Hallo May-Freunde
In einen anderen Forum wird eine Disskussion um die Blinheitsdarstellung in der Wohlgschaft-Biographie zu Karl May geführt.
http://www.karl-may-buecher.de/
Leserunden Wohlgschaft-Biographie
Habe mal alles dazu aufgelistet um auch hier eine Diskussion zu entfachen. War Karl May als Kind blind oder nicht?
Ich meine ja. Günther.
Blindheit von Karl May
Selbstzeugnisse
Leben und Streben, S. 16
Das geschah in der Zeit, als ich nicht mehr blind war und schon laufen konnte…
Ich war weder blind geboren noch mit irgend einem vererbten körperlichen Fehler behaftet. Vater und Mutter waren durchaus kräftige, gesunde Naturen. Sie sind bis zu ihrem Tode niemals krank gewesen. Mich atavistischer Schwachheiten zu zeihen, ist eine Böswilligkeit, die ich mir unbedingt verbitten muß. Daß ich kurz nach der Geburt sehr schwer erkrankte, das Augenlicht verlor und volle vier Jahre siechte, war nicht eine Folge der Vererbung, sondern der rein örtlichen Verhältnisse, der Armut, des Unverstandes und der verderblichen Medikasterei, der ich zum Opfer fiel. Sobald ich in die Hand eines tüchtigen Arztes kam, kehrte mir das Augenlicht wieder, und ich wurde ein höchst kräftiger und widerstandsfähiger Junge, der stark genug war, es mit jedem andern aufzunehmen.
Leben und Streben, S. 30
In meiner Erinnerung tritt zuerst nicht das Märchen von Sitara, sondern das Märchen "von der verloren gegangenen und vergessenen Menschenseele" auf. Sie tat mir so unendlich leid, diese Seele. Ich habe mit meinen blinden, lichtlosen Kindesaugen um sie geweint.
Leben und Streben, S. 20
das Wohlwollen der beiden Professoren Grenzer und Haase erworben und ihnen von mir, ihrem elenden, erblindeten und seelisch doch so regsamen Knaben erzählt. Sie war aufgefordert worden, mich nach Dresden zu bringen, um von den beiden Herren behandelt zu werden. Das geschah nun jetzt, und zwar mit ganz überraschendem Erfolge. Ich lernte sehen und kehrte, auch im übrigen gesundend, heim.
Leben und Streben, S. 31
Ich sah nichts. Es gab für mich weder Gestalten noch Formen, noch Farben, weder Orte noch Ortsveränderungen. Ich konnte die Personen und Gegenstände wohl fühlen, hören, auch riechen; aber das genügte nicht, sie mir wahr und plastisch darzustellen. Ich konnte sie mir nur denken. Wie ein Mensch, ein Hund, ein Tisch aussieht, das wußte ich nicht; ich konnte mir nur innerlich ein Bild davon machen, und dieses Bild war seelisch. Wenn jemand sprach, hörte ich nicht seinen Körper, sondern seine Seele. Nicht sein Aeußeres, sondern sein Inneres trat mir näher. Es gab für mich nur Seelen, nichts als Seelen. Und so ist es geblieben, auch als ich sehen gelernt hatte, von Jugend an bis auf den heutigen Tag.
Brief: 20. März 1897 an Unbekannt
Aus dem ersten Bande werden sie ersehen das auch ich blind gewesen bin und also wohl weiß, welche herrliche Gottesgabe den lieben Zöglingen ihrer Anstalt versagt worden ist…
22. März 1912, Vortrag in Wien
Als ich ein kleiner Knabe war [kein Säugling], war ich blind; erst später habe ich das Augenlicht wieder gewonnen. Damals als Blinder wurde ich von meiner alten Großmutter betreut…
Literarische Zeugnisse von May
Old Surehand 1, S. 343
nachher bogen wir rechts ab und erreichten nach zehn Minuten die Fährte der Comantschen. Diese war eine sehr deutliche und ausgesprochene; ein Blinder hätte sie zwar nicht sehen können, aber fühlen müssen.
Old Surehand 1, S. 412
Ich bin dreimal blind gewesen und mußte dreimal operiert werden. Hatte ich das verdient?
Literarische Zeugnisse in der Sekundärliteratur
Aber nicht durch May herausgegeben [autorisiert?] beruhen auf Angaben von May [aber wahrscheinlich
vom Verfasser, ausgeschmückt, interpretiert, falsch verstanden oder durch May in Szene gesetzt wie Farbe auf einer Leinwand]
Erst Abel: Erinnerungen an Karl May 1897 [Renomier Phase]
Bis zu seinem fünften Jahre war er blind, nachdem er erst im Alter von 6 Jahren stehen und gehen konnte
Max Dittrich: Karl May und seine Schriften 1904, S. 30
May ist als Kind blind gewesen, ein schwacher, beinahe elender Knabe bis ins sechste Jahr. Dann trat ein Umschwung ein in das grade Gegenteil, fast wie ein Wunder.
Heinrich Wagner: Karl May und seine Werke, 1906 [Version wohl nicht von May]
Der Knabe kam blind zur Welt und war ein ungemein schwächliches Kind.
Marie Hannes um 1902?
Der kleine Karl nun war ein äußerst schwächliches Kind – fast gelähmt –sehr augenkrank-kurz – kaum lebensfähig
Äußerung von Johannes Zeilinger in M-KMG, Nr. Nr. 127/März 2001, S. 22.
Es gibt keinen Grund, die frühkindliche Erkrankung Mays anzuzweifeln, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass sie mit einer Augenerkrankung einherging. Die wenigen erhaltenen Hinweiße allerdings sind zu spärlich, um hieraus eine auch nur halbwegs gesicherte Diagnose ziehen zu wollen…
Äußerung von Christina Alscher in KMHI 19, S. 39
Sehr wahrscheinlich ist doch ein Zusammenhang zwischen dem beschriebenen Siechtum und der Augenerkrankung [weitere Ausführungen stimmen teilweise mit Ralf Harder und Herrmann überein]..
Äußerung von Herrmann Wohlgschaft, Biographie 2005, S. 52
Harder beruft sich, plausibel, auf das Lehrbuch „Die Augen-Erkrankungen im Kindesalter, verfasst von Prof. Dr. Oskar Eversbusch (1853-1912, Fachmann für Augenheilkunde)
Chronik Bd. 1, S. 28
Vermutlich aufgrund mangelnder Körperhygiene und unzureichende Versorgung mit Vitamin A als Folge einer anhaltenden Dürre erblindet das Kind. Mays frühkindliche Blindheit, zu der es außer seinen eigenen Angaben keineNachweise gibt wird angezweifelt; zumindest eine Augeninfektion oder Xerophthalmie ist jedoch warscheinlich...
Chronik Bd. 1, S. 31
Eine ständige Bedrohung im Leben des blinden oder zumindest sehbehinderten Jungen entfällt damit.
Chronik Bd. 1, S. 35
wird Karl [nach eigener späteren Aussage geheilt] von seiner Augenkrankheit geheilt
Indizien für frühkindliche Blindheit
Der Scout, 1888 Hausschatz 602. (Vorfassung des Kampfes mit Old Firehand in Winnetou 2, nur Bamberg). Dann betastete ich ihn, da es zu dunkel war, ihn betrachten zu können. Welche Ueberraschung; ich hatte - - Winnetou besiegt!
Literaturliste
Alschner, Christina: Karl Mays frühkindliches Augenleiden. [Augenärztin zur Blindheit von Karl May]. In: KMHI, Nr. 19/2005, S. 38-44. Hohenstein-Ernstthal: Karl-May-Haus, 2005.
Augustin, Siegfried/Beissel, Rudolf: Wurzeln und Wege der Phantasie. [Karl May, die Blindheit und seine spätere Phantasie]. In: BfV, 21 Jg., Nr. 3/Aug. 1982, S. 1-4. Graz: Verein der Freunde für Volksliteratur, 1982.
Biermann, Joachim: Gedanken zu einem offenen Brief. [über die Blindheitsdiskussion um Karl May]. In: M-KMG, Nr. 119/März 1999, S. 64-66. Erg.: William E. Thomas: M-KMG, Nr. 119/März 1999, S. 46-50. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1999.
Düsing, Hans-Jürgen: Ich bin dreimal blind gewesen. In: M-KMG, Nr. 134/Dez. 2002, S. 18-22. Erg.: M-KMG, Nr. 119/März 1999, S. 46-50. Erg.: M-KMG, Nr. 123/März 2000, S. 5-17. Erg.: M-KMG, Nr. 124/Juni 2000, S. 16-22. Erg.: Jb-KMG 2000, S. 179-194. Erg.: M-KMG, Nr. 127/März 2001, S. 4-12. Erg.: M-KMG, Nr. 127/März 2001, S. 13-23. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1999ff.
Harder, Ralf: Die Erblindung - eine entscheidende Phase im Leben Karl Mays I. In: M-KMG, Nr. 68/Mai 1986, S. 35-38. Internet:
www.karl-may-stiftung.de/blind.html (überarbeitet und erweiterter Text der M-KMG, Nr. 68/Mai 1986) Erg.: Ralf Harder: M-KMG 124/Juni 2000, S. 16-23. [II. Teil]. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1986ff. Erg.:
www.karl-may-stiftung.de/eversbusch.html Radebeul, Karl-May-Stiftung, 2004. [zum Hungersnottext]
Harder, Ralf: Die Erblindung - eine entscheidende Phase im Leben Karl Mays II In: M-KMG, Nr. 124/Juni 2000, S. 16-23. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 2000.
Harder, Ralf/Mischnick, Harald: Die Hungersnot der 1840er Jahre und ihre Auswirkungen am Beispiel Karl Mays und seiner frühkindlichen Erblindung. In: M-KMG, Nr. 127/März 2001, S. 4-12. Internet Karl-May-Stiftung:
www.karl-may-stiftung.de/hungersnot.html
Mischnick, Harald: „...weder blind geboren...“ In: KMG-N, Nr. 124/Juni 2000, S. 39-43. Internetseite Karl-May-Stiftung:
www.karl-may-stiftung.de/mischnick.html
Mischnick, Harald: „...drei Stockwerke hoch...“ Die sogenannte Urszene und die Spaltung des menschlichen Erinnerungsvermögens. Internetseite der Karl-May-Stiftung:
www.karl-may-stiftung.de/mischnick3.html
Schweikert, Rudi: „… und eine Geschichte ist besser, als alles was man sehen kann“. Frühe Blindheit: Literatur und Lebensbeschreibung. Zur Selbststilisierung Karl Mays anhand von August Lafontaines Roman „Tinchen, oder die Männerprobe“. [mit biographischen Anmerkungen zu Karl May]. In: M-KMG, Nr. 122/Dez. 1999, S. 20–25. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1999.
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Thomas, William E.: Karl May’s Blindness (part 2). [1999] Internet: Inhalt Englisch und Deutsch. Internet: Deutsche Fassung: Karl Mays Blindheit 2:
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Thomas, William E.: Karl Mays Blindheit. In: M-KMG, Nr. 119/März 1999, S. 46-50. Erg.: M-KMG, Nr. 122/Dez. 1999, S. 11. [Fehlerberichtigung]. Erg.: M-KMG, Nr. 119/März 1999, S. 64-66. [Joachim Biermann, offener Brief] Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1999. Erg.: Gert Asbach: Die Medizin in Karl Mays Amerika-Bänden. Medizinische Dissertation. (90 S.) Düsseldorf: Institut für Völkerkunde, 1972. [Blindheit von Karl May wird dort erwähnt]
Thomas, William E.: Karl Mays Blindheit 2. In: M-KMG, Nr. 123/März 2000, S. 5-16. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 2000.
Thomas, William E.: Karl May aus medizinischer Sicht. Karl Mays Blindheit. Karl May & Rachitis. Karl Mays Weglaufen von Zuhause. Karl May & Dissoziative Identitätsstörung. Karl May und William Ohlert. Karl May letzte Erkrankung und Todesursache. Karl May & Juggle Fred. Karl May & Trauer. Karl May in der deutschen Tradition. Karl Mays angebliche Geistesstörung. Karl May und die Jutiz – Gerechtigkeit für Karl May. Internet:
http://www.karl-may-stiftung.de/thomas.html Radebeul, Karl-May-Stiftung, 1998ff.
Thomas, William E.: Karl May (1842-1912). Body and Mind. (156 S.) Australien: BooksSurge, 2005. ISBN: 1-921019-19-0
Zeilinger, Johannes: Autor in fabula. Karl Mays Psychopathologie und die Bedeutung der Medizin in seinem Orientzyklus. In: Leipzig, Dissertation medizinisch, 1999. In: SchKMG Bd. 2. Kart. 160 S. Husum, Hansa Verlag, 2000. Siehe Anfang:
www.karl-may-stiftung.de/mischnick3.html
http://www.karl-may-stiftung.de/mischnick3.html#f1
Zeilinger, Johannes: In den Schluchten der Diagnostik. In: M-KMG, Nr. 122/Dez. 1999, S. 12-20. [Karl Mays Blindheit, Letzte Todesursache]. Erg.: M-KMG, Nr. 123/März 2000, S. 72-74. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1999f. Erg.: Beiträge von William E. Thomas.
Zeilinger, Johannes: Karl Mays frühkindliche Blindheit – eine Legende? In: Jb-KMG 2000, S. 179-194. Erg.: Rudi Schweikert, M-KMG, Nr. 122/Dez. 1999, S. 20-25. Erg.: KMG-N, Nr. 123/März 2000, S. 40-41. Erg.: KMG-N, 124/Juni 2000, S. 39-43. Erg.: Ralf Harder: KMG-N, Nr. 127/März 2001, S. 28-30. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 1999ff.
Zeilinger, Johannes: Ist das nicht Gleichnis? Nicht bildlich? Gewiß! Notwendige Klarstellungen zur Blindheitsdiskussion. In: M-KMG, Nr. 127/März 2001, S. 13-23. Hamburg: Karl-May-Gesellschaft, 2001.
Wohlgschaft, Hermann: Die Erblindung [Mays]. In: Wohlgschaft-Biographie, Bd. 1, S. 48-56. Dazu: Das tiefe Sehen, S. 57-58. Bargfeld/Celle: Bücherhaus Hermann Wiedenroth, 2005.