alle verschieden. Für mich war speziell Karl Mays Orient der Anlaß, mich mit dieser Kultur zu beschäftigen. Mein erster Besuch einer Moschee - damals gab es sowas noch nicht in Deutschland - fand 1969 in Bosnien statt. Und ich freute mich über jedes Minarett, was ich, 17 Jahre alt, auf der Balkanreise mit meinem Vater (ein wirklicher Kara Ben Nemsi) entdeckte. Ich wünschte, er hätte lange genug gelebt, daß ich mit ihm die Reisen zum Schott und auf dem Nil auch noch hätte machen können. Ich wünschte, wir hätten zusammen hier in Deutschland die vielfältigen orientalischen Restaurants besuchen, die es mittlerweile gibt und uns über das Islam-Problem unterhalten können. - Für mich hat Karl Mays Orient das Interesse geweckt, diesen Kulturkreis kennen zu lernen, ihn zu rieche, zu schmecken, zu fühlen. Und auch zu verstehen, soweit das unsereinem möglich ist - und, bei Allah, es ist nicht einfach!

Salam

Rolf
Ralf Grosskurth
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Beitrag von Ralf Grosskurth »

Dernen hat geschrieben:[...]Für mich hat Karl Mays Orient das Interesse geweckt, diesen Kulturkreis kennen zu lernen, ihn zu rieche, zu schmecken, zu fühlen. Und auch zu verstehen, soweit das unsereinem möglich ist - und, bei Allah, es ist nicht einfach!

Salam

Rolf
(Hervorhebung durch mich)

Lieber Rolf, zum zitierten Textteil kann ich nur zustimmend nicken, ist es doch für mich das Gleiche.

Und ich muß sagen, ich zweifele zusehends daran, ob wir Mitteleuropäer - von unserer Kultur geprägt - dieses Verständnis wirklich jemals aufbringen können.
Nach nunmehr fast zwei Jahren Tätigkeit "im Reich des silbernen Löwen" muß ich gestehen, fühle ich mich in mancherlei Hinsicht vom Verständnis weiter entfernt als je zuvor.
Da gibt es einfach Dinge - welche nicht in diesen Thread gehören -, die lassen sich einfach nicht "begreifen". Die nimmt man entweder in christlicher Demut hin (und vermeide innerlich schon allein diesen Begriff), oder man übe sich in zumindest äußerlicher Gelassenheit.

Ich begann dieses Posting eigentlich in der Absicht, diese Schwierigkeiten weiter, detaillierter auszuführen, aber wie schon erwähnt, es gehört wohl nicht hier hin.
Man kann das gerne einmal bei einem Bier (es gibt doch noch Weststaatler-Treffen irgendwann???) oder in einem eigenen Thread genauer beleuchten, aber das erfordert mehr Zeit, mehr Raum, und würde vom Thema hier schlicht wegführen.
Mit freundlichen Grüßen,

Ralf Grosskurth
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