Mir kommt dieser Gedanke (Hakawati=Hauff) ziemlich schnell, wenn ich mir verschiedene Vergleiche zwischen May und Hauff ansehe, z.B. ein Beitrag in den M-KMG 151, in dem Halef mit dem kleinen Muck verglichen wurde. (Genau weis ich die Nummer nicht mehr, nachschauen, kann ich auch nicht, weil zu weit entfernt...)Der Hakawati
d.i.
der Märchenerzähler in Asia, Africa, Turkia, Arabia, Persia und India sampt eyn Anhang mit Deytung, explanatio und interpretatio auch viele Vergleychung und Figürlich seyn
von
Christianus Kretzschmann
der aus Germania war.
Gedruckt von Wilhelmus Candidus
A. D.: M. D. C. V.
Dieses Buch enthielt eine Menge bedeutungsvoller orientalischer Märchen, die sich bisher in keiner andern Märchensammlung befanden. Großmutter kannte diese Märchen alle. Sie erzählte sie gewöhnlich wörtlich gleichlautend; aber in gewissen Fällen, in denen sie es für nötig hielt, gab sie Aenderungen und Anwendungen, aus denen zu ersehen war, daß sie den Geist dessen, was sie erzählte, sehr wohl kannte und ihn genau wirken ließ.
von: http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... kptl_2.htm (ich besitze leider keine gedruckte Originalversion)
Woher sich der Buchtitel ableitet, weis ja auch so ziemlich jeder, nicht? Also dazu keine Erläuterungen. Was ich aber bringen will, ist ein kleiner Grund, warum Hauff als der Hakawati verschwiegen worden sein (Vorsicht Konjunktiv) könnte: Wäre ich May im gehobeneren Alter gewesen, so wäre es mir bei so vielen Presseangriffen und Prozessen äußerst schwer gefallen zuzugeben, dass es jemanden gibt, von dem ich "abgekupfert" habe. Der mir sozusagen alle Ideen "gegeben" hat und der sich nicht mehr wehren konnte. Das hätte dann wieder eine Presse- und Gerichtskampagne hervorgerufen, der er ich mich möglicherweise nicht aussetzen wollte, weil ich mich ihr nicht gewappnet fühlte. Ich, als einst populärer Autor, stehe plötzlich vor den Trümmern meiner literarischen "Schlunzerei" bei Hauff und mein Ansehen ist dahin. Und das nach all den Jahren Anerkennung, die ich mir schon (mühseligerweise) in meiner Autobiographie als Kind zugesprechen musste (=> a), um diese schreckliche Zeit (Kindheits-Probleme des Vaters werden auf mich abgewälzt und ich muss großartig werden, damit die Familie wenigsten jemanden ordentliches hervorbringt, ...) einfach nur zu verdrängen.
Das May, um seinen Gedanken der Menschheitsseele zu unterstützen, das Märchen von Sitara mit einband (=> b), erscheint mir verständlich. Damit wäre dann ja schon gesagt, dass er von Anfang an seine Bücher nur zu dem Zwecke schrieb, nur die Leser das nie verstanden hatten. Damit stellt er sich - in meinen Augen - über sie und steht wieder als Lehrer der Menschenda, also als einer, zu dem aufgesehen werden kann und vor dem man Achtung haben sollte. Möglicherweise wieder ein Punkt, um die Kindheit besser überwinden zu können.
a)
b)Nachdem wir zu Miete gezogen waren, wohnten wir am Marktplatze, auf dessen Mitte die Kirche stand. Dieser Platz war der Lieblingsspielplatz der Kinder. Gegen Abend versammelten sich die älteren Schulknaben unter dem Kirchentore zum Geschichtenerzählen. Das war eine höchst exklusive Gesellschaft. Es durfte nicht jeder hin. Kam Einer, den man nicht wollte, so machte man keinen "Summs"; der wurde fortgeprügelt und kehrte gewiß nicht wieder. Ich aber kam nicht, und ich bat auch nicht, sondern ich wurde geholt, obgleich ich erst fünf Jahre alt war, die Andern aber dreizehn und vierzehn Jahre. Welch eine Ehre! So etwas war noch niemals dagewesen! Das hatte ich der Großmutter und ihren Erzählungen zu verdanken! Zunächst verhielt ich mich still und machte den Zuhörer, bis ich alle Erzählungen kannte, die hier im Schwange waren. Man nahm mir das nicht übel, denn ich hatte erst vor Kurzem sehen gelernt, hielt die Augen noch halb verbunden und wurde von Allen geschont. Dann aber, als das vorüber war, wurde ich herangezogen. Alle Tage ein anderes Märchen, eine andere Geschichte, eine andere Erzählung. Das war viel, sehr viel verlangt; aber ich leistete es, und zwar mit Vergnügen. Großmutter arbeitete mit. Was ich in der Dämmerstunde zu erzählen hatte, das arbeiteten wir am frühen Morgen, noch ehe wir unsere Morgensuppe aßen, durch. Dann war ich, wenn ich an das Kirchtor kam, wohlvorbereitet. Unser schönes Buch "Der Hakawati" gab Stoff für lange Zeit. Hierzu kam, daß dieser Stoff sich mit der Zeit ganz außerordentlich vermehrte, doch freilich nicht im Buche, sondern in mir. Das war die sehr einfache und sehr natürliche Folge davon, daß ich nach meinem Sehendwerden die seelische Welt, die durch den Hakawati in mir entstanden war, nun in die sichtbare Welt der Farben, Formen, Körper und Flächen zu übersetzen hatte. Dadurch entstanden unzählige Variationen und Vervielfältigungen, die ich nur dadurch, daß ich sie erzählte, in feste Gestalt und Form zu bringen vermochte.
von: http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... kptl_2.htm
Ihr Lieblingsmärchen war das Märchen von Sitara; es wurde später auch das meinige, weil es die Geographie und Ethnologie unserer Erde und ihrer Bewohner rein ethisch behandelt. Doch dies hier nur, um anzudeuten.
von: http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... kptl_2.htm
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Um "Fragen, Kritiken und Anregungen" wird dringend gebeten.