Karl May und seine Zeit ... — Eine Bildbiografie

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rodger
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Beitrag von rodger »

Ich habe das Buch heute erhalten. Sehr, sehr schön.

Erstmal nur ein bißchen geblättert, viel Bekanntes, viel Unbekanntes.

"Wie oft habe ich mit ihm in der Savanne den Knieschuß geübt !" (auf die Frage nach Old Firehand, S. 315), das kannte ich z.B. noch nicht.

Auf S. 264 ist ein kleiner Fehler bzw. eine mißverständliche Formulierung, im Anhang vom "Schut" ist zwar Rih letztmals mit von der Partie, aber keineswegs Halef. Der hat sogar noch den "Silberlöwen" überlebt ...

(Demnächst mehr)
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Die Bildbiographie von Klussmeier und Plaul besitze ich in der 1. u. 2. Auflage (beide Olms-Verlag). Frage: Inwiefern unterscheidet sich die neue KMV-Fassung von den früheren Auflagen?
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rodger
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Beitrag von rodger »

Größer, schöner, ansprechender, ausführlicher, umfangreicher, gelungener, reizvoller; neue Bilder, neue Dokumente, neue Texte. Und im Wohnzimmer ein Hingucker, ersetzt jede Blumenvase.

Der Hunderter ist gut angelegt, glauben Sie’s mir.

:wink:
Hermann Wohlgschaft
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Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

O. k., dann lass ich mir den Bildband (spätestens) zu Weihnachten schenken. Das Klußmeier/Plaul-Buch gehört übrigens, neben der Wollschläger-Biographie, zu den Werken der Sekundärliteratur, die in den 1980er Jahren mein Interesse an Karl May erneut geweckt haben. Hätte ich die Bildbiographie von Klußmeier/Plaul nicht gelesen, wäre ich nicht in die KMG eingetreten. Und schon gar nicht wäre ich auf die Idee gekommen, selbst über Karl May zu schreiben.
Dernen
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Beitrag von Dernen »

rodger hat geschrieben:Größer, schöner, ansprechender, ausführlicher, umfangreicher, gelungener, reizvoller; neue Bilder, neue Dokumente, neue Texte. Und im Wohnzimmer ein Hingucker, ersetzt jede Blumenvase.
Blumenvase? Einen ganzen Balkonkasten! Aber ich muß absolut zustimmen: der Band ist eine wahre Freude! Die Reproduktionsqualität der Abbildungen ist besser als bei den Olms-Bänden, vieles, was früher in Schwarzweiß war, ist nun in Farbe und das Bildmaterial insgesamt ist deutlich mehr geworden ; aber man kann die Bände eigentlich nicht miteinander vergleichen. Der neue Band ist keine weitere Auflage, er ist ein eigenständiges, neues Buch. So wie etwa Heermanns Biographie "Winnetous Blutsbruder" ein neues Werk ist im Vergleich mit "Der Mann, der Old Shatterhand war".
Etwas fehlt im Vergleich zur 2. Olms-Auflage, nämlich die Wirkungsgeschichte nach Mays Tod, die dort auf den Seiten 277-298 unter dem Kapitel "Nachruhm" abgehandelt wurde.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Einige Lesenotizen:

Im Vorwort (S. 5) ist bei der Erwähnung „herausragender Forschungs- und Publikationsleistungen“ neben der Freiburger-Reprint-Ausgabe und der fünfbändigen Chronik auch ausdrücklich die dreibändige Biographie von Hermann Wohlgschaft aufgeführt, soviel unparteiische Ausgewogenheit tut gut.

Angesichts der m.E. durchaus angemessen sich nicht endgültig festlegenden Formulierungen in Sachen frühkindliche Blindheit (S. 19) könnte man scherzhaft von „ein bisschen blind“ sprechen …

Spiegelungen von Zeitereignissen im Werk werden in diesem Buch anschaulich vermittelt, so z.B. Revolution 1848/49 - Klehkih-Petra / Old Firehand (S. 25)

Faszinierend, Abbildungen der Plakate der in „Mein Leben und Streben“ ausführlich zur Sprache kommenden Puppenspieler sehen zu können, „Marionetten-Theater im Meisterhause zu Ernstthal“ (S. 29), das wäre auch ein hübscher Buchtitel, vielleicht dann Radebeul statt Ernstthal …

Die Verweisung von der Anstalt in Waldenburg geschah offenbar weniger wegen jener paar Talglichte, sondern entscheidend war „sein bisheriges Gesamtverhalten, das offenbar so gar nicht mit jenem Bild eines Volksschullehrers übereinstimmte, das eine von reaktionärem Geist erfüllte Administration in der Seminarordnung von 1857 festgeschrieben hatte“ (S. 34), ich kann es mir lebhaft vorstellen.

So spricht denn auch das „Konfernez-Protokoll“ (der Schreibfehler steht im Dokument) unverblümt von „Verdorbenheit seines Gemütes“ (S. 45).

Mays Bewerbungsschreiben für Plauen – gestochen schöne Schrift fällt auf (das früheste erhaltene Schriftstück, großformatige Abbildung, S. 47)

Man lernt nie aus; die Geschichte, dass May beim Billardspiel im „Drei Schwanen“ verhaftet wurde, kenne ich seit meiner Kindheit, nach Jahrzehnten lese ich nun (S. 73), dass dem offenbar gar nicht so war sondern diese Version auf Krügel / Lebius zurückgeht.

Das Bild S. 76 unten (Karikatur auf die deutsche Einheit) fand ich sehr interessant, wie heißt es einmal bei Hanns Dieter Hüsch, „das gab’s damals schon“ …

„Kalt, gleichgültig, glatt, hochmüthig“ steht in der Mitteilung der Zuchthausverwaltung Waldheim zur Entlassung, (S. 128), trotz Kochta … (dessen Auftauchen auf der Bildfläche Mays Lebens allerdings keineswegs zu unterschätzen ist, man kann ihm heute noch dankkbar sein).

Von H.G. Münchmeyer existiert offenbar wirklich kein Foto. Schade, ich hätte gern mal gewusst wie er aussah. Er ist mir zwar einmal auf einer Geburtstagsfeier in privatem Rahmen in einer Art Reinkarnation begegnet (ein Mann, der exakt so aussah, wie ich mir Münchmeyer seit meiner Kindheit vorstelle, der genau so angezogen war und sich auch genau so verhalten hat, es hat nur noch gefehlt, dass er die Geige ausgepackt hätte …) aber ich hätte das Bild doch gern einmal mit dem Original verglichen … Immerhin ein Handschreiben gibt es (S. 135). Übrigens: May wie ich mochten Münchmeyer irgendwie, egal wie der war …

Den Brauch, im Grunde [fast] gleiche Zeitungen unter leicht abgewandelten Titeln an verschiedenen Orten erscheinen zu lassen, den May als „Schwindel“ anprangert (S. 136), gibt es meines Wissens heute noch. Ich erinnere mich z.B., im Raum Düsseldorf / Ruhrgebiet entsprechendes wahrgenommen zu haben.

(Fortsetzung folgt)
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rodger
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Beitrag von rodger »

Wir finden den Abdruck des Anfangs von „Die Rose von Kahira“ in Roseggers „Heimgarten“ (S. 144) und stellen fest, dass dort „gesteigerteste“ (Glut) steht, das ist, nach gesteigerte, gesteigertste und gesteigerthste („höchste“ aus Band 71 wollen wir nicht mitzählen) nun die vierte Schreibweise, die uns in dieser Angelegenheit in dieser Geschichte bzw. einer ihrer Varianten begegnet. Und das ist sehr wohl ein Unterschied, bzw., kann ein solcher sein; warum heißt denn z.B. Heinrich Manns Untertan Diederich und damit weder Dietrich noch Diedrich: er trägt, wie die Deutschlehrerin (ausnahmsweise mal eine, der zuzuhören tatsächlich sich lohnte) vor ca. 35 Jahren wörtlich sagte, „das gebrochene Rückgrat schon im Vornamen“.

Wenn der Autor auf S. 149 oben in Zusammenhang mit Mays zunächst recht seltsam verlaufener Schriftstellerkarriere ungeniert von dessen „eigenen Unvermögen“ spricht und „Seiner damaligen Persönlichkeitsstruktur entsprach eher buntes, bizarres Fabulieren“ hinzufügt, zeigt sich (m.E.), dass er gut hingeguckt und die spezielle Problematik gut verstanden hat.

Auf S. 161 mag ich weder dem Autor („Kuriose Spekulationen“) noch dem von ihm in dem Zusammenhang zitierten Forst-Battaglia folgen, warum sollen sich nicht zwei Autoren auch ganz unabhängig voneinander Latréaumont nennen, Begriffe wie Synchronizität und morphogenetische Felder wurden schon erwähnt hier im Forum.

Das Bild auf S. 165 begegnete uns ausschnittweise schon auf S. 151, dort allerdings denn doch wohl eher etwas verfrüht.

In Kürschners Kalender ist 1883 ein Text namens „Hatátitlá-Kié“ aufgeführt (S. 166), den finde ich unter diesem Namen in keiner Bibliographie.

Ein sehr schönes Beispiel, wie sich „Fiktion“ und „Wirklichkeit“ bei Karl May vermischen, ist auf S. 173 abgedruckt, Text aus „Deadly dust“, das werden wir ja bald original und in Buchform lesen können.

Wir sehen auch, dass Dinge, die auch wieder Fabulierereien sein könnten, hin und wieder durchaus stimmen, die „San Francisco Abend Post“ habe May-Texte unautorisiert nachgedruckt, ist in „Weihnacht“ zu lesen, und auf S. 179 sehen wir tatsächlich einen entsprechenden Zeitungsausschnitt mit einer May-Geschichte.

Sigismund Rüstig hieß ursprünglich „Masterman Ready“ (!, S. 189), ich hatte es immer (unbesehen) für ein urdeutsches Buch gehalten, allein schon aufgrund des Titels …

(Fortsetzung folgt)
JennyFlorstedt
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Beitrag von JennyFlorstedt »

rodger hat geschrieben: In Kürschners Kalender ist 1883 ein Text namens „Hatátitlá-Kié“ aufgeführt (S. 166), den finde ich unter diesem Namen in keiner Bibliographie.
141.30.89.80/~thomas/wiki/index.php/Hatátitlá-kié
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rodger
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Beitrag von rodger »

Sag' ich doch ...

(der Link ist technisch momentan (20.40 h) noch verbesserungswürdig, man gelangt zu "Hat". Was hat er denn ...)
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giesbert
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Beitrag von giesbert »

rodger hat geschrieben:(der Link ist technisch momentan (20.40 h) noch verbesserungswürdig, man gelangt zu "Hat". Was hat er denn ...)
Apostrophe hat er. Ich hab ein wenig nachgeholfen.
JennyFlorstedt
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Beitrag von JennyFlorstedt »

Ich danke. :)

Ich war vorhin in Eile, sonst hätte ich nicht nur den Link geschickt. Mir ging es nur darum, dass der mysteriöse Titel über Jahre hinweg (mit Lücke!) mit genannt wurde. Und das ist schon drollig.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Irgendwo gab es doch noch einen Text, den es gar nicht gibt, wo war das noch ...

:wink:
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rodger
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Beitrag von rodger »

Leseeindrücke (Fortsetzung / Schluß)

Daß es eigenmächtige redaktionelle Änderungen schon zu Mays Lebzeiten gab, war uns schon anlässlich „Ardistan und Dschinnistan“ aufs Unerfreulichste ins Gesicht gesprungen, auf S. 216 begegnen wir dieser betrüblichen bis skandalösen Tatsache auch in Zusammenhang mit „Durch das Land der Skipetaren“.

Die auf S. 254 seitens der Autoren angegebene Motivation von „Am Jenseits“ – m.E. viel zu sehr auf seinerzeitige tagespolitische Nebenumstände reduziert.

Das Bild S. 285 unten rechts erinnert mich immer wieder an einen Zeitgenossen, und auf S. 296 erinnert Old Shatterhand in Gesicht und Haltung mit unverkennbaren May-Kostümfoto-Anklängen wirklich stark an, wer war’s noch gleich, eine Zeichentrick-Figur, und der Wald stimmt in dem Zusammenhang auch.

Auf S. 337 (Bilder) scheint denn doch das eine oder andere Glas zuviel getrunken worden zu sein …

Nicht alle Bilder wirken allzu sympathisch … (S. 340)

Das „Am Jenseits“ – Titelbild von S. 350 begegnet uns noch heutzutage auf dem Weltbild-Band wieder, wobei man aber dort den Engel abstruserweise durch eine Art durchgestyltes Hollywood-Modell ersetzt hat.

„Mit meinem Blute aus den Wunden geflossen“ bezüglich der eigenen Werke (S. 353), „man kann das wörtlich nehmen“, auch nicht übel.

„Aschaffenburger Intelligenzblatt“ (S. 357), es klingt wirklich zu schön, immer wieder.

Beim Foto meines alten Freundes Mamroth (S. 359) meine ich wieder zweierlei zu bemerken: nicht unsympathisch, klug, einfühlsam, feinfühlig und wachen Sinnes auf der einen, eine gewisse schulmeisterlich (meinetwegen freiwillig und wider besseres Wissen, wir sind ja gar nicht so) sich beschränkende Sicht der Dinge auf der anderen Seite. (Sympathie und Beschränkung wahrnehmen, Mamroth ging es ja mit May offenbar vergleichsweise ähnlich.)

Die Orientreise als „lange, große Reise ins Innere“, schön gesagt (S. 364). Ihr ist denn auch beträchtlicher Raum gewidmet (70 Seiten).

„Nächste Woche bin ich nicht mehr da“ (S. 365), auch nicht schlecht. Vgl. Hape Kerkeling („Ich bin dann mal weg“).

„Ich habe an derselben Stelle gestanden, bis nach 2 Stunden das Land ganz verschwunden war“ (S. 366), Abschiednehmende am Flughafen machen ähnliche Erfahrung heutzutage in deutlich kürzerer Zeit, schwupps, wird der graue Punkt da oben in den Wolken immer kleiner, und nach ein paar Sekunden ist er weg …

„Ich möchte, dass sie und Emma sich ganz gleich kleiden“ (S. 372), geschmacklos finde ich so etwas, schon in Hitchcocks „Vertigo“. Ich wüsste ja mal gern, wieweit die haremsähnlichen Zustände in Sachen „Harem“ wirklich gingen (S. 373)

„der sich auch als Orientkenner und Archäologe hervorgetan hatte, was für May offenbar entscheidend dafür war, sich dieser gastlichen Geste nicht zu verschließen“ (S. 376), das erinnert mich an Thomas Mann und sein Sich-umgeben-mit-Musikern für „Doktor Faustus“, wir hatten es neulich von so etwas in einem Forum, da fiel in durchaus ähnlichem Zusammenhang das Wort Verwertbarkeit.

Die sattsam bekannte „große Ceremonie“ (S. 394), (mit der der „frühere Karl“ ins „rothe Meer versenkt“ wurde), Karl May neigte zur Pathetik, und wenn schon umdenken in Richtung neue Bescheidenheit, dann bitte doch wieder mit großem Getöse.

Was er auf S. 396 über das Hotel schreibt, gefällt mir in seiner Differenziertheit oder auch scheinbaren Widersprüchlichkeit; wenigstens ist es ihm bewusst, dass sein Genuß auf Kosten anderer geht, bei heutigen Freunden des Lebens im Hochglanze scheint mir des öfteren selbst dieses Bewusstsein zu fehlen … (und die würden bei ihren an entsprechenden Orten in „würdigem Rahmen“ abgehaltenen Festivitäten eine solche Anmerkung wie die Mays vermutlich in etwa unter „So etwas sagt man doch nicht“ o.ä. verbuchen, immer hübsch alles unter den Teppich kehrend, was die recht einfältig wirkende allgemeine Friedefreudeeierküchelei auch nur ansatzweise stören könnte)

Was mag er da wieder angestellt haben in Konstantinopel (S. 430) und schon vorher in Padang (S. 400), „Nachts an einem Ort, wo zur damaligen Zeit noch im Verborgenen der Mädchenhandel betrieben wurde“, und wo die „dort verkehrenden Menschen“ einen „derartigen Eindruck“ auf ihn gemacht haben … (Zitate: Klara May)

Interessant ist, dass die beiden Titel „Karl May als Erzieher“ und „Die Wahrheit über Karl May“ urspünglich „negativ besetzt“ waren, gegen ihn benutzt wurden, und er sie dann in umgekehrtem Sinne verwendete (S. 461).

Der Herr Klencke-Mannhart hätte mir gefallen, nach dem, was da über ihn zu lesen steht … (S. 485)

Die Charakterisierung eines mayfeindlichen Artikels der Marie Elise Silling ist sehr gelungen, die damalige wirklich unerfreuliche Angelegenheit in wenigen Worten treffend auf den Punkt gebracht (S. 486).

Das Bild auf S. 511 zeigt noch keinen gebrochenen May, der, der da zu sehen ist, hat es auch 1904 noch faustdick hinter den Ohren.

Bei Leopold Gheri auf S. 524 fehlt mir zwischen „gehörte“ und „zu den treuesten“ ein „scheinbar“, nach dem, was Gheri nach Mays Ableben so von sich gegeben hat … (nachzulesen im „Roten Adler“.)

„Journalist und Erpresser“ (über Lebius, S. 523) geht mir sprachlich (nicht moralisch) zu weit, da könnte man ja z.B. eine Bildunterschrift zu Karl May auch mit „Schriftsteller und Krimineller“ formulieren, und von „faselten“ muß man auch nicht sprechen, wenn einem eine Ansicht nicht gefällt (S. 535) …

Das Bild links im Briefkopf (S. 561 Mitte links) habe ich immer für eine nach Mays Tod im Sinne gefälliger Vermarktung genehme retuschierte Fälschung gehalten, und nun muß ich sehen, dass Karl May damit eigene Briefe versehen hat … (oder sah es in den frühen Ueberreuter-Bänden noch eine Portion kernig-gesünder aus ?)

Die Sache mit dem „geborenen Verbrecher“ gibt mir ja zu denken … Warum darf denn Lebius, wenn es sich um einen privaten Brief handelte, nicht seine Meinung sagen ? Da muß ich ja aufpassen was ich in privaten Mails schreibe. Ich war immer der Meinung in einer privaten Mail dürfe ich z.B. etwas von wegen „Knalltüte“ o.ä. schreiben, solange ich das öffentlich nur allenfalls äußerst kryptisch andeute, jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher. Nicht dass einen einer mal verpfeift …

Die Zeichnung auf S. 570 an die Wand sich zu hängen, wäre eine Überlegung wert (wenn die dummen Gesichter und dieses etwas störende „wir“ nicht wären) …

Georg Heym, auch so einer, von dem mehr als nur den Namen kennen sich offenbar möglicherweise lohnt. Jedenfalls ist die Kostprobe auf S. 572 inhaltlich und stilistisch durchaus eine Empfehlung. Berthold Viertel („relativ ganz ausgezeichnet“, „irgendwie auch ist“ beherrscht die Kunst der lavierend-flexiblen Formulierung. Eine Zeitschrift „Kain – Zeitschrift für Menschlichkeit“ zu nennen, machte den Berichterstatter wiederum auf Erich Mühsam aufmerksam, und erste ergoogelte Leseeindrücke aus dem Internet verheißen in der Tat Lesenswertes. (S. 572)

Traurig die Bilder auf S. 574/75. Da ist es vorbei mit der Lebenskraft, ein Ende absehbar.

Dementsprechend wirkt das Bild auf S. 576 unten rechts wie ein Abschiedsbild, aber nicht wie beim Lied des Türmers, der Abgebildete schaut ja auch in die andere Richtung …

Auf S. 579 ist jener Robert Müller zu sehen, der nicht nur beim Zustandekommen von Mays Wiener Vortrag eine größere Rolle gespielt hat, sondern (neben noch ein paar anderen, wie z.B. Wollschläger und Wohlgschaft) auch die klügsten Dinge über Karl May geschrieben hat, derer man überhaupt ansichtig werden kann („Nachruf auf Karl May“), und diesen, im Gegensatz zu so vielen anderen, offenbar tatsächlich verstanden hat. Es ist wohltuend, auch mal einem interessanten Menschen zu begegnen, und sei es nur auf einem Foto.

„Er wird jubelnd begrüßt, und da er sich linkisch, unbeholfen, sichtlich überrascht bedankt, wird der Beifall zehnfach stärker“, ich weiß nicht wie oft ich das schon gelesen habe, aber die Stelle erwischt mich sozusagen jedes Mal aufs Neue, ich kann es mir halt, wie heißt es so schön, „lebhaft vorstellen“, bzw., sehe es vor mir. (S. 580)

Die zunächst ganz ähnlich wirkende Anzeige (S. 582), Old Shatterhand mit Kreuzzeichen dahinter, ruft einen dann schnell wieder zu gebührender Nüchternheit zurück: Von "sämtlichen Bänden in beliebiger Anzahl in Kommission", "in Umschlag geheftet M.3.-", "roter Bestellzettel anbei" u.ä. ist schon wenige Zeilen später die Rede, innerhalb der gleichen Anzeige. – So ist das, des einen Tod des anderen Brot, oder, wie schon Fußball-Philosoph Stepanovic durchaus richtig sagte, „Lebbe geht weider“.

:wink:
Kurt Altherr
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Beitrag von Kurt Altherr »

Danke für deinen ausführlichen und lesenswerten Bericht, lieber Rüdiger.

Mich würde nur interessieren, was haben die Herren auf S. 337 - einschließlich Karl May - für einen Wein getrunken? Noch einen länger gelagerten aus dem Weingut der Seylers oder Schloß Wackerbarth bzw. Hoflössnitz, auch eine Sendung von Carl Jung aus Lorch am Rhein wäre denkbar.

Doch das sind Fragen, auf die sich keine Antworten finden werden und Sandhofer hat wieder einmal recht wenn er schreibt: "Wir wissen es nicht."

:wink:
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rodger
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Beitrag von rodger »

"Sandhofer hat immer Recht" schrieb mir kürzlich jemand in privater Mail, nachdem ich zuvor mitgeteilt hatte, er habe seinerzeit mit einem ebenso köstlichen wie [teilweise] wunderbar passenden Vergleich durchaus Recht gehabt.

Nun, so weit würde ich nun keineswegs gehen (zu sagen, daß er immer Recht hat), sondern auch hier eher sagen: Wir wissen es nicht.

:wink:

Zu Fragen des Weines kann ich nichts sagen, da ich schon seit vielen vielen Jahren so schöne Dinge wie Apfelsaftschorle oder Gemüsesaft bevorzuge. Hat Karl May im Alter wohl ähnlich gehandhabt, wenn ich mich recht entsinne, oder ob er da mal wieder einen "vom Pferd" erzählt hat ?

:wink:
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