Endlich Wohlgschaft Biographie erschienen

marlies

Beitrag von marlies »

treiben? ... cat's away - mice play ... schoener Urlaub Ruediger!

schnip>>>Leider oft ganz und gar nicht ... <<<schnap ... ja leider - und wie ich schon mal (auch woanders) sagte - ich hab noch lange nicht alles von ihm gelesen - und die Marienkalendergeschichten (so hab ich gehoert :-) ) sind ganz das Gegenteil. Aber eben, er wusste auf welcher Seite sein Brot gebuttert wurde - und schrieb das Zeug. Nur hat er seine Seele dem Teufel nicht (ganz) verkauft ... (pardon the pun) ... und seine Ansichten schoen in viele Geschichten hineingeflochten - oder es so schrecklich uebertrieben dass es geradezu auffaelt.

@ Giesbert ... viele sagen Agnostiker und meinen 'es gibt keinen Gott' :-) darum fragte ich ... (nein - Materialismus ist wieder was anderes und in philosophisher Definition ist mit Atheism verwandt - denial of soul or spirit)

... mir faellt nur auf dass bei Karl May sich soviele verschiedene Meinungsrichtungen in Bezug auf Lebensphilosophie und Religion hier treffen und ebengerade darueber in May's werk diskutieren koennen - und dass er jedem etwas bietet (... auch non-Western 'belief-systems' - obwohl manche sich offen nicht ausdruecken koennen wegen Verfolgungsangst - die ja Gottseidank hier nicht mehr existiert) allein von diesem einen Gesichtspunkt her ist dieses Forum wichtig. :wink:
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Liebe Marlies,

meistens freue ich mich ganz besonders über deine Beiträge, manchmal aber verstehe ich nicht so recht, was du eigentlich meinst. Denkst du denn im Ernst, dass May nicht religiös war? Ich vermute, dass du unter »religiös« etwas ganz anderes verstehst als ich.

Nicht religiös ist aus meiner Sicht ein Mensch, den ›Gott‹ überhaupt nicht interessiert, dem die Frage nach Gott absolut ›wurscht‹ ist. Religiös hingegen ist für mich jeder, der irgendwie an eine »höhere Macht« glaubt, die unser Erdendasein trägt und übersteigt. May freilich war nicht nur in diesem allgemeinsten Sinne religiös. Er bekannte sich – bei aller Toleranz und Offenheit für sämtliche Religionen – zu einer ganz bestimmten Religion, der christlichen.

Ein Christ ist ein Mensch, der nicht nur theoretisch an die »Existenz« Gottes glaubt, sondern zu Gott in eine persönliche Beziehung tritt, nämlich im Gebet. Ein Christ ist außerdem ein Mensch, der an die Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus glaubt oder zumindest eine sehr hohe Wertschätzung für die Person und die Botschaft Jesu zeigt. Dass dies auf May so zutrifft, ist doch offenkundig. Um dies zu belegen, muss man nun wirklich nicht die (literarisch schwachen) Marienkalendergeschichten bemühen. Ausnahmslos in jeder seiner poetischen Schriften (wie auch in zahllosen Briefen an seinen persönlichen Bekanntenkreis) ist Mays christliche Einstellung zu finden.

Damit will ich nicht behaupten, dass May immer und stets ein ›guter‹ Christ war, sich ausnahmslos immer an die Weisungen der Bergpredigt Jesu hielt und niemals an Gottes Führung und Liebe zweifelte. Nein, er war – auch wenn es noch so platt klingt – ein Mensch mit seinem Widerspruch. Trotzdem war ihm seine christliche Grundüberzeugung immer sehr wichtig.

Marlies, du schreibst unter anderem, dass es Leute gibt, die im Namen der Religion anderen Menschen Leid zufügen. Das ist zwar leider richtig, natürlich kann die Religion (die christliche, die islamische oder auch die buddhistische) missbraucht werden für andere, z. B. politische, Zwecke. Das hat aber mit der Frage nach dem Wahrheitsgehalt religiöser Lehren überhaupt nichts zu tun. Das Jesus-Wort »Daran soll man erkennen, dass ihr meine Freunde seid, dass ihr einander liebt« bleibt doch gültig, auch wenn es Taufscheinchristen gibt, deren menschenverachtende Lebensweise dem Willen Gottes total widerspricht.

So, jetzt hab ich mich ein bisschen in Rage hineingeschrieben, aber vielleicht darf und soll das auch mal sein.

Hermann
marlies

Beitrag von marlies »

Hallo Hermann

Rage? Nein - so empfinde ich das nicht - sondern eine gute, klare Definition. Ich kann mir dich mit rage nicht vorstellen. Ich habe die Eigenschaft den Leuten ab und zu mal auf den Nerv zu klopfen. Gut oder schlecht? Weiss ich nicht.
Ich wuenschte dass jeder sich so klar ausdruecken koennte wie Du hier - auch ich finde meistens nicht die richtigen Worte (auf Deutsch - in English gehts meistens besser - in diesem Falle: leider).

Fuer mich ist 'religioes' von Religion, und Religion ist fuer mich 'Oppression'.

Ich definiere das Verstehen vom Verhaeltnis zwischen dem Schoepfer und der Schoepfung anders als 'vorgeschriebene' Verhaltensart innerhalb einer engen und einengenden Religion. Ich brauche keinen Mittelmann zwischen was ich als Schoepfer empfinde und mir. Was ich bei May lese ist ein spirituales and persoenliches Verhaeltnis mit dem Schoepfer und er hat das als Christliche Religion ausgedrueckt in seinen Buechern (wenn das ihn einen Christen macht - so be it) - wobei er aber auch sich die Freiheit nahm das 'oppressive', oder das einengende der Religion zu zeigen.

Ein kleines Beispiel ist das Gespreach zwischen Old Shatterhand und Old Surehand - wo Old Surehand ihn fragt wieviele Male am Tag er beten soll (oder so aehnlich) und ich denke es ist bekannt was Old Shatterhand sagte, dass das ganze Leben ein einziges Gebet sein soll, mit jedem Atemzug (denn wohlgemerkt auch die Luft die man atmet ist mit jedem Molekuel ein Teil dieser Schoepfung). Taufscheinchristen mit menschenverachtenden Verhaltensweisen sind da ein symptom von einer tieferliegenden 'imbalance' im 'fabric' der Schoepfung.

Wobei Gebet ganz einfach in dem Sinne heisst: mit jedem Atemzug soll man sich bewusst sein dass man nicht das Zentrum des Universes ist, sondern dass man ein gleichwertiger Teil des Universums (der Schoepfung) ist, und dass man die gleiche Verantwortung wie jeder andere Mensch oder jeder andere Teil der Schoepfung hat, NUR fuer die Schoepfung zu schaffen, oder anders ausgedrueckt, dass man als Teil der Schoepfung mitzu'schoepfen' hat - fuer das Gesamtwohlergehen der Schoepfung (oder wenn Du willst: Gottes Schoepfung).

Nie und nimmer kann ein Mensch gleich wie der andere sein, jeder MUSS dieses Schoepfer/Schoepfung Verhaeltnis individuell suchen, finden, und anwenden. Und hier ist es wo die Religion leider nicht meinen Erwartungen entspricht. Religion VERHINDERT das individuelle Entwickeln eines Schoepfer/Schoepfung Verhaeltnis, mit vorgeschriebenen Massenritualen, Massenabfertigung und Massenkontrolle (weder western, oriental, asian oder anderen Religionen, von mir aus auch Mormonen - wobei das 5x am Tag ausrollen der Gebetsteppiche wohl das eindruecklichste Massenritual ist).

Obwohl ich Religion in jeder Form unakzeptabel finde (und zur gleichen Zeit niemand daran hindere einjeder Religion die ihm beliebt beizutreten), habe ich ein sehr tiefes Schoepfer/Schoepfung Verhaeltnis, aber eben - ohne Mittelmann - sehr direkt - ein ganz persoenliches und dialogreiches Gott/Marlies Verhaeltnis (falls dieser Ausdruck klarer ist), dieses Verhaeltnis ist nur mein, und ich kann parallelen sehen mit Karl May's eigenem Schoepfer/Schoepfung Verhaeltnis - und das ist es was ich zu definieren und ausdruecken versuche.

Ohne Schoepfung existiert der Schoepfer nicht - der Schoepfer ist die Schoepfung.
Sandhofer
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Beitrag von Sandhofer »

marlies hat geschrieben:[...] mit der Werke-CD brauche ich ja all die schweren Buecher nicht). :wink:
Zumindest die Manuskriptfassung von Ardistan und Dschinnistan sollte aber schon sein, zusätzlich ;)
marlies

Beitrag von marlies »

@Sandhofer - ... - mit der Zeit werd ich mir auch noch solche Schaetze besorgen ... und wenn ich noch genug Schnauf hab dann werd ich sie auch so zerlegen wie die Lapplaendische Silbermuenzengeschichte - ich kann nicht anders - ich muss die Kuckucksuhr auseinandernehmen um den Kuckuck zu finden ... :lol: ... da kommt mir ein Film in den Sinn 'One flew over the Cuckoo's Nest' ... :lol:
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Hallo Marlies,

mit fast allem, was du oben (14.11 Uhr) schreibst, bin ich voll einverstanden. Das Befolgen von irgendwelchen Bestimmungen – Speisevorschriften, zu ganz bestimmten Zeiten in Verbindung mit ganz bestimmten Ritualen ganz bestimmte Gebete in einer ganz bestimmten Sprache (sei es Arabisch oder Latein) zu sprechen und dergleichen mehr – entspricht freilich nicht dem WESEN der Religion, sondern ist eine veräußerlichte Schrumpfform der Religion. Jesus jedenfalls hat, in der scharfen Auseinandersetzung mit den »Pharisäern und Schriftgelehrten« (also den Repräsentanten der offiziell verordneten, die Menschen im Grunde nur knechtenden Religion), ein ganz anderes Verständnis von Religion gelehrt und persönlich gelebt: die Liebe zu Gott, die Liebe zur Kreatur, die Liebe zu sich selbst.

Karl May hat in vielen seiner Erzählungen – wie ich in der Biographie verdeutlicht habe – für die Jesus-Religion der Freiheit und der Liebe, nicht aber für die Pharisäer-Religion der Gesetze und der Vorschriften Sympathien geweckt. Auch nach der Auffassung Mays – Marlies, da sind wir uns einig – gibt es eine Unmittelbarkeit in der Beziehung von Schöpfer und Geschöpf. Jede/r von uns kann direkt mit Gott in Verbindung treten, ohne vorgeschriebenes Ritual und ohne eine Mittelsperson.

Deinen letzten Satz aber – Schöpfer und Schöpfung seien identisch – verstehe ich nicht. Wenn ich mich recht erinnere, haben wir zu diesem Thema schon E-Mails gewechselt. Nach dem biblischen Verständnis, wie nach der Auffassung Mays, ist Gott zwar AUCH eine Instanz im menschlichen Herzen (»der Heilige Geist ist ausgegossen in unsere Herzen«, heißt es bei Paulus). Zugleich aber ist der Schöpfer das vom Geschöpf verschiedene Gegenüber: der liebende Gott, der sich nicht zu schade ist, beim Menschen um Gegenliebe zu werben. Wie gesagt, so sieht es die Bibel und so sieht es Karl May. Wie DU es siehst, bleibt natürlich dir überlassen.

Hermann
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giesbert
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Beitrag von giesbert »

rodger hat geschrieben:Das dürfte aber eher eine Art Mißverständnis sein, auch Karl May gegenüber, und sich im Verlauf des Weiterlesens der drei Bände durchaus aufklären
we'll see. Jetzt aber werde ich May für einige Zeit untreu. Walter Moers’ "Schrecksenmeister" ist endlich erschienen und ich muss noch "Die Stadt der Träumenden Bücher" lesen.
marlies

Beitrag von marlies »

Hallo Hermann
schnip>>>Wie DU es siehst, bleibt natürlich dir überlassen.<<<schnip - und darum gehts (und auch darum dass man das 'wie man es sieht' auch ohne Angst vor reprisals ausdruecken darf! - und den Luxus - oder Freiheit - hatte May nicht!) und natuerlich (von der Natur [Schoepfer/Schoepfung- {-Symbiose*, wenn man so will}] gegeben) sollte es immer sein - somit sind wir uns wieder einig - DAS ist das wichtigste an allem und wie Du selbst erlaeuterst - (so wie ich 'Religion' verstehe - and again ... Sprachliche Unterschiede fuehren IMMER zu misverstaendnissen - ich rede von 'Religion' als >>>Pharisäer-Religion der Gesetze und der Vorschriften<<< und die Welt ist auch heute noch voll davon) ist es gerade das was dem Individuum nicht erlaubt ist innerhalb einer 'Schubladen' Institution (um mal einen frueher gebrauchten Ausdruck zu gebrauchen).
Wie DU es siehst ist GENAU RICHTIG fuer DICH - wie ein Atheist die Dinger sieht ist GENAU RICHTIG fuer den Atheist, wie ein Pantheist oder sogar ein Pagan es sieht ist GENAU RICHTIG fuer einen Pantheist oder einen Pagen (etc) - SOLANGE dieser oben zitierte Satz immer gueltig bleibt.
Und wie es May sah war GENAU RICHTIG fuer May - und wie wir seine Werke interpretieren ist GENAU RICHTIG fuer denjenigen der sie interpretiert - ob und wieviel davon den Mitmenschen die die interpretation lesen zum Vorteil gewaehrt, bleibt wiederum den Mitmenschen ueberlassen; wie es May auch seinen Lesern ueberlassen hat wieviel sie fuer sich vom Inhalt sener Werke aufnahmen.
Jemandem seine eigenen Gedankensformen AUFZUZWINGEN, oder ihn zwingen nach aussen hin zu konformieren, und seine eigene Gedankenwelt zu verstecken, DAS ist (in meiner Gedankenwelt) NICHT RICHTIG. Das Passiflorenkreuz (W-IV) bestaetigt das mir - die 'Heiden' haben ihre 'Pagan' Symbole genommen und die 'Christlichen-Religion (Definition siehe oben)' Symbole damit geschmueckt - 'Native Peoples' waren gezwungen ihre eigene Gedankenwelt zu verstecken, und einen Weg finden sie nicht zu verlieren. May hat der 'Roten' sowie der 'Weissen' Gedankenwelt den gleichen Wert zugeschrieben damit - das Kreuz gepflanzt mit 'Heiden' symbolen (gepflanzt - nicht nur geschmueckt).

____

*Eine Schoepfer/Schoepfung Symbiose entspricht in der Wortwahl noch nicht ganz meinen Vorstellungen (meiner Gedankenwelt), aber wenn das Wort besser verstaendlich ist, brauche ich halt dasda. In vielen Faellen von 'Symbiosis' ist die Identitaetsvereinigung lebensnotwendig fuer beide parter in der Symbiose - ohne das wuerden beide keine Existenz haben.
marlies

kleine Randbemerkung zu May's Tierliebe

Beitrag von marlies »

Randbemerkung zu May's Tierliebe ... (see Interview) ...

Unter der Windhose:

quote:
Dazu war ein gutes Pferd unbedingt nötig, und das meinige lahmte. Es hatte mich treu durch viele Gefahren getragen; ich wollte es gegen kein anderes vertauschen, und so war ich gezwungen, ihm Ruhe zu gönnen, bis der Fuß sich wieder eingerichtet haben werde.
end quote.

:wink:
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Hallo Marlies,

du schreibst, dass May nicht die Freiheit hatte, ohne Angst vor Repressalien seine persönliche Meinung ganz offen zum Ausdruck zu bringen. (So habe ich den Anfang deines Eintrags von gestern, 02.30 Uhr, verstanden.) Das sehe ich anders. Karl May nahm sich diese Freiheit sehr wohl. Im Doppelroman ›Scepter und Hammer/Die Juweleninsel‹ z. B. erlaubt er sich eine Religionskritik, wie sie schärfer und ironischer gar nicht sein könnte. Allerdings bringt er im selben Roman auch anrührende Beispiele von WAHRER Religion im Sinne Jesu Christi.

Schon in der Erstfassung meiner May-Biographie (die ja digital zur Verfügung steht) bin ich auf solche Romanstellen eingegangen (auf S. 168ff.).

Mit herzlichem Gruß
Hermann
marlies

Beitrag von marlies »

Hallo Hermann

schnip>>>Schon in der Erstfassung meiner May-Biographie (die ja digital zur Verfügung steht) bin ich auf solche Romanstellen eingegangen<<<schnap

Dass deine May-Biographie mein wichtigstes Nachschlagewerk (nebst der Werk-CD) ist muss ich doch nicht betonen, oder? :-) ... (und dass es eines der wichtigsten Sekundaerliteraturwerke ueber Karl May heute ist, das 'versteht sich auch von selbst' um May's liebste Phrase zu gebrauchen).

Uebrigens - als autor finde ich die digitale zur Verfuegungstellung eines solchen Werkes ganz ausserordentlich und extrem altruistic. Etwas rares in der heutigen 'Geiz-getriebenen' Zeit.

Ja die >>'antikatholischen' Spitzen<<, trotz Kochta ... ich persoenlich sehe diese in eine Geschichte eingeflochtenen 'Anekdoten' nicht als ganz dasselbe wie ein persoenliches (verzeih die Wiederholung des Wortes 'persoenlich') und oeffentliches 'Gestaendnis' zu einer Glaubensidee, einer spirituellen Ueberzeugung, (etc) AUSSERHALB einer Erzaehlung, eines Buches, als Person Karl May. Fuer May war das Einflechten solcher 'Spitzen' eher die einzige Moeglichkeit seine Meinung zu sagen. Da bin ich natuerlich immer 'eager' mehr zu lernen - wie schon oefter betont: Ich habe noch lange nicht alles gelesen obwohl ich meine Nase in seinem Werk (und seklit) fast 24/7 habe (vielleicht ist das uebertrieben, aber jedenfalls in allen freien Minuten und Stunden - bis spaet in die Nacht hinein zum Teil wie die Zeiten in diesem Forum bezeigen).
:)
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Hallo Marlies,

du schreibst: »Dass deine May-Biographie mein wichtigstes Nachschlagewerk (nebst der Werk-CD) ist, muss ich doch nicht betonen, oder?« Doch, das musst du schon. Du weißt ja, meine Eitelkeit braucht das unbedingt.

Nein, jetzt wieder im Ernst: Keineswegs nur indirekt, keineswegs nur versteckt im fiktionalen Erzählwerk, auch ganz persönlich in privaten Briefen und in öffentlichen Erklärungen hat May seine Auffassungen zur Religion im allgemeinen und zum Christentum und den Kirchen im besonderen kundgetan. Ich erinnere – zum Beispiel – an sein ›Glaubensbekenntnis‹ in der Passauer ›Donau-Zeitung‹ (Ende 1906) oder an seine Briefe an den Maler Sascha Schneider. Das alles kannst du nachlesen in der Biographie.

Mit liebem Gruß, Hermann
marlies

Beitrag von marlies »

:lol: ... ? #1 Superbia - Du? :lol: unmoeglich!

Damit muessen wir's belassen (vielleicht bis nach 'Savage to Saint') sonst gehts nochmals aufs merrygoround fuer 2000 Jahre oder laenger ... :wink: wir haben 'common ground' nur die interpretationen gehen auseinander.

...noch eines ... entweder bin ich blind oder >>>›Glaubensbekenntnis‹ in der 'Passauer ›Donau-Zeitung‹ (Ende 1906)<<< ist nicht online. :?

Nun geh ich in den Gemuesegarten meine Salatsamen in die Erde zu geben (sonnig, 17 grad, und der Winter ist noch nicht mal ganz weg).
Waukel
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Beitrag von Waukel »

Guten Morgen!
Zum Thema Glaubensbekenntnis gibt es eine Stelle in seinem "Repertorium C. May", das er, wie man vermutet, in der Zeit seines Aufenthaltes im Arbeitshaus Schloss Osterstein, angelegt hat.

********Zitat:
Eine Liebe, welche ewig zürnt, ist teuflisch. - Ein Gott, welcher das absolut Böse anerkennt und duldet, ist ein - Teufel. - Giebt es also einen Gott, so giebt es keinen Teufel. -

Das Böse ist nicht als absolute Aggregation an einen persönlichen Träger, den Teufel, gebunden. -

Konnte ein Engel fallen, so mußte die ewige Liebe ihm Hoffnung auf Versöhnung lassen; denn sie schuf ihn ja fallibel.

Mein Glaubensbekenntnis ist darum so:

Ich glaube wohl an ein Gericht, aber nicht an eine ewige Verdammniß, an den Irrthum, aber nicht an das absolut Böse, an die göttliche Liebe, aber nicht an eine nothwendige Gnade, an einen leiblichen Tod, an ein ewiges Leben, aber nie an ein Auferstehen, an einen Gott, aber nimmermehr an einen Teufel. -

Der Gott, den ich über mir fühle und glaube, konnte und durfte den Menschen nicht fallen lassen; sondern wie man die Sonne nur auf audern Sternen leuchten sehen kann, so sandte Gott seine zeitlichen Gedanken auf die Erde, damit sie sich ins Lichte ihres Urquells sonnen und, in der Räumlichkeit verkörpert, ihm frei und selbstbestimmend wieder nahen könnten. -

Die Freiheit schwingt vom Irrthum sich zur Wahrheit, und das Böse ist der einzge Weg zum Guten. Kann dieser Weg anders heißen als: Leben? Wie nun der einzelne Mensch nur lebt, um sich zum Schauen zu erheben, so ringt die Menschheit als ein Ganzes sich durch Zweifel, Trug und Irrthum zur Wahrheit und Erkenntniß, und diese Idee ist es, welche einen Teufel schuf. Dieser ist nicht ein von Gott verstoßener Engel, sondern der Geist der Erde, welcher sie durch die Sphären leitet und immer näher zu der Sonne führt. Er blickt durch Wolken, die den Himmel decken; er wandelt durch die Nacht im zweifelhaften Licht; er spricht in Schlachten aus deu Feuerschlünden und wohnt auf Gräbern, die das Glück bedecken. Und sieht das Auge ihn in drohender Gestalt, so will es ihn nicht wieder kennen, wenn er die Blumen auf den Gräbern pflegt und Segen aus dem Wolken niederträufelt. Der Aberglaube hat sein Bild verzerrt, und Undank lohnt ihm mit der Teufelsfrazze.

Wie er in wechselnden Gestalten den weiten Erdenkreis regiert und mit geheimnißvollem Walten die Menschheit zu dem Lichte führt; wie er als Wahrheit aus den Wirren, als Sonne durch die Nebel blickt; wie er an halbverfallne Mauern empor den grünen Epheu rankt; wie er der Hoffnung stilles Lächeln noch auf des Todten Antlitz haucht, das soll dieses Buch zeigen. Es soll zeigen den Menschen in seinem Kampfe mit dem Leben, beschirmt, beschützt, bewacht von dem, den wir den Satan nennen, soll zeigen die Gottheit im Teufel, die Wahrheit im Irrthume, das Gute im Böseu, die Liebe im Hasse, die Ewigkeit in der Zeit, das Leben im Tode und den Himmel auf Erden und in - der Hölle. Es soll begleiten den Menschen in seiner Entwickelung, den goldnen Faden um die Erde ziehen, den wir Glauben nennen und Gott in seiner wahren Gestalt, als die allmächtige Liebe zeigen.
Zitat Ende******

Er war damals 26 Jahre alt.
Da wäre es jetzt interessant, daneben das Glaubensbekenntnis Mays in der Passauer Donauzeitung, welches dann 40 Jahre später verfasst wurde, allerdings in einer wohl katholischen Zeitung? - ich fürchte mich ein bisschen - zu lesen.

Gruß Sylvia
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

›Mein Glaubensbekenntnis‹ (1906/07) von Karl May habe ich wiedergegeben und ausführlich kommentiert im 3. Band der Biographie (S. 1554 – 1576). Nicht ganz so ausführlich und nicht ganz so differenziert findet sich die Interpretation auch in der – digital aufrufbaren – Erstfassung (S. 674 – 681).

Der von Waukel zitierte frühe May-Text ist ebenfalls interessant. Einige dieser Positionen hat May auch in späterer Zeit vertreten, andere hingegen nicht mehr oder nicht mehr so pointiert. Manche Formulierungen Karl Mays erscheinen mir ziemlich unklar und interpretationsbedürftig. Aber das ist ein weites Feld. Darüber könnte man endlos diskutieren.

Mit herzlichem Gruß an die Runde
Hermann
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