Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Karl May stand aber dem christlichen Glauben bzw. dem biblischen Denken wohl doch etwas näher als dem Taoismus.
In der Bibel geht es, in mancher Hinsicht, ganz anders zu als etwa im Tao te ching. Biblische Gottesmänner wie Hiob oder der Prophet Jeremia legen sich mit ihrem Jahwe durchaus an und streiten - gelegentlich - mit ihm. Ihre Klage kann umkippen in Anklage gegen Gott. Ich glaube nicht, dass man dies kritisieren muss. Im Gegenteil, glaubende Menschen wie Hiob, Jeremia oder auch Karl May bleiben ja gerade in ihrer Anklage gegen Gott mit ihm verbunden in einer sehr lebendigen Beziehung. Und am Ende gewinnt das unbedingte Vertrauen über die Wehklage die Oberhand. Wie bei Jesus am Kreuz: Zuerst "Mein Gott, warum hast du mich verlassen", dann "Vater, in deine Hände gebe ich mein Leben".
Dazu fällt mir spontan noch Mose ein. Er klagt nicht an, aber renitent ist er durchaus. Den ihm von Gott erteilten Auftrag nimmt er zunächst nicht an, nein: Er windet sich, weigert sich, diskutiert - mit Gott von Angesicht zu Angesicht.
Nach meinem Verständnis von christlichem Glauben dürfen wird das auch. Wir müssen nicht funktionieren, wir dürfen rebellieren, diskutieren, fragen, aufbegehren. Nur sollten wir, wie oben so schön formuliert, "in einer sehr lebendigen Beziehung" mit Gott bleiben. Die Widerworte dürfen nicht das Ende des Dialogs sein, sie sind der Anfang.